Münnerstadt: Ein Schellenbaum wird zum Streitobjekt

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Das Jugendblasorchester der städtischen Musikschule hatte bei einem Auftritt 2008 den Schellenbaum auf die Bühne gestellt. Archiv/Nöth
Das Jugendblasorchester der städtischen Musikschule hatte bei einem Auftritt 2008 den Schellenbaum auf die Bühne gestellt.   Archiv/Nöth

Wer darf den Schellenbaum nutzen? Die Stadtkapelle oder auch das Jugendblasorchester der Musikschule. Zu dieser Frage soll es Schlichtungsgespräche geben.

Nicht-Musiker werden vielleicht gar nicht wissen, was ein Schellenbaum ist. Dieser repräsentative Fahnenersatz für Musikkapellen bekommt gerade in Münnerstadt eine ungeahnte Wichtigkeit. Denn es geht darum, wer im Städtchen dieses glänzende Vorzeigestück nutzen darf: Die Stadtkapelle, das städtische Jugendblasorchester oder gleichberechtigt beide. Besonders schwierig gestaltet sich die Frage, wem der Baum nun gehört. Eine Lösung ist bislang nicht in Sicht, erfuhr Stadträtin Rosina Eckert bei ihrer Anfrage in einer Stadtratssitzung Ende Januar. Es wird aber daran gearbeitet.

Der geschäftsleitende Beamte der Stadtverwaltung bestätigt auf Anfrage dieser Zeitung, dass man sich um Gespräche bemühe, um einen Weg aus dem Schellenbaum-Dilemma zu finden.

Um die Diskussion aber überhaupt zu verstehen, muss man gut 50 Jahre zurück gehen. Damals wurde von der Stadtkapelle ein städtisches Jugendblasorchester ins Leben gerufen. Dazu erhielt das frisch gegründete Ensemble einen Schellenbaum als Spende. Günter Köth und Lindhorst Saar hatten einen Spender aus dem Kreis der Eltern gefunden. Günter Köth betont, dass es keine klare Zuordnung gibt, wem der Schellenbaum tatsächlich gehört. Und die Spender leben heute nicht mehr. Gedacht gewesen sei dieser aber in erster Linie für die Auftritte des Jugendblasorchesters, meint Köth.

Als die Stadtkapelle die musikalische Ausbildung des Nachwuchses nicht mehr leisten konnte, wurde 1981 die städtische Musikschule gegründet, die zum Ziel hatte, das Jugendblasorchester der Stadtkapelle als städtische Einrichtung weiterzuführen.

Einige Jahre lang war der Austausch des Schellenbaums wohl auch kein Thema, denn schließlich sind Stadtkapelle und Musikschule in der Zehntscheune sogar Nachbarn.Doch seitdem bekannterweise die Leitungsgremien von Stadtkapelle und Musikschule nicht mehr das beste Verhältnis zueinander haben, funktioniert dieses unkomplizierte wechselnde Nutzung nicht mehr. Er ist jetzt Streitobjekt.

Zwischenzeitlich befindet sich der Schellenbaum im Proberaum der Stadtkapelle.Der Vorstand geht davon aus, dass es sich um Vereinseigentum handelt. Die Vorsitzende der Stadtkapelle, Erika Pascher, vertritt die Auffassung, dass der Schellenbaum einst eine Spende an die Stadtkapelle für ihr Jugendblasorchester gewesen war. Das heutige Jugendblasorchester der städtischen Musikschule habe nichts mehr mit der einstigen der Stadtkapelle zu tun.

Geschäftsleitender Beamter Stefan Bierdimpfl hat als Kind selbst im Jugendblasorchester der Stadtkapelle gespielt. Er betont, dass dieser Schellenbaum weiterhin eine ganz enge Verbindung zum heutigen städtischen Jugendblasorchester hat und deshalb vom Ensemble der Musikschule genutzt werden soll. Beim Auftritt der städtischen Jugendmusiker während des Neujahrsempfang hätte die Standarte deshalb dabei sein sollen. Aber das hat nicht funktioniert und so ist der Schellenbaum jetzt ein Politikum.

Stefan Bierdimpfl will über Gespräche versuchen, einen Kompromiss zu finden, mit denen beide Parteien leben können. Denkbar wäre beispielsweise ein Terminkalender für den Schellenbaum, damit sowohl die Stadtkapelle, als auch das Jugendblasorchester die Standarte für ihre Zwecke nutzen können. Auch Günter Köth bietet sich an als Vermittler mit dabei zu sein. Er meint, das Thema sollte bis zum Stadtjubiläum 2020 aus der Welt geschafft sein.

Stefan Bierdimpfl hofft, dass es schneller geht. Am 30. März 2019 gibt das Jugendblasorchester ein Konzert. Und da soll der Schellenbaum im Einsatz sein, ebenso im Mai bei der Stenayfahrt der Stadt Münnerstadt. Drei- bis viermal im Jahr, so meint der städtische Geschäftsleiter benötige die Stadt das Instrument für repräsentative Zwecke.

Die Stadtkapelle, so ist von Erika Pascher zu erfahren, nutzt den Schellenbaum ebenfalls für besondere Auftritte, beispielsweise beim Rakoczy-Festzug in Bad Kissingen. Man brauche dazu einen gestandenen Mann, der mit dem gewichtigen Schellenbaum vorneweg geht, so Pascher. Dafür sei gesorgt, erklärt Stefan Bierdimpfl im Hinblick auf Auftritte des Jugendblasorchesters.

Wie der Streit ausgeht, scheint derzeit noch völlig offen. Erika Pascher hat einen ganz eigenen Vorschlag, wie das Thema aus der Welt geschafft werden könnte: Der Stadtrat könne ja einen Spendenaufruf zum Kauf eines Schellenbaumes für sein Jugendblasorchester starten.