70 Jahre nach dem Holocaust fragen Redner: Ist es wieder so weit?

2 Min
Der Liedermacher Lutz Werner bei seinem Vortrag während der Gedenkveranstaltung auf der Unteren Brücke in Bamberg Foto: Barbara Herbst
Der Liedermacher Lutz Werner bei seinem Vortrag während der Gedenkveranstaltung auf der Unteren Brücke in Bamberg Foto: Barbara Herbst
Günter Pierdzig begrüßte die Teilnehmer. Foto: Barbara Herbst
Günter Pierdzig begrüßte die Teilnehmer. Foto: Barbara Herbst
 
Bürgermeister Wolfgang Metzner bei seiner Rede Foto: Barbara Herbst
Bürgermeister Wolfgang Metzner bei seiner Rede Foto: Barbara Herbst
 
Renate Hennecke, Landessprecherin der VVN/BdA, am Mikrofon in Bamberg Foto: Barbara Herbst
Renate Hennecke, Landessprecherin der VVN/BdA, am Mikrofon in Bamberg Foto: Barbara Herbst
 
Aus Erlangen war der Liedermacher Lutz Werner gekommen.Foto: Barbara Herbst
Aus Erlangen war der Liedermacher Lutz Werner gekommen.Foto: Barbara Herbst
 
Blick auf die rund 60 Besucher der Gedenkveranstaltung. Foto: Barbara Herbst
Blick auf die rund 60 Besucher der Gedenkveranstaltung. Foto: Barbara Herbst
 
Gedenkfeier zu Füßen der Kunigundenstatue Foto: Barbara Herbst
Gedenkfeier zu Füßen der Kunigundenstatue Foto: Barbara Herbst
 

Vor 70 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Die Bamberger Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA ) gedachte am Sonntag auf der Unteren Brücke der Opfer des Nationalsozialismus. In den Reden wurde aber auch für das Heute gemahnt.

Damals brannten Synagogen, heute sind es Asylbewerberunterkünfte: "Vielleicht ist es schon wieder soweit!" rief Günter Pierdzig den etwa 60 "antifaschistischen Freunden" zu, die sich am Sonntagnachmittag auf der Unteren Brücke versammelt hatten.

Also just vor der Gedenktafel für die jüdischen Mitbürger und alle, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Widerstand geleistet haben, missachtet, verfolgt und ermordet wurden.

Pierdzig, der Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten (VVN/BdA) Bamberg, begrüßte zu dieser Gedenkfeier Bürgermeister Wolfgang Metzner (SPD), Vertreter der Stadtratsfraktionen von SPD und GAL sowie Linke, von Gewerkschaften, von der Israelitischen Kultusgemeinde, dem Ausländer- und Migrationsbeirat der Stadt Bamberg und vom Bamberger "Bündnis gegen Rechtsextremismus".

Holocaust-Gedenktag 27. Januar

"Zu Recht wird an die Barbarei der Nazidiktatur erinnert", betonte Pierdzig und verwies auf den eigentlichen Holocaust-Gedenktag, den 27. Januar. Am 27. Januar 1945, vor genau 70 Jahren, befreiten Soldaten der sowjetischen Roten Armee das Konzentrationslager (KZ) Auschwitz.

Die Todesfabrik Auschwitz, in der über eine Million Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, politisch Andersdenkende ermordet wurden, steht als Synonym für den Holocaust: "Was damals geschah, die Gräuel, die damals von Deutschen oder in deutschem Auftrag begangen wurden - sie erfüllen uns bis heute mit Trauer, mit Entsetzen und mit Scham", sagte Bürgermeister Metzner in seiner Ansprache.

Es sei eine Verpflichtung, das Andenken an die von einem verbrecherischen Regime unschuldig Ermordeten wach zu halten und alles zu tun, damit sich die Schrecken der Vergangenheit nie wiederholen: "Damit wir in einer Gesellschaft ohne Rassismus und Ausgrenzung leben."

Bedenkliche Entwicklungen

Metzner warnte vor bedenklichen Entwicklungen im Deutschland von heute: Ressentiments gegen Roma und Sinti, Antisemitismus von Neonazis und Islamisten, Generalverdacht gegen jeden Muslim. "Die Feinde unserer Gesellschaft sind fundamentalistische Fanatiker sowie alle Extremisten, welche unser Gesellschaftssystem ablehnen und gewaltbereit sind", erklärte der Bürgermeister.

Jeder Angriff auf Mitbürger jüdischen Glaubens, auf Asylsuchende und Flüchtlinge, auf Minderheiten "richtet sich letztlich gegen uns alle".

Alle seien aufgerufen, bereits den kleinsten Anzeichen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, von Inhumanität entschieden entgegen zu treten, so Metzner. Er nannte es ein "gutes, wichtiges Zeichen für unsere Stadtgemeinschaft", dass erst am Samstag über tausend Bürger in Bamberg gegen den Aufmarsch von Neonazis auf die Straße gegangen und für Menschenwürde und Menschenrechte eingetreten seien.

Renate Hennecke, Landessprecherin der VVN/BdA Bayern, würdigte in ihrer Gedenkrede all jene, die 1945 zur Befreiung der Konzentrationslager beigetragen haben: Soldaten der Roten Armee, US-Soldaten, britische Truppen.

Es seien die Alliierten Armeen gewesen, die nicht nur die Lager befreit, sondern die deutsche Wehrmacht immer weiter zurück gedrängt und schließlich zur bedingungslosen Kapitulation gezwungen hätten.
So sei der 8. Mai 1945 ein "Tag der Befreiung - was sonst?!" Darin sei die Erinnerung an die Verbrechen der Nazis, die Ehrung des Widerstands gerade auch der "kleinen Leute" wie Gewerkschafter, Sozialdemokraten, Kommunisten oder Christen, aber auch der Dank an die Befreier enthalten, so Hennecke.

Der Erlanger Lutz Werner gestaltete die Gedenkfeier mit Liedern aus dem Widerstand musikalisch. Vor der Gedenktafel mahnt ein Gebinde aus roten Nelken mit dem Spruchband "Den Opfern des Faschismus - VVN/BdA Bamberg" über diesen Sonntag hinaus zur Wachsamkeit.

Gedenkfeier in der Bamberger Synagoge am 27. Januar

Am eigentlichen Internationalen Holocaust-Gedenktag selbst, 27. Januar, laden die Israelitische Kultusgemeinde Bamberg und die Willy-Aron-Gesellschaft um 19 Uhr in die Synagoge, Willy-Lessing-Straße 7a, ein. Die Gedenkstunde gestalten Juden, Christen und Muslime gemeinsam.

Den musikalischen Rahmen setzen Ulrich von Wrochem (ehemaliger Solobratschist der Bamberger Symphoniker) und das Feuerbach-Quartett. Anschließend findet ein Empfang für alle Besucher statt. Sie werden gebeten, ihren Personalausweis mit sich zu führen.