Müssen Mittelschulen im Landkreis Bad Kissingen geschlossen werden?

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Die Einhard-Mittelschule in Euerdorf schließt in wenigen Wochen. Foto: Edgar Bartl
Die Einhard-Mittelschule in Euerdorf schließt in wenigen Wochen.  Foto: Edgar Bartl
Die Mittelschule in Langendorf wird zunächst (?) überleben, weil auch Euerdorfer Kinder sie besuchen. Foto: Edgar Bartl
Die Mittelschule in Langendorf wird zunächst (?) überleben, weil auch Euerdorfer Kinder sie besuchen.  Foto: Edgar Bartl
 

Glaubt man der Bayern-SPD, sind vier Einrichtungen im Landkreis Bad Kissingen akut von Schließung bedroht, weil sie künftig von zu wenigen Kindern besucht werden. Antwort der Rektoren: Jein.

Wahlkampf oder Sorge um die Jugend? Nach einer Prognose der Landes-SPD werden die Mittelschulen von Bad Bocklet, Langendorf, Euerdorf und Wildflecken so wenig Schüler haben, dass eine Schließung mehr als wahrscheinlich wird. Dieser "Bildungs-GAU" wird auch für die Einrichtungen in Nüdlingen, Oberthulba und Oerlenbach vorhergesagt.

Bei Euerdorf hat die Realität die Prognose überholt: Diese Mittelschule wird es schon ab September nicht mehr geben.

Ansonsten widerspricht Schulamtsdirektor Josef Ham merl: "Die Zahlen der SPD stimmen nicht mit unseren überein." Und: "Wir gehen aktuell von anderen Daten aus, und damit planen wir auch." Die Angaben der SPD und deren Prognosen könne er sich nicht erklären. Die SPD nenne für Wildflecken 52 Schüler, er gehe von hingegen 86 aus. Ähnlich sei es bei den Schulen in Nüdlingen, Oberthulba und Oerlenbach.
Außerdem: Nicht das Ministerium entscheide über eine Schließung, sondern die Schulverbünde, also die jeweiligen Bürgermeister und Rektoren.

"Die Tendenz dürfte stimmen"

Etwas anders beurteilt Personalratsvorsitzender Wolfgang Wittmann die Lage. Er sagte, er könne die Zahlen der SPD nicht überprüfen, weil er die Daten der betroffenen Schulen nicht kenne. Aber "die Tendenz dürfte stimmen". Durch den Geburtenrückgang und die Abwanderung an andere Schulen gebe es immer weniger Mittelschüler, so Wolfgang Wittmann unter Hinweis auf Untersuchungen des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV).

Die Euerdorfer Einhard-Mittelschule hat ihre Zukunft wohl hinter sich. "Zu 99 Prozent" sei das so, sagte Rektor Bernd Czelustek, obwohl ein offizieller Beschluss noch nicht vorliege. Denn die Schülerzahlen gäben eine eigene Mittelschule nicht mehr her. 2013/ 2014 könnte nur noch eine einzige Klasse gebildet werden, das Spektrum der Wahlmöglichkeiten - Musik, Wirtschaft, Soziales oder Technik - wäre nicht mehr gegeben.

Lehrer werden wohl versetzt

Die Entwicklung führt er auch auf die recht hohe Übertrittsquote auf die weiterführenden Schulen zurück. Was aus den Lehrern wird, sei noch unklar: Sie werden wohl versetzt.

Nach Angaben von Bernd Czelustek gehen die Euerdorfer Mittelschüler künftig nach Hammelburg oder Langendorf. Die Verwaltungsgemeinschaft Euerdorf wolle dort dauerhaft drei Mittelschulklassen sichern.

Hubert Voll, der Rektor der Johannes-Petri-Schule in Langendorf, sprach von einem permanenten Schülerschwund. Es werde nur noch zwei Mittelschul-Standorte geben: Langendorf als Juniorpartner und Hammelburg. Der Konzentrationsprozess werde sich verstärken. Mittel- oder langfristig erwartet Hubert Voll nur noch vier Mittelschulen im Landkreis: in Bad Kissingen, Bad Brückenau, Hammelburg und Münnerstadt.

Die Personalsituation bei den Lehrern nannte der Rektor angespannt. Zu einem Überhang komme es wohl nicht, da wenig junge Kollegen nachrückten. Die Lage werde sich normalisieren. Viele Kollegen hätten auch Zeitverträge, die gegebenenfalls nicht mehr verlängert werden.

Mit einem großen Fragezeichen

Ursula Plohnke, Rektorin der Mittelschule Bad Bocklet, hielt den Ball flach. Denn man wisse nie genau, wohin die Entwicklung geht. Das hänge von vielen Faktoren ab. Im Moment sei die Lage stabil mit 74 Mittelschülern, 64 waren prognostiziert worden.Vor einigen Jahren habe es zwar einen Einbruch gegeben, jetzt aber habe ihre Schule wieder fünfte bis neunte Klassen. Sie erwarte im Moment keine Gefahr einer Schließung, sagte Ursula Plohnke. Möglicherweise gebe es eine Klasse weniger, aber deshalb breche die Mittelschule nicht weg. Ursula Plohnke: "Ich sehe das im Moment mit einem großen Fragezeichen."

"Treffen für uns nicht zu"

Entwarnung aus Wildflecken: "Die Zahlen treffen auf uns nicht zu", sagt Rektorin Erika Hänlein. Die Schülerzahlen hätten sich eingependelt, auch im kommenden Jahr erreichten sie das heutige Niveau. Die von der SPD für 2015/16 genannte Schülerzahl von noch 28 "sei ganz weit weg, die erreichen wir auch 2019/ 20 nicht". Auswirken würde sich das gelockerte Übertrittsverfahren. Über 50 Prozent der Wildfleckener Viertklässler gingen aufs Gymnasium oder die Realschule. Dennoch sei wegen des Berufsorientierungssystems auch die Mittelschule attraktiv. "Wir machen sehr viele Projekte wie etwa den Praxistag. Das ist ein Erfolgemodell."


Prognose Nach Angaben der SPD gibt es in Unterfranken 94 Mittelschulen (plus 14 in den kreisfreien Städten). Davon stehen bis zum Schuljahr 2019/ 20 18 vor dem Aus. Denn die erwarteten Schülerzahlen lägen unter dem "Schließungsschnitt" von 28,5 Kindern.

Betroffen 2016/ 17 wären die Schulen in Bad Bocklet, Langendorf, Euerdorf und Wildflecken betroffen. Die in Oerlenbach würde 2018/ 19 folgen, die in Nüdlingen und Oberthulba dann 2019/ 20. Zumindest die Vorhersage für Euerdorf ist offensichtlich falsch.