Lorenz Dallner erkannte schnell, welche Spielerinnen Potenzial mitbrachten und im Training gefördert werden konnten. Bald erhöhten vier Spielerinnen aus Strahlungen und drei aus Wollbach bei Bad Neustadt die Qualität im Team.
Will und Co. machten zwei weitere Freundschaftsspiele gegen Hammelburger Damen aus - die so ihrerseits ihre Match-Premiere feierten. Am Tag des Rückspiels stand für den Anstoß sogar eine echte Braut auf dem Feld - eine Mannschaftskameradin von Will. Die beiden Keeperinnen stellten die Brautjungfern. Später sollten die Hammelburgerinnen zu arger Konkurrenz emporwachsen.
"Der Frauen-Fußball", erinnert sich Will, "wurde damals von den Männern belächelt". Was nichts daran änderte, dass sich bisweilen die Rollenverteilung drehte. So erinnert sich die 76-Jährige daran, dass beim ersten Spiel die Männer den Nachwuchs im Kinderwagen die Außenlinie hoch und runter schieben mussten. Ihre Frauen standen ja auf dem Feld.
Bald stiegen die Mürschte-rinnen in den Rundenbetrieb ein. Neben Hammelburg hießen die Gegner in der kleinen, aber feinen Liga unter anderem FC 05 Schweinfurt oder DJK Kleinbardorf. Dass die Männer sie noch einmal ausbremsen könnten, auf die Idee kamen sie nicht: "Die Männer wussten ja, dass sie uns angefleht hatten, zu spielen. Da konnten sie jetzt nicht sagen, ihr dürft nicht mehr." Als die SV-Verantwortlichen sahen, dass die Frauen erfolgreich waren, unterstützten sie sie auch. "Wir waren ein gutes Aushängeschild."
Am 23. Mai 1971 schlugen die Münnerstädterinnen in einem der ersten Verbandsspiele Großwenkheim 3:2, wurden mit einem 3:1 über den SV Schraudenbach Meister im damaligen Schweinfurter Fußballkreis. Ziemlich von Beginn an berichteten die Zeitungen über das Team.
Bärbel Will war da schon auf die Position der rechten Verteidigerin gerückt, neben ihre Schwester Sabine, die links in der Abwehr spielte. Später wechselte sie mit ihrer Größe von 1,83 Metern ins Tor, wo sie den Rest ihrer Karriere als Mannschaftsführerin blieb.
Von Beginn an spielte das Gesellige im Team eine wesentliche Rolle. Die Frauen trainierten jeden Mittwochabend, mit den alten Herren als Nachbarn. Da gab es im Nachgang oft gemütliche Abende. Beachtlich auch, dass es stets drei "Betreuerinnen" gab, die zwar nicht spielten, sich aber um das Drumherum kümmerten. Will erinnert sich auch an einen Fußball-Lehrgang an der Sportschule München-Grünwald und an mehrtägige Ausflüge.
1980 neigte sich die große Zeit der Mürschter Fußballerinnen ihrem Ende entgegen. Das Team stieg aus dem Ligabetrieb aus, bestritt nur noch Freundschaftsspiele. "Uns fehlte einfach der Nachwuchs", sagt Bärbel Will. Auch herrschte unter den folgenden Trainern Manfred Meinhardt und Waldemar Schmitt nicht mehr der große Zusammenhalt, der unter Dallner entstanden war. Als Trainerin fungierte Rosemarie Endres, die später sogar als Schiedsrichterin Karriere, auch im Männerbereich machte.
Dass einer goldenen Generation plötzlich der Nachwuchs fehlt, hat auch Birgitt Klaus in ihrer langen Karriere erlebt. Die 49-Jährige spielt seit 35 Jahren Fußball, derzeit noch bei der DJK Schondra. "Wir haben alle im selben Alter angefangen und aufgehört, weil uns die jungen Spielerinnen fehlten", erinnert sich die gebürtige Mottenerin an ihre ersten zehn Jahre im Heimatverein. Der existiert sogar noch, aber nur als Schafkopfklub.
Ob Frauen-Fußball vor zehn oder 25 Jahren weniger gewürdigt wurde als heute, kann Klaus nicht sagen. Auf jeden Fall sei er heute in den Medien präsenter. "Damals wie heute wird Frauen-Fußball nicht von allen anerkannt. Es gibt immer noch welche, die sagen: Frauen haben auf dem Platz nichts verloren."
Als Birgitt Klaus 1984 mit dem Fußballspielen begann, gab es noch mehr Damen-Mannschaften im Umkreis als heute. Die Mottenerinnen fuhren oft zu Spielen ins Hessische: Schwarzbach bei Hofbieber, Gläserzell bei Fulda, Rotenburg an der Fulda. In der Bayerischen Rhön nennt Klaus Schondra, Schönderling und Zeitlofs als aktuelle oder ehemalige Standorte.
Vor ihrem Engagement spielte sie vier Jahre in Jossa, unter anderem in der Hessenliga. Dort hätten die höherklassigen Damen mehr interessiert als die Herren.
Zurück nach Münnerstadt: Bärbel Will bewundert heute, wie schnell, technisch anspruchsvoll und körperlich der Frauen-Fußball geworden ist, gerade auf höherer Ebene. Zu einigen ihrer früheren Mitspielerinnen hat sie noch regen Kontakt. "Man trifft sich mal so oder in einer Gastwirtschaft." Ab und zu schaut sich die 76-Jährige noch Spiele der SG Albertshausen/Nüdlingen an. Alte Leidenschaften kommen nie zur Ruhe.