Mebrahtom Gebrehiwet ist einer der ersten minderjährigen Flüchtlinge im Landkreis Bad Kissingen . Bis zu 40 weitere werden 2015 erwartet. Das Jugendamt sucht seit Monaten nach geeigneten Unterkünften. Die Jugendlichen vom Volkersberg müssen bald nach Würzburg umziehen.
Der 16-jährige Mebrahtom Gebrehiwet spricht schüchtern mit gesenkter Stimme. Wenn er nicht spricht, mustert er verstohlen die Umgebung, die meiste Zeit aber schaut er sich auf die Schuhe. "Mir gefällt alles. Die Menschen, die Leute, die Freundlichkeit, dass geholfen wurde", übersetzt eine Dolmetscherin. Dennoch ist der Anfang allein in einem anderen Land schwer.
"Ich vermisse meine Familie."
Mebrahtom Gebrehiwet aus Eritrea ist einer von zehn unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen, die noch bis März übergangsmäßig in der Jugendbildungsstätte Volkersberg betreut werden. Sie sind die ersten, die im Landkreis Bad Kissingen angekommen sind. "Ab Mitte März wechseln die Jugendlichen nach Würzburg in eine Einrichtung der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe", sagt Thomas Duda, stellvertretender
Leiter des Jugendamtes. Der Abschied fällt nicht leicht. "Wir haben eine Vertrauensbasis erreicht. Sie fragen, ob wir auch mitgehen", sagt Betreuer Stefan Heil. Der stellvertretende Leiter vom Haus Volkersberg, Ralf Sauer, ist mit der provisorischen Flüchtlingsunterbringung zufrieden. "Wir hatten keine Erfahrung damit und sind rückblickend froh, dass wir das Wagnis eingegangen sind", sagt er.
Bis zu 40 Unbegleitete Jugendliche Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland kommen, sind ein Fall für die Jugendhilfe. Auch nach ihrem 18. Geburtstag haben sie Anspruch auf Hilfe für junge Volljährige. Das heißt, dass sie im Vergleich zu anderen Asylbewerbern einen besondern rechtlichen Schutz genießen. Das Jugendamt des Landkreises ist direkt für sie verantwortlich.
Minderjährige dürfen nicht in einer normalen Flüchtlingsunterkunft untergebracht werden, sondern sie kommen in Heime, in denen sie rund um die Uhr pädagogisch und psychosozial betreut werden. Das Problem in Bad Kissingen: "Momentan haben wir keine ausreichenden Kapazitäten", erklärt Duda.
Die muss der Landkreis aber auf Dauer vorhalten. Nach Angaben der Regierung von Unterfranken werden schon bis April 60 jugendliche Flüchtlinge in dem Bezirk ankommen.
"In der Prognose erhalten wir 2015 30 bis 40 Jugendliche, für die wir zuständig sind", sagt Landrat Thomas Bold (CSU). Eine große Herausforderung, weil die Flüchtlinge intensiv betreut werden. "Der Großteil der Personen in dem Alter wird nicht in zurückgehen. Wir müssen deshalb sehen, dass wir ihnen gute Startmöglichkeiten schaffen."
Nach Aussagen Dudas weist die Regierung dem Landkreis in den nächsten Monaten solange keine
unbegleiteten Flüchtlinge zu, bis neue Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen wurden. "Ich gehe davon aus, dass es im April oder Mai soweit sein wird", sagt er.
Heime in zentraler Lage Das Jugendamt sucht derzeit mit der Heimaufsicht der Regierung von Unterfranken, der Stadt Bad Kissingen und der Stadt Münnerstadt nach geeigneten Objekten.
Als mögliche Träger verhandelt das Jugendamt mit dem Netzwerk für soziale Dienste Salz (für Münnerstadt) und der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe der Diakonie Würzburg (für Bad Kissingen). Duda: "Es gibt mehrere Immobilien, die geeignet sind. Bisher scheitert es immer ein bisschen an der Perspektive." Während die Eigentümer einen Verkauf anstreben, sind Politik und Träger an einem Mietvertrag interessiert.
Laut Duda werden in den
nächsten Wochen Räumlichkeiten übernommen. In Bad Kissingen handelt es sich um ein Objekt in der Maxstraße, in dem sechs Jugendliche Platz finden. "Das ist geeignet für Jugendliche mit ambulanter Betreuung", sagt Duda. Also für Flüchtlinge, die bereits eine Weile in Deutschland leben und eine rund um die Uhr Betreuung nicht mehr benötigen. Neben der Maxstraße ist ein weiteres, zentrumsnahes Gebäude ist in Verhandlung.
Die Immobilien, die in Münnerstadt infrage kommen, sind ebenfalls zentrumsnah gelegen und sollen Platz für bis zu 25 minderjährige Flüchtlinge bieten, sagt Duda. "Die Lage, die Infrastruktur und verkehrstechnische Anbindung sind von entscheidender Bedeutung." Zu konkreten Objekten äußerte er sich im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen nicht. Denkbar ist unter anderem das Jugendhaus am Dicken Turm, das voraussichtlich ab 1.
August geschlossen ist und das sich für eine Umnutzung anbietet.
Rund um die zehn jugendlichen Flüchtlinge vom Volkersberg Flucht Die neun jungen Männer aus Eritrea und einer aus Mali sind zwischen 16 und 18 Jahren alt. Sie flohen laut Landratsamt über Äthiopien, Sudan, Libyen und Italien nach Deutschland.
Sie waren zwischen sieben Monaten und 2,5 Jahren unterwegs und wurden teilweise über Monate in einem Land festgehalten. Viele Strecken haben sie zu Fuß zurückgelegt. Sie flohen vor Stammeskriegen, vor dem Grenzkrieg zwischen Äthiopien und Eritrea, aus Angst vor einem erzwungenen, lebenslangen Militärdienst sowie vor Hungersnöten.
Deutschland Die zehn Männer wurden in der Bayernkaserne und anschließend in einem
Hotel nahe München untergebracht. Seit Dezember leben sie im Bungalowdorf der Jugendbildungsstätte Volkersberg, wo sie von einem vierköpfigen Team betreut werden. Sie erhalten Sprachunterricht und arbeiteten in lokalen Betrieben als Praktikanten. Das Jugendamt trägt für acht die Vormundschaft. Zum 14. März ziehen sie nach Würzburg in eine Einrichtung der Diakonie. Der Landkreis ist weiter für ihre Betreuung und Erziehung zuständig. Er begleitet sie im Asylverfahren und kümmert sich um Schul- sowie Ausbildungsplätze.