Über Kirchengrenzen hinweg
Voraussetzung für die Aufnahme in die Liste des immateriellen Kulturerbes ist, dass diese Veranstaltungen allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich sein sollten. Schwedenprozession und Heimatspiel wurzeln im katholischen Glauben. Stadtpfarrer Pater Markus Reis hatte bei der Antragstellung betont, dass jeder dazu eingeladen sei, dass es eine Prozession der Bürgerschaft ist. Und das Heimatspiel ist seit vielen Jahren auch für Protestanten und Konfessionslose offen. Das hat die Expertenkommission, die den Antrag geprüft hat, offenbar honoriert.
Seit 2018 ist Claudia Kind Vorsitzende der Heimatspielgemeinde, 2. Bürgermeister Andreas Trägner ihr Stellvertreter. Das neue Team hat von Anfang an darauf gesetzt, das Rahmenprogramm um das eigentliche Heimatspiel wieder zu verstärken. Das Lagerleben und das Schnittfest, führt Claudia Kind als Beispiel an. "Wir haben es für die nächsten Jahre auch wieder so geplant", sagt sie.
Auswirkung: Seriosität
"Es gibt dem Ganzen Seriosität", sagt sie zur Aufnahme in die Liste des immateriellen Kulturerbes. Und das schlage sich natürlich auch auf die Außenwirkung nieder. Bei der Antragstellung musste nachgewiesen werden, dass es gelebtes Kulturgut ist, dass sich die Münnerstädter damit identifizieren. Kind hebt Nicolas Zenzen hervor. "Ohne ihn hätten wir das nicht geschafft."
Der Kulturmanager bringt noch einem anderen Aspekt ist Spiel. Nicht so sehr der Antrag stehe im Vordergrund. Vielmehr seien die ehrenamtlich Engagierten ausgezeichnet worden, die sich Jahr für Jahr bei der Prozession und dem Heimatspiel einbringen. "Es ist in erster Linie eine Auszeichnung, die natürlich gut für das Marketing ist", sagt Nicolas Zenzen. Das wecke Aufmerksamkeit, eine direkte finanzielle Förderung gebe es dafür nicht.
"Verpflichtung", Kulturgut zu sichern
Bürgermeister Michael Kastl sieht in der Auszeichnung auch eine Verpflichtung für die Pfarrgemeinde, die Heimatspielgemeinde und die Stadt, dieses Kulturgut auch für die Zukunft zu sichern. "Wir haben da einen Pflock eingeschlagen." Und er bringt noch einen ganz anderen Aspekt mit ein: Die Auszeichnung sei eine Anerkennung für die Visionäre seinerzeit, als die Veranstaltungen ins Leben gerufen worden. "Man darf auch mal was wagen", findet er.
"Ich freue mich sehr darüber", sagt Stadtpfarrer Pater Markus Reis zur Aufnahme der Schwedenprozession und des Heimatspiels auf die Liste des immateriellen Kulturerbes. Die Pfarrgemeinde habe den Antrag ja auch mit gestellt. Wegen Corona hatte es in den letzten beiden Jahren statt Prozessionen Andachten an den drei Toren gegeben. Er hoffe sehr, dass die Prozession in diesem Jahr wieder ganz normal stattfinden kann, so Pater Markus.
Übersicht über die Immateriellen Kulturerben in Bayern
Das Immaterielle Kulturerbe (IKE) klingt sperrig, die Übersetzung, was dahintersteckt, auch. So fasst es Wikipedia zusammen: Als IKE werden kulturelle Ausdrucksformen bezeichnet, die unmittelbar von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden. Sie sind im Gegensatz zu unbeweglichen Bauten und beweglichen Gegenständen wie Welterbestätten nicht materiell und damit nicht anfassbar.
Klarer wird’s, wenn man sich die Liste der neu ausgezeichneten IKEs ansieht. Mit Münnerstadt können die Menschen hinter diesen Anlagen, Institutionen und Kulturstätten feiern:
- der Betrieb der Mainfähren in Franken
- das Coburger Friedensdankfest in Meeder
- Handweben
- die Holbildhauerschulen in Bayern
- die Holzkirchener Kerzenwallfahrt zum Bogenberg
- der Kirchseeoner Perchtenlauf
- das Münchner Marionettentheater
- das Nördlinger Stabenfest
- das Oktoberfest-Landesschießen und das Oktoberfest-Armbrust-Landesschießen