Sie stehen da wie eine Mauer

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Luise, Shahnaz, Emilia und Anna wissen, wie sie sich wehren können. Foto: Stephanie Elm
Luise, Shahnaz, Emilia und Anna wissen, wie sie sich wehren können. Foto: Stephanie Elm
Einfach mal fest draufhauen ist hier beim Selbstverteidigungskurs erlaubt. Foto: Stephanie Elm
Einfach mal fest draufhauen ist hier beim Selbstverteidigungskurs erlaubt. Foto: Stephanie Elm
 

Schon im Kindergartenalter können die Jungen und Mädchen lernen, sich in gefährlichen Situationen richtig zu verhalten. Wichtig ist die Kommunikation.

"Ich weiß, dass man nicht schlagen darf, aber dann schon." Shahnaz nickt eifrig und schaut ihr Gegenüber direkt an. "Das hab ich von Kerstin gelernt." Kerstin Baumgart hat im Mottener Kindergarten einen Schnupperkurs in Selbstverteidigung durchgeführt. Die Kleinen haben bei vier Terminen gelernt, dass sie sich wehren können, auch gegenüber Erwachsenen.
In spielerischen Übungen haben sie "gar nicht gemerkt, dass sie immense Bausteine für das Leben mitbekommen", erklärt Kerstin Baumgart, Geschäftsführerin beim Bildungswerk Unterfranken. Die 34-jährige Mutter weiß, dass Mobbing bereits im Kindergarten beginnt, Prävention dagegen dort ebenfalls möglich ist. Prävention auch gegen andere Formen von Gewalt, denen Kinder bereits ausgesetzt sein können.


Die drei K's

Über die drei "K´s" - Kraft, Koordination und Kommunikation - haben die Kids den wichtigen Schritt zu einem neuen Selbstbewusstsein gemacht. Ihre Kräfte wollen und sollen die Kleinen ausprobieren dürfen. Mit all ihrer Kraft schlagen sie auf die Gummihandschuhe von Kerstin Baumgart ein. Sie sollen "sehen, wie stark sie sind und sich was zutrauen können", sagt Baumgart.


Kommunikation üben

Ein wichtiger Punkt, vielleicht der Wichtigste, ist die Kommunikation. Richtig angewandt, kann sie gefährlichen Situationen sogar vorbeugen. So wie bei der Kraft und Koordination muss auch hier fleißig geübt werden: "Nicht jedes 'Nein' ist ein 'Nein', nicht jedes Schreien ist ein Schreien", betont Baumgart. Sprachliche Äußerungen müssen die richtige Körpersprache untermauern. "Sich größer machen" haben die Kids ebenfalls von der Kissinger Sozialpädagogin gelehrt bekommen. Nach der kurzen Zeit konnte Baumgart schon deutliche Veränderungen im Verhalten der Vier- bis Sechsjährigen sehen: "Sie stehen da wie eine Mauer."


Gesundes Selbstbewusstsein

Mit einem neuen Körperbewusstsein geht ein gesundes Selbstbewusstsein einher. "Feingefühl" - gegenüber Situationen und Menschen - nennt das Kerstin Baumgart. "Was ist o.k., was ist nicht o.k.? Was muss ich machen und was darf ich nicht tun müssen?", sind grundlegende Fragen. Antworten müssen die Kinder in jeder neuen Situation, neu erkennen und "auf ihre Art umsetzen."


Stolz auf die Urkunden

Die Mottener Kindergartenkinder waren "begeistert", erzählt Kerstin Baumgart. "Sie trugen ihre Kurs-Urkunden mit Stolz." Bisher "Verbotenes", also Treten, Schlagen und Schreien, auszuprobieren, hat den Kindern Spaß gemacht. Ein Kind erinnert sich jedoch: "Das Schreien war nicht gut, das war schwierig." Kerstin Baumgart erklärt: "Heutzutage dürfen Kinder oft nicht laut sein, sie sind es nicht gewohnt." Doch müsse ein Kind wissen, dass es in bestimmten Situationen sehr wohl erlaubt ist, laut zu schreien.
Baumgart steckt all ihre Ausbildung in ihr Selbstverteidigungskonzept. Die Inhalte ihres Soziologie-, Pädagogig- und Politologiestudiums wirken in die Kurse ein. Die Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungslehrerin steht "mit Herzblut dahinter. Es geht hier nicht um Kampfsport, sondern um Gewaltprävention und darum, sich selbst behaupten zu können."