Rund 30 Bürger sind zu einer Infoveranstaltung mit Behördenvertretern ins Rathaus gekommen, um über die Abholzung des Hochwasserdamms zu diskutieren.
Was wird aus den schönen Bäumen und Sträuchern auf und an dem 1,1 Kilometer langen Deich, der die Stadt vor Lauer-Hochwasser schützen soll? Braucht man ihn überhaupt? Könnte streckenweise die Stadtmauer diese Funktion übernehmen und an anderer Stelle (äußere Lache) ein neuer Damm näher an der Lauer gebaut werden, um diesen alten Deich-Abschnitt mit seinen Bäumen und Sträuchern erhalten zu können? Mit solchen Fragen wurden die Behördenvertreter beim runden Tisch zum Thema "Unterhaltung des Hochwasserschutzdeiches in Münnerstadt" konfrontiert.
Etwa 30 Bürger waren zu der Veranstaltung mit zweitem Bürgermeister Andreas Trägner ins Rathaus gekommen. Das Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen war durch Abteilungsleiterin Birgit Imhof und durch Martin Rottenberger vertreten. Aus dem Landratsamt waren Roland Lenhart (Untere Naturschutzbehörde und Wasserrecht) sowie Denny Heinsmann (Katastrophenschutz) gekommen.
290 Bäume
Andreas Trägner erinnerte an die seit 2009 bestehende Forderung des Wasserwirtschaftsamtes an die Stadt, die Bäume am Damm zu entfernen. Außerdem gebe es den Beschluss des Stadtrates vom Februar, bis zum 30. September nichts in dieser Richtung zu unternehmen. Stattdessen sollten Gespräche mit Fachbehörden geführt werden, um Lösungen zu erarbeiten.
Birgit Imhof wartete mit vielen Zahlen auf: Auf dem 1,1 Kilometer langen, 13 Meter breiten und 1,5 bis zwei Meter hohen Deich stehen etwa 290 Bäume und 630 Quadratmeter Hecken. Dazu wurden 53 alte Wurzelstöcke von Bäumen gezählt, die die Stabilität des Dammes bei Hochwasser gefährden würden. Ohne einen guten Hochwasserschutz wären die Seniorenheime, der Kindergarten, die Tankstelle, die ganze Altstadt mit Gastronomie, Rathaus, Handel und Gewerbe bedroht.
Die Bäume und Sträucher könnten außerdem durch Windwurf Schäden verursachen. Wurzeln könnten Strömungskanäle bilden, die Erosion begünstigen. Abgestorbene Wurzeln würden die Hohlraumbildung fördern, Wurzeln könnten Dichtungsschichten im Damm zerstören und bei Hochwasser Ansatzpunkte für Erosion bilden.
Erosion und Hohlräume
Außerdem werde der Boden durch Gehölze auf dem Deich gelockert, da die Windbelastung sich auf die Wurzeln übertrage. Die Ansiedlung von Wühltieren werde begünstig, die Deichschau behindert, die Deichunterhaltung erschwert.
Wichtig sei für einen Deich auch eine durchgängige und stabile Grasnarbe, aber die Beschattung durch Bäume beeinträchtige ihre Bildung. Schließlich werde im Hochwasserfall die Deichverteidigung behindert.
Seit 2009 seien jedes Jahr Deichbegehungen gemacht worden, so Birgit Imhof. Damals habe es geheißen, dass diese Deichfreilegung innerhalb von zehn Jahren erfolgen soll. Die Stadt habe bislang abschnittsweise Arbeiten vorgenommen.
"Bis 2019 sollte der Damm frei sein, um die Stadt vor größeren Hochwasserschäden zu schützen", betonte Birgit Imhof. Davon abgesehen erfolge zurzeit einen Risikomanagement für die Flüsse in Unterfranken. Bis 2019 würden auch Ergebnisse für die Lauer vorliegen.
Alternativ-Vorschläge
"Mir ist bewusst, dass die Richtlinie existiert, da muss sich das Wasserwirtschaftsamt dran halten", sagte Roland Lenhart, aber "man sollte versuchen, eine Lösung zu finden, die beiden Interessen gerecht wird (...)." Aber: "Was Frau Imhof gesagt hat, sind Tatsachen. Wenn es nicht geht, dann müssen die Bäume halt weg." Roland Lenhart schlug vor, im Bereich des Spielplatzes die Stadtmauer als Hochwasserschutz zu benutzen. "Geht nicht, solche Mauern haben ein zu geringes Fundament, und sind nicht dicht genug" erklärte Martin Rottenberger.
Lenhart könnte sich auch einen neuen Damm an der Lache vorstellen, um den alten Deich als Grünanlage zu erhalten. Das ginge, aber dann sei eine neue Planung nötig, und die Stadt müsse 35 Prozent der Baukosten übernehmen.
An Fairness appelliert
Stadtrat Klaus Schebler räumte ein: "Schutz der Bürger geht vor Schutz der Bäume". Diese seien allerdings nach dem Deichbau wohl mit voller Absicht gepflanzt worden. Schuld an den jetzigen Problemen sei der Freistaat beziehungsweise das Amt, das zu spät mit seiner Forderung komme.
Damals, als der Deich gebaut wurde, sei die Stadt noch zuständig gewesen, da damals die Lauer ein Gewässer dritter Ordnung gewesen und erst später hochgestuft worden sei, entgegnete Birgit Imhof. Die Erkenntnisse hätten sich geändert. Ein Vorwurf an die damals Zuständigen, die die Bäume gepflanzt hätten, sei nicht fair.
"Die Bäume wurden nicht rechtswidrig gepflanzt, aber die Richtlinien haben sich weiter entwickelt" gab Michael Kastl zu bedenken und "wenn jetzt Hochwasser kommt und Deiche brechen, dann fragen ein paar nette und freundliche Bürger, wer schuld ist."
Wilhelm Schmitt meinte, der Talbach sei vom Jörgentor bis zur Einmündung in die Lauer sowieso keine Gefahr mehr und regte an, bis zum Jahr 2019 zu warten, wenn die hydraulischen Berechnungen des Risikomanagements für die Lauer vorliegen. "Geben Sie uns die Zeit, warten Sie die Berechnungen ab", appellierte auch Klaus Schebler an die Behördenvertreter. Katastrophenschützer Denny Heinsmann ist da vorsichtiger: "Der Deich ist ein technisches Bauwerk, das Mängel hat (...). Wir können zwei Jahre warten und Glück haben - oder morgen regnet es."