Parkanlagen und Kurorchester sind ein wichtiges Kapital

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Heinz und Bernd Stempfle sprechen über die Kur heute. Foto: Heike Beudert
Heinz und Bernd Stempfle sprechen über die Kur heute. Foto: Heike Beudert

Die Kur in Bad Kissingen hast sich im Laufe der Jahre verändert. Besonders groß war der Einschnitt durch die Gesundheitsreform 1996.

90 Prozent der Übernachtungen in Bad Kissingen sind dem Tourismus mit "gesundheitstouristischen Motiven" zuzurechnen. Diese Aussage trifft Ines Hartmann, Pressereferentin der Staatsbad GmbH Bad Kissingen. Die Kur hat sich verändert. Aber sie ist weiter der Bad Kissinger Motor. "Wir müssen gesundheitsbewusste Gäste ansprechen", betont Bernd Stempfle. Die Stempfles leiten heute in Bad Kissingen eines der letzten familiengeführten Hotels der Stadt.
Die Gesundheitsreform der 1990er Jahre hat die Kur radikal verändert und damit die Struktur der Kurhäuser und Hotels. 48 Prozent der Übernachtungen sind den Versicherungsgästen zuzurechnen, die in einer der großen Kliniken einen Reha-Aufenthalt oder eine Anschlussheilbehandlung verbringen. "Der Schwerpunkt liegt in Bad Kissingen bei der stationären und ambulanten Rehabilitation", heißt es bei der Staatsbad GmbH. Die häufigsten Indikationsbereiche sind psychosomatische und orthopädische Erkrankungen.
Die typische Kuranwendung, die ambulante Badekur, sei aber immer noch aktuell, so Ines Hartmann. Es lasse sich ein Trend dahingehend verzeichnen, dass die Nachfrage nach privatfinanzierten Auszeiten deutlich ansteigt.
Den Stempfles ist es gelungen, sich mit ihrem gesundheitsorientierten Hotel am Bad Kissinger Markt zu behaupten. Mit der Gesundheitsreform 1996 sei die klassische Kur eingebrochen, erklärt Bernd Stempfle. Die privat geführten Häuser mussten sich umorientieren. Sie mussten von da an einen Kundenkreis ansprechen, der bereit war, in seine Gesundheit eigenes Geld zu investieren. Das ist bis heute nicht einfach. Viele andere Häuser sind gescheitert oder schlossen, auch weil die Nachfolger fehlten. Heinz und Bernd Stempfle richten ihr Augenmerk auf gesundheitsbewusste Senioren. 30- oder 40-jährige binden sich noch nicht an einen Ort, ist die Erfahrung der Stempfles. Ältere Menschen, die die Welt schon gesehen haben, schon eher. So ist der Stammgäste-Anteil im Westpark-Hotel sehr hoch.


Kur ist kürzer

Verändert hat sich das Kurverhalten in den vergangenen Jahrzehnten. Die Kurdauer in den Häusern, die nicht über die großen Versicherungsträger gebucht werden, ist deutlich zurückgegangen. Während in den Reha-Kliniken die Gäste weiterhin rund 27 Tage verbringen, sind es laut Statistik bei den Privatgästen nur noch 3,76 Tage. Im Westpark-Hotel gönnen sich die Gäste in der Regel eine Auszeit von einer oder zwei Wochen. "Eine solche Aufenthaltsdauer ist schon gut", weiß Bernd Stempfle.


Trinkkur wenig gefragt

Beliebt wie eh und je sind nach ärztlicher Verordnung Moorpackungen und Massagen. Das Haus hat eine eigene Therapieabteilung. Die ist nötig. "Die Gäste wollen heute im Bademantel vom Zimmer direkt zur Anwendung", sagt Bernd Stempfle.
Fast gar nicht mehr gefragt ist dagegen die klassische Trinkkur. Früh um sechs, auf nüchternen Magen das wenig schmackhafte Heilwasser schlürfen das ist den meisten zu aufwendig. Seniorchef Heinz Stempfle findet das ein bisschen schade. Seiner Meinung nach haben in den letzten Jahren Badeärzte gefehlt, die die Trinkkur förderten. Langsam setze aber ein Umdenken ein. Ob die Trinkkur wieder eine wichtige Rolle spielen wird, das ist abzuwarten.
Eine wichtige Rolle spielen heute andere Faktoren. Ein Kuraufenthalt in Bad Kissingen müsse Seele und Körper gleichermaßen ansprechen, glaubt Bernd Stempfle. Damit liegt er auf einer Linie mit der Bad Kissinger Marketingstrategie, die einen ganzheitlichen Ansatz des Tourismus mit medizinischen und lebensstilorientierten Aspekten in den Vordergrund stellt. Ayruveda und Yoga sind Angebote, die es im Westpark-Hotel deshalb neben traditionellen Kuranwendungen gibt. Ganz wichtig sind für den Hotelier aber nach wie vor das Kurorchester und die Kuranlagen. "Die Wittelsbacher haben tolle Sachen hinterlassen", findet Stempfle. Seine Gäste schätzen das ebenso wie die Ruhe, die Bodenständigkeit und die Sicherheit des Ortes. "Bad Kissingen hat auf jeden Fall Zukunft." Davon ist Bernd Stempfle überzeugt.