Victoria May, unterfränkische Juso-Chefin und stellvertretende Kreisvorsitzende der Sozialdemokraten, kehrt ihrer Partei den Rücken: Sie hat alle Parteiämter niedergelegt und ist aus der SPD ausgetreten.
Ein junger Mensch wendet sich enttäuscht von der deutschen Parteipolitik ab. "Bei mir entstand zunehmend der Eindruck, dass sich die SPD einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt", sagt Victoria May. Die 23-Jährige hat sich in den letzten Jahren stark für die Sozialdemokraten engagiert, war zuletzt unter anderem stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende sowie Vorsitzende der unterfränkischen Jusos (Jugendgruppierung der SPD). Vor wenigen Wochen ist sie überraschend
aus der SPD ausgetreten und hat zum 31. Januar alle fünf von ihr bekleideten Parteiämter abgelegt. Egal ob an er Basis oder in der Bundespolitik: "Es geht nicht so sehr um konkrete Problemlösungen und Ideale, wie ich mir das gerne gewünscht hätte", kritisiert sie. Der Mensch stehe nicht genügend im Vordergrund.
Entscheidung kam überraschend "Gerade auf kommunaler Ebene sehe ich das
anders", entgegnet der neu gewählte Vorsitzende des Bad Kissinger SPD-Ortsvereins Tobias Schneider. "Es wird auf die Wünsche der Menschen eingegangen." Für die Bundestagsabgeordnete und Kreisvorsitzende Sabine Dittmar kam die Entscheidung überraschend: "Ich finde es sehr schade, dass sie das so empfindet", sagt sie. "Allerdings war Victoria May in Führungspositionen.
Sie hätte die Möglichkeit in der Parteiarbeit gehabt, etwas zu gestalten."
Altersstruktur angehen Für den Ortsverein ist der Austritt bitter, weil engagierte, junge Menschen der Partei nicht gerade in Scharen die Tür einrennen. In der Bad Kissinger SPD sind laut Schneider zehn Mitglieder jünger als 35 Jahre. Er selbst ist einer davon. "Wir brauchen mehr junge Leute.
Wenn ich mir die Altersstruktur im Ortsverein ansehe, müssen wir nachlegen." Die Entscheidung von May, die auch im Ortsvorstand aktiv war, bedauert er. "Ich finde es immer schade, wenn sich junge Leute entscheiden auszusteigen. Aber man muss es respektieren, wenn jemand sagt, ich möchte das nicht mehr", sagt Schneider.
Seiner Meinung nach stellt sich das Nachwuchsproblem auch auf Kreisebene.
Der SPD ist es - wie im übrigen allen anderen Parteien auch - bei der Landratswahl vor einem Jahr nicht gelungen, einen Gegenkandidaten für Thomas Bold (CSU) aufzustellen. "Das darf es aus meiner Sicht nicht mehr geben", sagt Schneider.
Dittmar bleibt gelassen. "Ich fühle mich gut aufgestellt", betont sie. Zwar hätten die meisten großen Parteien das Problem, mehr Mitglieder zu verlieren, als neue zu gewinnen, aber gerade in Bad Kissingen hätten sich
zuletzt die Vorstände im Kreisverband und Ortsverein deutlich verjüngt. Im Hinblick auf die vergangene Landratswahl erklärt Dittmar, dass nicht die personelle Verfassung der SPD der Grund war, dass man keinen Kandidaten aufgestellt hat. "Es ist in der Region generell schwierig. Da stehen wir nicht alleine da", sagt sie. Dittmar versichert, dass bei der nächsten Wahl wieder ein SPD-Kandidat ins Rennen geschickt wird.
/> Konzentration auf Gewerkschaft Victoria May betont, dass sie ihre politischen Ideale weiter vertreten wird. Sie fühle sich grundsätzlich SPD nahen Themen politisch beheimatet. "Eine 180 Grad Wende ist da nicht zu erwarten", sagt sie. Sie engagiert sich weiterhin hochschulpolitisch im studentischen Konvent und sitzt seit Januar im Kreisvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). "Mir geht es immer noch darum, dass jeder genug zum Leben hat und dass Solidarität gelebt wird."