Mindestens sechs Schutzräume gab es nach dem Ende des Kalten Krieges im Landkreis, die letzten werden seit Jahresbeginn anders genutzt. Wegen der Situation in der Ukraine hat der Bund die Privatisierung gestoppt.
Wer aufmerksam über das Gelände der Gymnasien in Hammelburg oder Bad Kissingen sowie der Grundschulen in Wildflecken und Zeitlofs geht, erkennt die Hinweise auf Schutzräume aus der Zeit des Kalten Krieges: Große Lüftungsrohre ragen aus Wänden oder Erdboden, 50 auf 50 Zentimeter große Notausstiege sind im Boden eingelassen - mindestens ein Drittel der Gebäudehöhe von den Außenwänden entfernt, damit sie nicht verschüttet werden. Auf Nachfragen zu den früheren Bunkern reagieren Offizielle unterschiedlich: Dr. Matthias Ludolph, Leiter des Frobenius-Gymnasiums, etwa befürchtet das "Wiedererwachen gern vergessener Erinnerungen" und ein "Bedrohungsgefühl".
Der Zeitlofser Bürgermeister Matthias Hauke dagegen berichtet ganz offen, dass der Luftschutzbunker unter der Zeitlofser Grundschule erst vor wenigen Monaten offiziell entwidmet wurde und jetzt wegen der Schulsanierung bis oben voll steht. Fakt ist: Selbst zum Ende des Kalten Krieges wären nicht einmal zwei Prozent der Landkreis-Bevölkerung in einem Schutzraum untergekommen. Da macht es keinen großen Unterschied, dass es aktuell gar keinen öffentlichen Bunker für Zivilisten mehr gibt.
"Alle Schutzräume im Landkreis sind rückabgewickelt", teilt das Landratsamt auf Nachfrage mit. Deshalb gebe es auch für das Hammelburger Gymnasium keine Einschränkungen mehr: Der Landkreis plant aktuell einen Neubau, in den die Schule 2026 umzieht. "Das Gebäude geht an die Stadt Hammelburg über", betont das Landratsamt, die Stadt könne danach frei entscheiden. Im Neubau seien keine Schutzräume vorgesehen.
Laut Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) haben Bund und Länder bereits im Jahr 2007 entschieden, dass keine öffentlichen Schutzräume mehr benötigt werden. Von rund 2000 öffentlichen Schutzraumanlagen seien nur noch rund 600 formal dem Zivilschutz gewidmet. Der Keller das Landratsamtes gehörte übrigens nie in diese Kategorie, einziger Schutzraum in Bad Kissingen war der Bunker unter dem Jack-Steinberger-Gymnasium.
In Zeitlofs wurden zwei Bunker zu Beginn des Jahres 2022 entwidmet, Hochbunker in Schweinfurt standen noch bis vor kurzem zum Verkauf. Das ist nun anders: "Im aktuellen Kontext des Krieges in der Ukraine hat sich der Bund dafür entschieden, das Rückabwicklungskonzept für öffentliche Schutzräume zu überprüfen", teilt die Bima auf Nachfrage mit. Bund und Länder wollen "zeitnah eine vollständige Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Schutzräume vornehmen".
Weder die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), noch das Landratsamt oder das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) geben auf Nachfrage Hinweise darauf, welche Schutzräumen es im Landkreis Bad Kissingen zum Ende des Kalten Krieges gab. Allerdings haben Hobbyforscher auf Portalen wie www.geschichtsspuren.de ein Verzeichnis angelegt, in dem Interessierte gezielt nach ehemaligen Bunkern in ihrer Region suchen können. Demnach gab es im Landkreis insgesamt sechs Schutzräume, vier unter Schulen und zwei unter Privathäusern, nämlich in Wittershausen und Weißenbach. Insgesamt 1868 Personen hätten sich im Landkreis Bad Kissingen in Bunker retten können.
Der größte ehemalige Schutzraum befindet sich unter dem Bad Kissingener Jack-Steinberger-Gymnasium mit offiziell 694 Plätzen. Unter dem Hammelburger Frobenius-Gymnasium wurden Ende der 1980er Jahre Räume für 395 Menschen gebaut. Die Schutzräume unter den Grundschulen in Wildflecken und Zeitlofs waren für 392 beziehungsweise 263 Menschen ausgelegt. Vergleichsweise klein sind dagegen die öffentlich geförderten Schutzräume unter zwei Privathäusern im Landkreis: In der Weißenbacher Schulhohl hätten 66, in der Brunnengasse in Wittershausen 58 Menschen Zuflucht gefunden.