Bei einem Festakt unterzeichneten nun auch acht Partner aus dem Landkreis Bad Kissingen Kooperationsverträge mit der Lebenshilfe Schweinfurt für das Projekt
Vor drei Jahren startete die Lebenshilfe Schweinfurt ihre Initiative "Mensch inklusive" zur Einbindung von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt. Nach den Landkreisen Hassberge, Schweinfurt und Rhön-Grabfeld unterschrieben jetzt auch acht Partner aus dem Landkreis Bad Kissingen den Kooperationsvertrag mit der Lebenshilfe, um dieses Projekt nun auch in unserer Region umzusetzen und Unternehmen zum Mitmachen aufzufordern. Fünf bereits teilnehmende Betriebe wurden im Rahmen des mehrstündigen Festaktes mit dem Qualitätssiegel "Wir sind dabei" ausgezeichnet.
"Unsere Region wird aktiv" lautete das Motto, unter dem sich Bürgermeister der Landkreisgemeinden sowie Vertreter der regionalen Wirtschaft im Bad Bockleter Kursaal eingefunden hatten. Ihnen stellte Projektleiter Peter Pratsch die Lebenshilfe-Initiative "Mensch inklusive" in Theorie und Praxis vor. Zielsetzung sei es, die bisher ausschließlich in den Lebenshilfe-Werkstätten tätigen Menschen entsprechend ihrer individuellen Talente im normalen Arbeitsmarkt einzusetzen. "Im Vordergrund steht also nicht das Handicap, sondern die Fähigkeiten des Menschen." Für einen Arbeitgeber gelte deshalb, sich nicht von Vorurteilen leiten zu lassen, sondern die Vorteile zu nutzen.
Kein Risiko für Arbeitgeber
Ziel der Initiative "Mensch inklusive" ist es, Menschen mit Behinderung eine Teilhabe am Arbeitsmarkt und damit am normalen Alltagsleben Nichtbehinderter zu ermöglichen. "Wir suchen Wege, es zu schaffen, und nicht Gründe, warum es nicht geht", brachte es Pratsch auf eine einfache Formel. Entsprechend sollen in enger Abstimmung zwischen der Lebenshilfe und Arbeitgebern die Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung jeweils auf deren individuelle Talente zugeschnitten sein. Vorteil für den Arbeitgeber sei, so Pratsch weiter, dass jeder von der Lebenshilfe vermittelte Mitarbeiter seinen Status als Werkstatt-Mitarbeiter behält, der Arbeitgeber also kein Risiko trägt. Pratsch: "Deshalb sprechen wir bei der Entlohnung auch nicht über Mindestlohn, sondern über Patenschaften."
Berichte aus dem Alltag
Die Sinnhaftigkeit dieses ambitionierten Projekts wurde in den Praxisberichten zweier Betroffener deutlich: In der Tagespflege Kissinger Sonne wird eine junge Frau für Hilfsdienste sowohl in der Küche als auch bei der Begleitung der Gäste eingesetzt. Sie berichtete voller Stolz, wie befriedigend diese Arbeit für sie sei. Besonders werde ihr täglich selbst gebackener Kuchen von den Gästen der Tagespflege geschätzt, weshalb sie immer wieder neue Rezepturen ausprobiere.
Ähnliche Befriedigung und Anerkennung spürt ein Mitarbeiter im Bad Kissinger Mehrgenerationenhaus, der dort ebenfalls im Gastro-Bereich und für Botengänge im Stadtgebiet eingesetzt wird. Auch seine Arbeitgeber waren voll des Lobes über den Einsatzwillen ihrer behinderten Mitarbeiter.
Bezirksrätin Karin Renner, schon seit Jahren als Behindertenbeauftragte des Bezirks Unterfranken mit dieser Thematik vertraut, unterstützte das Projekt: "Es ist für jeden Menschen wichtig, eine Arbeit zu haben, aber für Menschen mit Behinderung ist es noch wichtiger." Bedeutend sei dieses Projekt nicht nur für befähigte Mitarbeiter der Lebenshilfe-Werkstätten, sondern gleichermaßen für die Absolventen der Franz-von-Prümmer-Schule, ergänzte Monika Fella als Aufsichtsratsvorsitzende der Lebenshilfe Bad Kissingen. Die Percussion-Gruppe der Schule hatte im Wechsel mit der Veeh-Harfen-Gruppe der Nüdlinger Werkstätten den Festakt mehrfach musikalisch aufgelockert.
Schon in seiner Begrüßung hatte Landrat Thomas Bold angemerkt: "Gesprochen wird viel über Inklusion. Wichtig ist, dass sie umgesetzt wird." Die Lebenshilfe-Initiative "Mensch inklusive" würdigte er deshalb als richtungsweisend. "Es gilt jetzt, die Begeisterung für dieses Projekt zu wecken. Wir wollen schließlich nicht nur eine Kooperation unterschreiben, sondern sie auch sinnvoll gestalten." Diese Mahnung nahm Edgar Thomas auf, der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes. In der Landwirtschaft seien immer Hilfsdienste möglich. Deshalb will er für das Lebenshilfe-Projekt am kommenden Dienstag bei seinem Treffen mit 400 Landfrauen werben.
Sie unterschrieben Kooperationsvertrag mit der Lebenshilfe: Landrat Thomas Bold für den Landkreis Bad Kissingen, Oberbürgermeister Kay Blankenburg für die Stadt Bad Kissingen, Bürgermeister Gotthard Schlereth als Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetages für die Kommunen im Landkreis, Kreisvorsitzender Heinz Stempfle für den Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband, Geschäftsführer Dr. Matthias Wagner für das Rhön-Saale-Gründer- und Innovationszentrum, Kreisobmann Edgar Thomas für den Bayerischen Bauernverband, Stephan Zeller als Leiter des Unternehmensnetzwerks Inklusion, Geschäftsführer Alex Iffert für die Lebenshilfe Bad Kissingen und Geschäftsführer Martin Groove für die Lebenshilfe Schweinfurt
Diese schon jetzt teilnehmenden fünf Landkreis-Firmen erhielten das Qualitätssiegel "Wir sind dabei": Heiligenfeld-Kliniken, Mehrgenerationenhaus, Tagespflege Kissinger Sonne und Caritas Seniorenzentrum St. Elisabeth (alle Bad Kissingen) sowie Holzbau Schäfer (Nüdlingen).