Der 2. Poetry Slam in Münnerstadt fand vor ausverkauftem Haus statt und besaß ein sehr hohes Niveau. Am Ende siegte Steven aus Erlangen.
Ein glänzend aufgelegter Kulturmanager Nicolas Zenzen an der Kasse, die ja keine mehr war, denn die Alte Aula am Stenayer Platz war beim 2. Poetry Slam ausverkauft. Das war sie schon seit Wochen, und das Interesse am Dichterwettstreit in Münnerstadt beginnt mit einem Wettbewerb um die freien Stühle. Weil viele früher kommen, um ihren Platz zu finden, ist noch genügend Gelegenheit zu einem Plausch an der Theke.
Der Altstadtverein, insbesondere das else!-Team hatte die Versorgung übernommen, während das Kulturbüro der Stadt den 2. Poetry Slam verantwortete. Moderator Manfred Meyer aus Schweinfurt stellte fest, dass ein großer Teil der Gäste noch nie einen Slam erlebt hat und erklärte die Regeln. Die, um es kurz wiederzugeben, recht einfach gestaltet sind. Ein selbstverfasster Text muss in sieben Minuten eine Jury überzeugen, die nach Inhalt und Ausdrucksform von Eins bis Zehn bewerten kann. Dabei spielt der Respekt für alle Beteiligten, seien es die Zuhörer, die Jury, die aus deren Reihen ausgewählt wird, und natürlich auch die Dichter oder neudeutsch "Slamer", eine wichtige Rolle.
Vortragen von Texten der Lebensinhalt
Sieben Menschen, für die das Vortragen von Texten zu einem Lebensinhalt geworden ist, waren zu diesem Abend nach Münnerstadt gekommen. Ob ihnen da bereits bewusst war, in welchem Rahmen die Veranstaltung ablaufen sollte, haben sie spätestens mit dem Auftritt von Bürgermeister Helmut Blank als "Opener" der Lesung gemerkt. Die Besucher mögen doch bitte vom umfangreichen Programm des 1250-Jubiläumsjahres in Münnerstadt Kenntnis nehmen.
Die Reihenfolge für die Vorträge war vorher ausgelost worden, und damit der Wettstreit nicht kalt beginnt, gibt es ein sogenanntes Opferlamm, das Jury und Zuhörer einstimmen soll auf das, was schließlich später bewertet werden soll: Caro Wille kommt aus Mellrichstadt. Sie ist, wie alle anderen Teilnehmer und Teilnehmerinnen, mitten in der Poetry-Slam-Szene verwurzelt. "Wille und Weg" zu finden, um einen sympathischen Menschen mitten aus dem Alltag heraus auf seine Seite zu ziehen, ist ihr Thema. Dazu gehört Mut, um vermeintliche Ängste zu überwinden, sie wird sogar ins Englische übergleiten, um Erfolg zu haben. Am Ende reicht es für: "Do you want a Peppermint?"
Das "Du" ist vorherrschend in den textlichen Ergüssen von Lena Stokhoff aus Tübingen, Hannah Conrady aus Münnerstadt, Elena Illing aus Tübingen, bei Ruben Jonathan Kröber aus Lüneburg oder Steven aus Erlangen. Sie erzählen aus dem "Ich" heraus und lassen dem anderen "Du" Sorgen, Nöte, Lachen und Weinen spüren. Sie geben ihrem Phantom einen Namen - die Zuhörer im Saal fühlen sich angesprochen - und verlangen, dass ihnen etwas zurückgegeben wird. Das Gegenüber wird spürbar als Kind, als Freund oder Freundin, manchmal auch als Feind.
Es gibt Pointen, die lassen heulen oder die Tränen kommen vom Lachen. Es wird aber auch die Mischung geboten. Nur das Live-Erlebnis kann einem vermitteln, wie die Akteure drauf sind, wie sie mit ihren Texten umgehen. Die Professionalisierung der Slamer-Szene seit 30 Jahren hilft den Gästen, dass die Autoren ihre Arbeitsergebnisse in Buchform herausbringen, und die schnell, heftig, oder still getragenen mit viel Gefühl, manchmal im Salventakt, vorgetragenen Stücke nachzulesen sind.
Köstlicher Parforce-Ritt durch die Kirchengeschichte
Max Oswald aus München gehört zu den Buchautoren, die den Schliff auf der Bühne nicht missen wollen. "Wenn Gott ein Kuchen wäre", eine köstlicher Parforce-Ritt durch die Kirchengeschichte in sieben Minuten - und das teilweise in Schwäbisch, was auch "ein effektives Verhütungsmittel" sein könnte. Marmor- oder Käsekuchen und auch Schwarzwälder Kirsch, sie alle finden Platz an Gottes universellem Gabentisch. Hendrik Szanto kommt aus Wien an die Lauer und findet Spaß an der Sprache der Ungarn und der Finnen, denen das "y" in ihrem Dialekt so geläufig sei. Zwischendurch prägt er, quasi als neue Beleidigungsformel, den Sportkommentar "Tor für Deutschland", den ja spätestens die Brasilianer seit dem 1:7-Hammer im eigenen Land als solche empfinden mussten.