Wenn Thomas Freitag zur Beichte geht

2 Min
Thomas Freitag bei seinem Auftritt im Kurtheater in Bad Kissingen. Foto: Peter Klopf
Thomas Freitag bei seinem Auftritt im Kurtheater in Bad Kissingen. Foto: Peter Klopf
Wenn Thomas Freitag nicht nur stimmlich eine Person imitiert - wie hier Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki - bleibt kein Auge trocken. Foto: Peter Klopf
Wenn Thomas Freitag nicht nur stimmlich eine Person imitiert - wie hier Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki - bleibt kein Auge trocken. Foto: Peter Klopf
 
Thomas Freitag im Kurtheater in Bad Kissingen Foto: Peter Klopf
Thomas Freitag im Kurtheater in Bad Kissingen Foto: Peter Klopf
 
Thomas Freitag im Kurtheater in Bad Kissingen Foto: Peter Klopf
Thomas Freitag im Kurtheater in Bad Kissingen Foto: Peter Klopf
 
Thomas Freitag im Kurtheater in Bad Kissingen Foto: Peter Klopf
Thomas Freitag im Kurtheater in Bad Kissingen Foto: Peter Klopf
 

Die Welt aus der Sicht des Kabarettisten Thomas Freitag wird dem Publikum in feiner Ironie gezeigt.

"Ich bin über 60 - Jopi Heesters hätte gesagt, die Hälfte ist rum." Wenn der Kabarettist Thomas Freitag im Keller seiner 40-jährigen Bühnenerfahrung stöbert, kommt einiges zusammen. Unter dem Motto "Nur das Beste - die Jubiläumsedition" präsentierte er im Bad Kissinger Kurtheater eine ganz persönliche Auswahl an Lieblingsstücken seiner bisherigen Programme.


Die große Kunst des Kabaretts

Thomas Freitag, im hessischen Alsfeld geboren, wollte schon früh Schauspieler werden. Nach dem Abschluss einer Lehre zum Bankkaufmann - mehr den elterlichen Wünschen als den eigenen Ambitionen folgend - nahm er Schauspielunterricht bei Carlo Fuß und erhielt im Jahre 1974 am Stuttgarter Renitenztheater sein erstes Engagement als Schauspieler und Kabarettist. Nach Theaterrollen am Stadttheater Gießen holte ihn Kay Lorentz 1977 an das "Düsseldorfer Kom(m)ödchen".
Seine schauspielerischen Ambitionen verwirklichte Freitag zudem in etlichen Fernsehrollen. Doch auch schon bald begann er seine Karriere als Kabarettist. Er war mit vielen Soloprogrammen unterwegs, Freitag ist einer der wenigen, die neben der Kunst der politisch-satirischen Unterhaltung mit schauspielerischem Können brillieren können. Das stellte er auch bei seinem Auftritt am Wochenende im Rahmen des Bad Kissinger Kabarettherbstes unter Beweis.
Seine Pointen zündet er weniger durch Verbalattacken, als vielmehr durch die Haltung seiner Figuren. Der Zuschauer wird indirekt zum "Mittäter" und damit nicht aus seiner politischen Verantwortung entlassen. Satirisch stellt sich der Altmeister des Kabaretts gegen den Kulturverlust und den Optimierungswahn der heutigen Zeit. Trittsicher balanciert er auf dem schmalen Grat zwischen geistreichem Humor und bitterem Ernst, bringt das Publikum zum Lachen und zum Denken. Gerade das unterscheidet ihn von anderen Kabarettisten, das macht sein Programm so spannend.


Die Beichte als Adrenalinkick

Er setzt seine Pointen gerade da, wo man keine erwartet, setzt Vergleiche dort, wo man keine vermutet. Politik, Politiker, Kirche, Papst, Gesellschaft - alle bekommen ihr Fett ab. Verschmitzt hält er auch dem Zuhörer den Spiegel vors Gesicht. Schonungslos erklärt er dem Zuschauer, was für ihn in seiner Kindheit der Weg zum Beichtstuhl war: "Man näherte sich ihm wie Männer sich einem Sexshop nähern. Beichte ist so etwas wie Richterin Barbara Salesch ohne Publikum."
Gleichzeitig kritisiert er die Jugend dafür, dass sie am Smartphone und Computer hängt, der Kirche aber fernbleibt: "Bei uns war Beichten sowas wie S-Bahn-Surfen - der ultimative Adrenalinkick."


Sarkasmus und feine Ironie

Freitag versteht es unnachahmlich, die Moralkeule auszupacken, ohne als Moralist dazustehen. Davor bewahren ihn Sarkasmus und feine Ironie. Kanzlerin Angela Merkel sieht er derzeit so: "Merkel ist eine nette Frau, was macht die eigentlich beruflich? So wie die Mutter früher die Küchenschürze anhatte, hat die Merkel ihren Hosenanzug an. Wenn man nichts macht, macht man auch nichts falsch."
Mit großer Spielfreude ließ er Willy Brandt, Herbert Wehner, Franz-Josef Strauß aus vergangenen Tagen wiederauferstehen. Seine Parodien dieser Herren sind legendär. Dabei setzt er sich sowohl mit der aktuellen politischen Lage als auch mit gesellschaftspolitischen Strömungen in unserem Lande auseinander, er nimmt Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten aufs Korn - mal komisch, mal wütend und anklagend, aber auch anrührend. Und das immer auf höchstem Niveau.
Literaturkritiker wie Marcel Reich-Ranicki bleiben da nicht außen vor. Ranicki, der unentwegt auf seinem Sessel hin und her rutscht und dabei das Lied "Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen" analysiert.


Er selbst genießt das auch

Fazit: Thomas Freitag schaffte es zwei Stunden lang, das Publikum im Kurtheater zu unterhalten, ohne dass es einem dabei langweilig wurde. Und noch etwas hat man am Samstag in Bad Kissingen gesehen: Auch er genoss es sichtlich, wie ihm die Zuschauer begeistert folgten.