Ein Ausflug in die Vergangenheit

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Franz Gock (Bildmitte) informierte während des Klassentreffens über die Stuckdecke in der Aula des früheren Gymnasiums, die heute die Alte Aula genannt wird. Thomas Malz
Franz Gock (Bildmitte) informierte während des Klassentreffens über die Stuckdecke in der Aula des früheren Gymnasiums, die heute die Alte Aula genannt wird. Thomas Malz
Zu einem Erinnerungsfoto fanden sich die Teilnehmer des Klassentreffen vor dem früheren Gymnasium zusammen. Thomas Malz
Zu einem Erinnerungsfoto fanden sich die Teilnehmer des Klassentreffen vor dem früheren Gymnasium zusammen. Thomas Malz
 

60 Jahre nach ihrem Abitur trafen sich die Studiengenossen des Abiturjahrgangs 1958 in wieder einmal Münnerstadt. Viele Geschichten wurden wieder wach.

Sie lernten alle zusammen: die Klosterschüler, die Seminaristen, die sogenannten Fahrschüler und die Stadtschüler. 44 Abiturienten waren es 1958, darunter acht junge Frauen, was für die damalige Zeit außergewöhnlich war. Ein paar seiner Klassenkameradinnen und -kameraden hat er nach dem Abitur aus den Augen verloren und nie wieder etwas von ihnen gehört, erzählt der Münnerstädter Franz Gock, der das Klassentreffen organisiert hat. Die meisten aber stehen bis heute in Verbindung. "Wir treffen uns alle fünf Jahre", erzählt er. "Und natürlich bei den Studiengenossenfesten, da ist unser Jahrgang immer gut vertreten. " So sehen sich die heute um die 80-Jährigen im Wechsel alle zwei und drei Jahre wieder. "Wenn wir uns gut verstehen, könnte es sein, dass wir uns noch öfter treffen", sagte Franz Gock kurz vor dem Wiedersehen. "Weil wir ja nicht mehr so viel Zeit haben."

Die früheren Abiturienten besuchten noch das alte Gymnasium in der Stadt, in dem damals akute Raumnot herrschte. Wenig später wurde das neue Gymnasium in der Reichenbacher Straße gebaut. Franz Gock kann sich noch gut an sein Abitur erinnern. In fünf Fächern mussten sie schriftliche Prüfungen ablegen: in Latein, Altgriechisch, Deutsch, Mathe und Religion. "Wir dürften der letzte Jahrgang gewesen sein, später wurde das etwas gelockert." Viele der Abiturienten des Jahrgangs 1958 nahmen ein Studium auf und gingen ihren Weg, sind bedeutende Persönlichkeiten geworden.

Das ist ein Grund, warum auch Armin Rumpel nach dem Gottesdienst im Gedenken an die verstorbenen Klassenkameraden in der Klosterkirche am Stenayer Platz vorbei schaute, dem früheren Schulhof des Gymnasiums, wo ein Erinnerungsfoto geschossen wurde. "Es sind hochinteressante Leute darunter", sagt er. Armin Rumpel kümmert sich ehrenamtlich um das Vinculum, die zwei Mal im Jahr erscheinende Zeitschrift des Studiensminars St. Josef. "Da treffe ich die Leute einmal persönlich, denen ich das Vinculum immer schicke." Ihr Leben lang seien die früheren Schüler des Gymnasiums geistig rege gewesen und deshalb seien sie auch heute noch so fit. "Ich unterhalte mich unheimlich gerne mit ihnen", betont Armin Rumpel.

Und schon ist er im Gespräch mit Heinz-Georg Menger. Dieser war ein sogenannter Fahrschüler, kam täglich mit der Bahn von Mellrichstadt nach Münnerstadt. Er weiß noch, wie er mit Mitschülern immer auf den anfahrenden Zug aufsprang. Einmal aber haben sie es übertrieben und der Schaffner zog den Fahrschein ein. Eine Woche lang musste er mit dem Fahrrad von Mellrichstadt nach Münnerstadt fahren und natürlich auch wieder zurück. Dann zog er es vor, sich zu entschuldigen, bekam seinen Fahrschein zurück. Jahre später traf er den Schaffner wieder im Zug, der im voll besetzten Abteil verkündete, was für ein frecher Hammel Heinz Georg Menger doch gewesen sei. Er wollte wissen, was inzwischen aus ihm geworden war. Nun, der freche Hammel hatte es damals zum Staatsanwalt gebracht, zuletzt war er Landgerichtspräsident in Bamberg.

Von den ersten heimlich gerauchten Zigaretten für drei Pfennig, vom Bier, das die Brüder aus der Klosterbrauerei den Schülern reichten und vom absichtlich falschen Klingeln während des Ministrierens erzählte Heinz-Georg Menger. Und natürlich von den Lehrern am Gymnasium. Viele der Klosterschüler wurden keine Augustiner, darunter auch Franz Gock. Er hatte bei einer Tanzveranstaltung ein Mädchen kennengelernt. Die schrieb ihm eine Karte - ausgerechnet an die Klosterschule. Ab da war er ein Stadtschüler.

Gut in Erinnerung geblieben ist den ehemaligen Klassenkameraden natürlich die Aula, die heute Alte Aula genannt wird. Franz Gock, der ja auch Stadt- und Kirchenführer in Münnerstadt ist, hatte sich entsprechend vorbereitet und informierte seine früheren Klassenkameraden über die berühmte Stuckdecke. "Wir haben die Aula immer als schönen Saal empfunden, aber nie an die Decke geschaut", sagt er. In dieser Aula fand im Juli 1958 die Schlussfeier statt, bei der Dr. Ortloff auf die Wichtigkeit eines Schulneubaus verwies. "Den von der Schule scheidenden Abiturienten und Abiturientinnen riet der Anstaltsleiter, sich für die Bewährung in der Welt und für die Aufgaben ihres künftigen durch die moderne Technik bestimmten Lebens von den berufenen geistigen Menschen, insbesondere auch von der echten Dichtung ermutigen zu lassen und die unbegründeten Ängste, die stetig die Menschen der Gegenwart zu lähmen drohen, als böse Versuchung mit gläubiger Kraft zu überwinden", war am 21. Juli 1958 über die Schlussfeier in der Zeitung zu lesen. "Gegenwart und Zukunft würden im übrigen für jeden einzelnen von uns durch einen aktiven Gemeinschaftsgeist bestimmt. Wo dieser Geist fehle und wo sich vor allem der geistige Mensch einem isolierten Egoismus verschreibe, werde er notwendig bei seinem Umgang mit der Welt in allen Lebensbereichen unfruchtbar und auch unglücklich sein."