Er hatte sich als Wehrpflichtiger freiwillig für den Dienst bei der Bundeswehr entschieden - und es sich dann doch anders überlegt: Ab November 2011 war der heute 24-jährige Soldat einer Jägereinheit in Hammelburg elf Monate einfach weg von der Truppe, ohne dass er sich abgemeldet hatte.
Das Amtsgericht Schweinfurt verurteilte ihn jetzt wegen Fahnenflucht zu einem Jahr Haft auf Bewährung.
Was bei der mündlichen Hauptverhandlung an Einzelheiten zur Sprache kam, konnte schon Erstaunen auslösen. Demnach war der Soldat sowohl in seiner regulären Dienstzeit als auch in der Zeit der Verlängerung ein eifriger Konsument von Drogen und Alkohol. Psychosen waren ihm attestiert worden, dass er halluziniert und Stimmen hört, dass er zeitweise in den Iran zum Kämpfen wollte - und so fort.
Kokain, LSD, Pilze, Speed, Ecstasy, Haschisch hat er nach eigenen Aussagen konsumiert. Beim Bund habe er außerdem "ziemlich viel getrunken", so der Angeklagte, der aus der Untersuchungshaft vorgeführt worden war. Zweimal war er schon "im Bunker", jeweils 21 Tage wegen "unerlaubter Abwesenheit vom Dienst". Wegen der Fahnenflucht über elf Monate wurde er mit Haftbefehl gesucht - und beim Schwarzfahren im Zug festgenommen.
Von der Truppe will er sich entfernt haben, weil angesichts seiner drogenbedingten Psychosen lieber mit keiner scharfen Waffe zu tun haben wollte, um sich und andere zu schützen, und weil seine damalige Freundin nicht wollte, dass er in einen Auslandseinsatz geht - etwa nach Afghanistan. Der Verteidiger fragte sich, ob sein Mandant in seinem damaligen Zustand überhaupt arbeitsfähig war.
Im Sinne der Truppe wäre es nicht gewesen, wäre der Angeklagte - drogenabhängig und mit Stimmen im Kopf - nach Afghanistan geschickt worden, meinte sein Anwalt. Er habe sogar den richtigen Schluss gezogen, sich zu entziehen, bevor er für die Truppe gefährlich wird. Er plädierte auf Geldstrafe oder Freiheitsstrafe unter einem Jahr auf Bewährung. Der Staatsanwalt hatte ein Jahr und vier Monate Haft ohne Bewährung gefordert. Der Amtsrichter wollte dem Mann die Chance, für ein straffreies Leben Fuß zu fassen bei der Familie, die ihm derzeit Arbeit gibt, nicht verbauen. Sein Urteil: ein Jahr auf Bewährung (drei Jahre) und eine Geldauflage von 500 Euro. Der Haftbefehl wurde aufgehoben.
Stefan Sauer