Klinken und Praxen haben im Landkreis Bad Kissingen einen Weiterbildungsverbund für junge Ärzte gegründet. Die Kooperation soll auch dem Medizinermangel auf dem Land entgegenwirken.
Der Landkreis Donau-Ries und die Stadt Bielefeld haben es vorgemacht, jetzt zieht Bad Kissingen nach: Politik, Ärzte, Kliniken und Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) haben sich zum Weiterbildungsverbund Landkreis Bad Kissingen zusammengetan.
Junge Mediziner sollen sich bei ihnen zum Facharzt für Allgemeinmedizin ausbilden können. Und sich dann möglichst in der Region gleich niederlassen.
Dazu besteht auch Anlass: Nach Angaben von Michael Heiligenthal (KVB Würzburg) nimmt der Landkreis Bad Kissingen "eine traurige Spitzenstellung in Unterfranken" ein. Und: "Wir haben immense Probleme." Denn 51,3 Prozent (Bayern: 33 Prozent) der hier niedergelassenen Ärzte sind 60 Jahre oder älter, ihr Durchschnittsalter ist mit 58,7 Jahren sehr hoch (54,5 Jahre). Sie müssten angesichts des relativ alten Klientels viel Zeit aufwenden. Viele Nachwuchsmediziner wanderten während des Studiums in die großen Städte ab.
Landrat Thomas Bold (CSU) sagte unter Hinweis auf die Probleme von Burkardroth, Ärzte zu einer Niederlassung zu gewinnen, es sei wichtig, dass in der Weiterbildung Kontakte hergestellt werden. Die Kommunen müssten allerdings die Aktion unterstützen, zum Beispiel bei der Suche nach einer Wohnung oder nach einem Job für den oder die Partner(in).
Bold nannte den Rückgang bei niedergelassenen Ärzten "dramatisch". Dem sei gegenzusteuern. Hier müssten die Kommunen entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Denn die Entwicklung der ärztlichen Versorgung bereite Sorgen. Der Verbund erleichtere die Ausbildung und könnte Bindungen zur Region schaffen. Ziel sei es, viele Niederlassungen zu erreichen.
Früher war das alles anders, erinnert sich der Bad Kissinger Mediziner Ralph Brath. Da sei es schwierig gewesen, eine Stelle als Assistenzarzt zu finden. Viele interessierten sich für die Ausbildung zum Allgemeinmediziner. Aber manche wollten oder könnten nur Teilzeit arbeiten, hätten keine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse oder sorgten sich um Haftungsfragen. Er sei "ganz, ganz zuversichtlich", dass über den Verbund Ansiedlungen gelingen werden.
Sein Euerdorfer Kollege Peter Bergel sagte, er sei an seine eigene Niederlassung "blauäugig herangegangen". Heute müsse man "den Leuten die Angst nehmen vor der Selbstständigkeit".
Anita Conze (Schondra) ist die Organisatorin des Verbundes. Sie sagte, die Homepage (www.blaek.de) sei online gestellt, es gebe schon erste Rückmeldungen. Zwei junge Ärztinnen hätten sich gemeldet.
Heiligenthal sagte zur Belastung der Ärzte auch durch Bereitschaftsdienste, die "Zeit der Einzelkämpfer" sei wohl bald vorbei. Es würden sich immer mehr Gemeinschaftspraxen bilden. Die KVB arbeite an größeren Bereitschaftsverbünden mit Praxis- und Fahrdiensten vor allem an den Wochenenden. Mit dem Programm "Fit für die Praxis" biete sie betriebswirtschaftliche Weiterbildungen an.
Fünf Jahre dauert die Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Die Nachwuchsärzte durchlaufen im Verbund acht Stationen nacheinander, die jeweils sechs oder zwölf Monate dauern. Sie wissen genau, wo sie wann sind und müssen sich nicht extra um eine Anschlussstelle bewerben. Ansprechpartner ist Anita Conze (Telefon: 09747/ 1777). Am Verbund beteiligen sich alle relevanten Kliniken in Bad Kissingen, Bad Brückenau, Bad Bocklet und Münnerstadt. Außerdem sind 13 Fachärzte für Allgemeinmedizin dabei. Angeboten werden die Fachgebiete Innere Medizin, Chirurgie, Anästhesiologie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.