Führerschein mit siebzehn und Mordsräusche in der Rhön: Engelbert Leber aus Kleinwenkheim war sein Leben lang als Handlungsreisender unterwegs und hat dabei viel erlebt.
Sein Arbeitsplatz war die Region rund um Bad Kissingen mit ihren Geschäften, Wirtshäusern, Hotels und Vereinsheimen. Engelbert Leber aus dem kleinen Münnerstädter Stadtteil Kleinwenkheim war sein ganzes Arbeitsleben lang Handlungsreisender in Sachen Zigaretten, Tabak, Weine, Spirituosen und Süßigkeiten. Im Erzählcafé des Hauses St. Michael hat er von seiner Arbeit und seinem Leben berichtet.
Erstes Lehrjahr war hart
Engelbert Leber wurde als zweiter Sohn eines Kleinwenkheimer Müllermeisters in Münnerstadt geboren, "vier Wochen nach dem Einmarsch der Amerikaner". 1960, nach Ende der Schulzeit, fand er eine Lehrstelle als Großhandelskaufmann in Bad Kissingen. "Lehrjahre sind keine Herrenjahre", lautet ein altes Sprichwort. "Von Jugendschutz war damals nicht viel zu spüren bei der Arbeit im Betrieb", erzählt Leber.
Wein abfüllen, schwere Säcke schleppen, mal schnell zehn Tonnen Zucker abladen, mit raus zu den Kunden bis in die Rhön, Lieferscheine schreiben, all das gehörte zur Arbeit - und auch mal ein "Mordsrausch" bei einem Gastwirt in der Rhön.
"Nach dem Abladen von Getränkekisten mit 30 Flaschen Sprudel zu 0,7 Liter waren die Buckel von uns 14- bis fünfzehnjährigen Lehrlingen rot, wenn wir abends heim kamen", schildert er seine Arbeit im ersten Lehrjahr. Im zweiten Lehrjahr war es schon etwas angenehmer, denn in dieser Zeit arbeitete er im Laden und war in Bad Kissingen mit dem Fahrrad unterwegs, um Ware in Geschäften, Gaststättenhotels und Kurhäusern auszuliefern.
Da hat er die Stadt fast bis in den letzten Winkel kennengelernt, doch von den über 80 kleineren Geschäften ist heute keines mehr da.
Als er 17 war, rief sein Chef einen Fahrlehrer an und sagte diesem: "Du nimmst ihn dreimal mit, dann gibst ihm den Führerschein." Nach sechs Fahrstunden bestand er die Prüfung, der Prüfer merkte gar nicht, dass er erst siebzehneinhalb Jahre alt war. Das fiel erst wenig später einer Polizeistreife bei einer Kontrolle auf, doch alles verlief im Sand. Sein erstes Dienstfahrzeug war aber ein Roller.
Wehrdienst auf der Alb
Mit 18 wurde er zur Bundeswehr eingezogen, zu einem Raketen-Abwehrbataillon in Großengstingen auf der schwäbischen Alb. "Das war noch weiter weg als der Bayerische Wald, letzte Fichten", beschreibt er den Standort. Dort lernte er das Morsen und wurde zur Musikprüfung nach Ulm geschickt.
Die bestand er und hätte ins Musikkorps aufgenommen werden können. "Ich hätte mich aber auf sieben Jahre verpflichten müssen, und da habe ich dankend abgelehnt."
"UA" wider Willen
Nachdem seine Mutter gestorben war, brauchte der Vater ihn, und es gelang ihm tatsächlich, nach Hammelburg versetzt zu werden. Dort machte er, eher gegen seinen Willen, den Unteroffiziers-Lehrgang und war fortan "Gefreiter UA" (das Kürzel steht für Unteroffiziers-Anwärter). "Von da ab hatte ich gute Zeiten, konnte den Lastwagen- und den Panzerführerschein machen, und das als Wehrpflichtiger", schwärmt Engelbert Leber.
Nach der Bundeswehrzeit wechselte er den Arbeitgeber, da sein altes Unternehmen an Edeka übergegangen war.
Er ging in Bad Kissingen und in der Rhön auf Tour, belieferte unter anderem Lebensmittelgeschäfte, Metzgereien und Wirtschaften mit Tabakwaren, Spirituosen, Weinen und Süßwaren. Auch das Füllen und Reparieren von Zigarettenautomaten gehörte zu seiner Arbeit. Damals gab es noch richtig kalte Winter, "da sind die Hände am Automaten hängen geblieben".
Schließlich wurde sein Unternehmen von Lekkerland übernommen, das ein Auslieferungslager in Gochsheim bei Schweinfurt hatte. Als die Halle völlig abbrannte, ist ihm ebenso noch im Gedächtnis wie ein Raubüberfall auf einen Kollegen. Der Fahrer wurde mit vorgehaltener Pistole gezwungen, eine ganze Flasche Schnaps leer zu trinken. Dann fuhren die Räuber mit ihm an einen einsamen Ort und luden das ganze Geld und die Ware in ein eigenes Fahrzeug und verschwanden.
Der Fahrer war natürlich sternhagelblau und deshalb erst nach Stunden fähig, sich bemerkbar zu machen. Die Täter wurden erst nach längerer Zeit gefasst.
Preis für Whisky-Verkäufer
An eine "Whisky-Aktion" erinnert er sich noch sehr gerne: Die sechs besten Whisky-Verkäufer bekamen als Prämie einen achttägigen USA-Aufenthalt einschließlich Besuch in New Orleans und Raddampfer-Fahrt auf dem Mississippi.
Engelbert Leber war unter den sechs Gewinnern, "ich hatte auch die Kunden dazu". Als Erzählcafé-Organisator Eugen Albert Engelbert Lebers Redefluss nach einer guten Stunde sanft bremste, meinte dieser: "Ich könnte noch ein paar Stunden erzählen."