Die 24. Bamberger Kurzfilmtage wurden im Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia eröffnet. Experimentelle Videos von Stipendiaten gaben einen Vorgeschmack auf das, was die Zuschauer in dieser Woche erwartet. Oleg Jurjew spielte und sang russische Gaunerlieder.
Der gute Stephan Bach springt in eine Minipfütze und gab so die Richtung vor, jedenfalls am Eröffnungsabend der 24. Bamberger Kurzfilmtage, der am Montag in der Villa Concordia sich abspielte - dem Anlass angemessen intermedial, versteht sich. So sagte einer der ehrenamtlichen Organisatoren des Festivals, Volker Traumann. Der Trailer mit dem Schauspieler-Lokalheros Bach lief bereits in Kinos und Bussen.
Wasser war also das Leitmotiv des Abends, sagten Künstlerhaus-Direktorin Nora Gomringer und Moderator Rolf-Bernhard Essig unisono mit jeweils verschiedenen Akzenten: Fließt an der Villa doch viel Regnitzwasser vorbei und bedeutet das russische "Wodka" auf Deutsch "Wässerchen", womit eine Brücke (sic!) geschlagen wäre zu den Künstlern russischer Nationalität oder Herkunft im diesjährigen Stipendiatenjahrgang.
Drei Künstler dieses Jahrgangs waren geladen, den angemessenen Rahmen für den ersten Tag der Kurzfilmtage zu zimmern, die eine ganz erstaunliche, einer Großstadt nicht schlecht anstehende Dimension und Relevanz erreicht haben - wichtiger denn je in einer Zeit, in der neugieriges Sehen und Hören in einer mainstreamigen Flut von Konventionellem ertränkt zu werden droht .
Nun, konventionell waren die Werke des Abends gewiss nicht. Im Video "Music for the meet of ships" reibt der Komponist Sergey Khismatov (31) aus St. Petersburg die Flügel eines Metalltors zum Dnjepr über den (Beton?-)Boden und erzeugt so sich überlappende, kreischende Klänge, ähnlich Rückkopplungsgeheul, ähnlich etwa der experimentellen "Metal Machine Music" eines Lou Reed.
In "Mein Wagen rollet langsam" konterkariert Khismatov Bilder vom Abfluss einer russischen Zugtoilette mit Eisenbahn-Geräuschen, eine Art Musique concrète.
Lange Zeiträume sind die Spezialität des bildenden Künstlers und Filmemachers Manuel Graf (35). In "Mediterraneo" verfilmt er Erkenntnisse des französischen Wirtschaftshistorikers Fernand Braudel über die Entstehung und Entwicklung der Zivilisationen im Mittelmeer. Urlaubsvideos kommen zum Einsatz, Standbilder von Skulpturen, originelle Musik mit mediterranen Anklängen.
Faszinierende Bilder bietet sein "Buchtipp". Nach anfänglichem Widerwillen wegen des esoterischen Unsinns, den sein Darsteller anhand des "sensiblen Chaos" von Theodor Schwenk verzapft über theoso-phisches Naturverständnis, wird man gefesselt von "rorschachtestartigen" (Essig) Bildern und mit dem Vocoder verfremdeten Stimmen.
Schade, dass sich Graf im Interview sehr wortkarg gab und nur bekannte, gerne den deutschen Film-Übervater Alexander Kluge beerben zu wollen.
Verbal und musikalisch näherte sich dann Stipendiat Oleg Jurjew (55) dem Thema "Wasser". Der Bamberger Schauspieler Eckhart Neuberg las aus Jurjews Roman "Die russische Fracht". Darin geht es um eine Fahrt auf der Ostsee, um die sagenhafte Stadt Vineta und die Wilzen, einen slawischen Volksstamm. Als Ausschnitt war das alles nicht so einfach zu fassen. Dafür waren die russischen Gaunerlieder, die Jurjew in der Originalsprache vortrug und auf einer 90 Jahre alten russischen Gitarre begleitete, ein Knüller. Den Inhalt hatte der Stipendiat mit hartem Akzent kurz erläutert - naturgemäß ging es in den Liedern hart zur Sache.
Der Abend war der passende Auftakt zu einer Woche voller ästhetischer Überraschungen.
Überraschend ist auch, dass so ein Festival durch Ehrenamtliche auf die Beine gestellt werden kann und dass so viele junge Leute voller spielerische Lust mit Wort, Text und Bild experimentieren.
Weitere Infos
Programmhefte der Kurzfilmtage liegen u.a. im Odeon- und Lichtspiel-Kino aus. Dort gibt es auch
Karten. Beiträge zum Festival fortlaufend auf infranken.de. Das
Programm ist auch online einsehbar. Die
Preisverleihung findet statt am Samstag, 25. Januar, um 20.30 Uhr im ehemaligen Ufa-Kino, Luitpoldstraße.