Die Mitglieder des Gesangsvereins "Sängerlust" Kleinwenkheim haben die Auflösung des 90 Jahre alten Vereins beschlossen. Im Dorf soll aber weiter gesungen werden.
Leicht ist ihnen dieser Schritt nicht gefallen, ganz und gar nicht leicht. "Wir haben aber auch das Alter", sagt die Annemarie Göbel. Von 1993 bis jetzt war sie Vorsitzende des Gesangsvereins. Aus gesundheitlichen Gründen kann sie den Verein nicht länger führen und sucht schon seit sechs Jahren einen Nachfolger. Ohne Erfolg. "Wer will heute noch was machen?" , fragt sie. Den Rest hat Corona erledigt, anderthalb Jahre lang hat es weder Proben noch Auftritte gegeben. Und so beschlossen 21 Vereinsmitglieder bei einer letzten Sitzung im September einstimmig die Auflösung des Vereins. "Es ist schon hart, wir haben uns gern getroffen, mit sehr viel Freude und haben danach immer noch gesellig zusammen gesessen", blickt Franz Schlembach zurück, der seit 1984 Schriftführer war. "Da fehlt schon was."
Vereinsgeschichte
Dabei hätte der Verein in diesem Jahr seinen 90. Geburtstag feiern können. Schon ab 1922 gab es einen Privat- und Familienchor, im Dezember 1931 gründeten dann 22 Männer den Gesangsverein, der hauptsächlich bei Hochzeiten, bei Gottesdiensten und Beerdigungen sang. Während des 2. Weltkrieges ruhten die Aktivitäten weitgehend,dann lebte der Verein wieder auf. 1951 erhielt der Chor den Namen "Sängerlust", mit Gabriele Ludwig übernahm eine Frau diem Leitung, was damals ungewöhnlich war. Ab 1956 gab es keinen geeigneten Dirigenten, weshalb etwas sehr still um den Verein wurde.
Und dann kam Günther Katzenberger. Er übernahm den Dirigentenstab, der Chor nahm seine Arbeit wieder auf. War es zunächst wieder ein reiner Männerchor, so kamen bald auch Frauen hinzu, denn im Ort gab es nicht genügend Männerstimmen. Am 6. Januar 1968 sangen erstmals Frauen und Männer gemeinsam, im gleichen Jahr erhielt der Gesangsverein "Sängerlust" bei einem Wertungssingen das Prädikat "ausgezeichnet".
Fahnenweihe vor 50 Jahren
Im Juli 1971 verbanden die Sängerinnen ihr 40-jähriges Jubiläumsfest unter dem Titel "Musiziert, jubiliert, kommt und singt alle mit", mit ihrer Fahnenweihe. Unter Günther Katzenberger traten die Sängerinnen und Sänger auch außerhalb von Kleinwenkheim auf. Er begründete die Zusammenarbeit mit der Behinderteneinrichtung Marian Bildhausen, wo der Chor zahlreiche Auftritte hatte. Für seine besonderen Verdienste erhielt Günther Katzenberger etliche Auszeichnungen. Doch 2001 gab er den Dirigentenstab aus gesundheitlichen Gründen ab.
Das kleine Tief dauerte aber nicht lang. Peter Hartmann übernahm noch im gleichen Jahr den Dirigentenstab und brachte neuen Schwung in den Gesangsverein. Stolz zeigt Annemarie Göbel die Einladung zum Adventsmarkt im Jahr 2009. Die gerade einmal gut 20 Mitglieder des Gesangsvereins organisierten diesen Markt. "Wir haben Marmelade gekocht, gestrickt und gebastelt." 3000 Euro haben sie damals eingenommen und die Summe komplett der Krebshilfe gespendet. Auftritte gab es vor allem in der Kirche, zum Patrozinium beispielsweise, beim Adventscafé der Senioren und in Maria Bildhausen. Drei, vier Auftritte waren es noch im Jahr. Vor solchen Ereignissen probten die Sängerinnen und Sänger einmal pro Woche, sonst trafen sie sich aller zwei Wochen im Vereinsheim zum gemeinsamen Singen.
Schon in den Jahren vor Corona war es ein wenig ruhiger geworden, hat Annemarie Göbel festgestellt. Wegen einer Terminüberschneidung konnte der Chor an einem Treffen immer nicht teilnehmen und überhaupt gab es weniger Chortreffen als früher. Mit der Pandemie war es dann endgültig vorbei. Annemarie Göbel zieht ein dramatisches Fazit: "Das Dorfleben ist auseinandergefallen." Sie hat Zweifel daran, dass man die Leute jetzt wieder unter einen Hut bekommen könnte. Das Ergebnis: Allein in den Landkreisen Bad Kissingen und Schweinfurt haben sich in den letzten Jahren neun Chöre aufgelöst, hat sie beim letzten Regionaltreffen erfahren.
Um die Frage zu klären, wie es nun weitergehen soll, hat sie im Juli eine Versammlung auf ihrem eigen Hof organisiert, damit die Abstandsregelungen eingehalten werden können. Da konnten sich die Mitglieder allerdings noch nicht zu einer Entscheidung durchringen. Das taten sie dann einstimmig im September. Niemand wollte den Vorsitz übernehmen. "Nur du kannst es weiter machen", haben Mitglieder zu Annemarie Göbel gesagt. Aber sie kann es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr.