Früher wurde Schafkopf in de r Schule in den Pausen gespielt. Heute soll es Unterrichtsfach werden, damit Kulturgut nicht verloren geht. Was spricht dafür?
Schafkopf ist (noch) nicht als Weltkulturerbe anerkannt, aber im Internet-Lexikon Wikipedia wird es immerhin als "Kulturgut und Teil der altbayrischen und der fränkischen Lebensart" geadelt. Dieses Kartenspiel wird daheim ebenso wie in Stammtisch-Runden in Kneipen oder Vereinshäusern noch immer viel gespielt. Jeden Winter finden landauf und landab Turniere statt, deren Teilnehmerzahl nicht selten die 100 überschreitet. In den Räumen der königlich-privilegierten Schützengesellschaft Münnerstadt 1356 kämpften, wie immer am Samstag vor dem Feiertag Heilig Drei Könige, Schafkopfspielerinnen und -spieler um Sieg und Platz. Unter den Turnier-Teilnehmern waren wie immer nur sehr wenige Damen.
Doch vier Amazonen zeigten den Männern, wo der Hammer hängt und schafften es trotz ihrer sehr geringen Zahl, den zweiten und dritten Platz zu belegen. Das Schafkopf-Spiel hat in den letzten Wochen viel öffentliche Aufmerksamkeit gefunden, denn der bayerische Philologenverband macht sich ernsthafte Sorgen um dessen Zukunft und schlägt deshalb vor, es als Unterrichtsfach einzuführen. Es fördere mathematische, soziale und strategische Kompetenzen, ergänzt der Augsburger Pädagogik-Professor Klaus Zierer. Die Münnerstädter Ergotherapeutin Sonja Johannes spielt seit 15 Jahren Schafkopf, "weil es mir einfach Spaß macht".
Sie betonte in einem Kurzinterview in einer Spielpause des Turniers: "Schafkopf fördert mentale Fähigkeiten und die Konzentration." Deshalb setzt sie dieses Kartenspiel bei ihrer Arbeit mit älteren wie auch jüngeren Menschen ein. Sie fände es "super", wenn es an den Schulen gelehrt würde, zumal es auch Kontakte zwischen Älteren und Jüngeren fördere. Nicht ohne Stolz erzählte sie, dass sie als erste Frau vor einigen Jahren das Schafkopf-Turnier in Maria Bildhausen gewonnen hat. Als um Mitternacht im Schützenhaus die Preise verteilt wurden, zeigte es sich, dass sie das für Laien recht undurchsichtig wirkende Spiel mit Unter und Ober, Eichel und Grün wirklich perfekt beherrscht: sie belegte den dritten Platz. Auf den zweiten Platz kam mit Kelly Petsch ebenfalls eine Frau. Sieger wurde Elmar Markert.
Schützenmeister Klaus Brückner weiß "Schießsport und Kartenspielen gehören irgendwie zusammen" und freut sich darüber, dass im Schützenhaus seines Vereins jeden Freitag, manchmal an bis zu drei Tischen, Schafkopf geklopft wird. Er macht sich trotzdem Sorgen um dieses altbayerische und fränkische Spiel, das im 19. Jahrhundert als "unmodernes und einfaches Bauernspiel" galt. Einerseits werden viele Wirtshäuser geschlossen und damit verlieren Stammtischbrüder und Schafkopf-Runden ihrer Heimat. Andererseits sind die Kartenspieler in vielen Gasthäusern gar nicht mehr gern gesehen, sagt Brückner.
Schon seit ungefähr 40 Jahren veranstaltet die königlich-privilegierte Schützengesellschaft Münnerstadt jedes Jahr vor dem Feiertag am 6. Januar ein Schafkopfturnier, das sich nach so langer Zeit mit Fug und Recht "traditionell" nennen darf. Die Teilnehmer seien mehr oder weniger immer dieselben, sagt er und vermisst auch etwas die Jugend. Immerhin, die jüngste Teilnehmerin ist erst 16 Jahre alt und spielt bereits seit Jahren, wie sie erzählte. Genau 60 Schafkopf-Spieler wollten dieses Jahr um die insgesamt 44 Preise kämpfen und einfach ihren Spaß haben.
Gegner wurden ausgelost
Dort, wo normalerweise mehr oder minder treffsichere Luft- oder Lichtgewehrschützen ins Schwarze zielen, spielten je vier Schafkopfer an insgesamt 15 Tischen gegeneinander. Wer an welchem Tisch Platz nehmen musste, wurde vorher ausgelost. Bei Schießbetrieb ist hier Ruhe angesagt, um die Konzentration der Schützen nicht zu stören. Je nach Temperament und auch abhängig von den Karten, die die einzelnen Spieler bekommen hatten, ging es beim Turnier an den Tischen nicht immer ruhig und zurückhaltend zu, mal fielen nicht wiedergabefähige Ausdrücke und mal wurden die Karten so heftig auf die Unterlage geklopft, dass man sich als Zuschauer Sorgen um die Spielerhände und um die Tische machte. Zwanzigmal wurde gespielt und natürlich die Punktzahl jedes Spielers fein säuberlich notiert.
Vereinfachte Regeln
"Gespielt wird nach vereinfachten Regeln, damit jeder teilnehmen kann", erklärt der zweite Schützenmeister Roland Dömling. Während einer Pause wurde noch zweimal neu ausgelost, wer an welchem Tisch gegen welche anderen drei Spieler antreten musste und die ganze Prozedur begann von vorn. Jeder Spieler hatte also insgesamt 60 Spiele zu absolvieren. Die Pausen boten Zeit für die Unterhaltung mit einigen Schafkopfern. Leo Pfennig meinte auf die Frage, ob Schafkopf Schulfach werden sollte: "wir haben auf dem Schulhof viel gespielt und vor allem auch in der Bäckerei Walz."