"Einen großen musikalischen Blumenstrauß wollen wir Ihnen überreichen", versprach Peter Josch zu Beginn des Operettenabends im Kurtheater im Rahmen des Kissinger Winterzaubers. "Rosen aus Wien" lautete der Titel der Veranstaltung mit Werken aus der Feder von Johann Strauß (Sohn).
Das versprach, ein gut gelaunter Abend zu werden. Wurde er auch. Das Publikum im gesteckt voll besetzten Theater kam in Stimmung und summte mitunter fröhlich mit. Und so etwas ist eigentlich schön.
Zumal dann, wenn eine Aufführung etwas ganz Originäres hat. Diese Aufführung hatte so ziemlich alles, was man Wien und den Wienern andichtet: Witz, die traditionellen eleganten Weisen, Schmäh -und die sprichwörtliche Wiener Schlampigkeit. Wobei die letztgenannte Eigenschaft auf das Orchester des Wiener Operettensommers zutrifft. "Das ist ein Flöten und Geigen, Trompeten schmettern darein", heißt es in Heines "Dichterliebe".
Hörner tun das gelegentlich auch; mal schöner, mal weniger schön. Doch Unsauberkeiten und unpräzise Einsätze gab es auch in anderen Instrumentengruppen.
Charles Prince, ein Orchesterleiter, der schon im Gestus dem Klischee eines Wiener Kapellmeisters der guten, alten Zeit entspricht und der mit Verve dirigiert, hatte seine Truppe nicht gut im Griff.
Immer wieder gerne gehört Operettenmeldodien, das darf man ohne falschen Heimatstolz behaupten, sind die Bad Kissinger von ihrem Kurorchester in wesentlich besserer Qualität zu hören gewohnt. Mag sein, dass das - bei den vielen bekannten Melodien, die man mit Begeisterung immer wieder gerne hört- vielen nicht auffiel. Nun ja, man mag sich an die "Fledermaus" halten: "Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist." Stefan Reichmann stellte sich im Programm mit genau diesem Titel vor.
Der Tenor mit der wunderbar strahlenden, in allen Lagen kernigen und doch leicht wirkenden Stimme und seine Kollegin Lisa Koroleva, mit bezaubernd schöner, weicher und leuchtender
Sopranstimme und enormer Höhe, die sie mühelos erreicht, machten alles wett, was unvollkommen war. Sie waren fraglos die Glanzlichter des Abends. Im "Uhrenduett" oder dem beliebten "Wiener Blut" war außerdem zu hören, wie schön die beiden Stimmen farblich zusammen passen. Das war eine wahre Freude. Auch das Champagnerlied "Im Feuerstrom der Reben" machte zu hören, von beiden energiegeladen und mitreißend angegangen, richtig Spaß.
Schöne Choreographie Schön war auch die Choreographie, mit der Valeria Kiraly, Angelika Ortner, Alexander Ortner und Pavel Strasil Instrumentalstücke wie die "Tritsch-Tratsch-Polka" oder die "Champagner-Polka" illustrierten. Ein bisschen eng war es für sie auf der Bühne, doch das überspielten die beiden Paare sehr gut.
Schwieriger war es da, in der "Schönen blauen Donau" mit den willkürlich scheinenden Rubati des Orchesters zurecht zu kommen.
Bleibt die Frage nach Schmäh und Witz. Die brachte Peter Josch, im ersten Teil kostümiert als Gerichtsdiener Frosch aus der "Fledermaus", im zweiten Teil ganz ein Wiener Kavalier, als wichtigen Bestandteil seiner Moderation in Gestalt von kurzen Witzen und Anekdoten in die Aufführung. Humorvoll war das Lied von der bleistiftdünnen "Leopoldine", mit der er die Zuhörer in die Pause entließ. Mit seiner charmanten Art und den zum Programm passenden Pointen sorgte Josch für viel Heiterkeit im Publikum. Eine Erzählung könnte er ins Repertoire noch aufnehmen: die vom Mann mit dem Geigenkasten, der am Wiener Hauptbahnhof einen Taxifahrer fragt: "Wie komme ich zu den Wiener Philharmonikern?" Der Taxler antwortet knapp: "Üben, üben, üben...!"
/> Bliebt wie eh und je Was bleibt von diesem Abend? Die Erkenntnis, dass die Operette beliebt ist wie eh und je, und dass die schönen, vertrauten Weisen nichts von ihrer Faszination verloren haben. Es bleibt außerdem der Eindruck, dass das Spielen von Operettenkompositionen eine anspruchsvolle Aufgabe ist; eigentlich eine Binsenweisheit, doch manchmal wird sie ungewollt bewiesen. Zusätzlich bleibt - dank des häufigen, störenden Blitzens von (wohl produktionseigenen) Fotografen im Bühnenbereich- der Eindruck einer öffentlichen Generalprobe.
Aber es bleibt auch die Feststellung, dass sich mit der Wahl beliebter Titel und einem bisschen netter Moderation, schönen Kostümen und einem bisschen Zauberei drumherum vieles vergessen machen lässt. So wird der Abend den meisten so im Gedächtnis bleiben, wie es gewünscht ist: als ein stimmungsvoller, bunter Abend mit einem Programm mit hohem Wiedererkennungswert und ansprechender musikalischer Unterhaltung. Und das ist ja auch gut so.