Wirtschaftsförderer Michael Wieden stellt heute ein Szenario zur Vorreiterrolle Bad Kissingens bei der Abschaffung der Sommerzeit vor. Viele Gastronomen halten davon nichts.
Annemarie Arnold liebt lange Sommerabende: "Wir kommen auch am Abend hierher und sitzen gerne lange draußen", sagt die rüstige 89-Jährige, während sie den Kaffee mit ihrer Freundin Lieselotte Hofmann genießt. An die Zeitumstellung zwei Mal im Jahr habe sie sich längst gewöhnt, auch wenn es früher natürlich genauso gut ohne Sommerzeit ging. "Für die Tiere ist es vielleicht schwieriger, aber ich will die Sommerzeit behalten", sagt Annemarie Arnold.
Stammlokal der 89-Jährigen ist das Restaurant "DaVito" am Rosengarten. Dessen Chef Vito Parrillo ist nicht nur dagegen, sondern geradezu entsetzt, wenn er von den Plänen des Bad Kissinger Wirtschaftsförderers Michael Wieden hört. Der beschäftigt sich seit Jahren mit der so genannten Chrono-Biologie. Heute stellt er ein Konzept zur Vorreiterrolle der Stadt im Wirtschaftsausschuss vor (siehe Info-Kasten und Seite 3). Bis zu Wirt Vito Parrelli hat sich das aber noch nicht herumgesprochen. "Die Sommerzeit ist sehr wichtig für uns, wir profitieren nur davon", sagt der Gastronom.
Wichtig für den Umsatz
"Die eine Stunde zusätzlich am Abend bringt uns viel zusätzlichen Umsatz", berichtet der Chef des "DaVito". Davon profitiere auch die Stadt Bad Kissingen, ist er sich sicher. Probleme mit der Zeitumstellung hätten er und seine Mitarbeiter keine. "Das machen wir gerne", sagt Vito Parrelli und schüttelt nur mit dem Kopf, weil die Stadt Bad Kissingen darüber berät, die Abende im Sommer um eine Stunde zu kürzen.
Die gleiche Reaktion ruft die Idee von Wirtschaftsförderer Michael Wieden beim Bad Kissinger Sternekoch Hermann Laudensack hervor: "Es kann doch nicht wahr sein, dass eine vom Tourismus geprägte Destination für die Abschaffung der Sommerzeit ist", kann er das nicht verstehen. Für Gaststätten und Restaurants sei die Zeit-Umstellung ein echter Glücksfall gewesen: "Ich weiß noch, wie mein Vater als Gastronom in Bad Bocklet Freudensprünge gemacht hat, als die Sommerzeit eingeführt wurde."
"Wir freuen uns über jede Stunde, in der es am Abend länger hell ist", betont Laudensack. Das sei die schönste Zeit des Tages: "Aus meiner Sicht sollten die Menschen am Tag richtig arbeiten und am Abend dann g'scheit feiern." Die lauen Sommerabende seien die besten Momente für echten Genuss.
Sternekoch Laudensack ist nicht nur Gastronom, sondern auch Hotelier. Auch als solcher lehne er die Pläne Wiedens ab, auch wenn dieser gerade den biologischen Rhythmus der Übernachtungsgäste im Blick hat. "Bei uns uns kann auch so jeder Gast frühstücken, wann er will, wenn er diesen Wunsch äußert", sagt Laudensack, und: "Ich kämpfe seit 30 Jahren gegen hochgeklappte Gehsteige am Abend". Die Vorschläge Wiedens sieht er als Schritt in die falsche Richtung, das habe er dem Wirtschaftsförderer bereits ins Gesicht gesagt.
"Ganz andere Probleme"
Auch Christian Hippler, Chef von Schuberts Weinstube in der Innenstadt, lehnt nicht nur die Vorreiterrolle der Stadt bei der Abschaffung der Sommerzeit, sondern auch das Projekt Chrono-City als Ganzes ab. "Ich glaube, dass wir in Bad Kissingen ganz andere Probleme haben", sagt der Gastronom und nennt den Leerstand in der Innenstadt als Beispiel. Auch aus seiner Sicht ist die zusätzliche Stunde an lauen Sommerabenden sehr wichtig. Von Plänen, generell die Öffnungszeiten an der Chrono-Biologie der Gäste auszurichten, hält Hippler nichts: "Das ist mit den vielen gesetzlichen Vorgaben, die wir erfüllen müssen, gar nicht vereinbar."
"Marketingtechnisch finde ich es für die Stadt hervorragend", verweist Christine Oßwald, Verkaufs- und Marketingleiterin beim "Hotel Sonnenhügel", auf das bundes- und weltweite Medien-Echo. Inhaltlich will aber auch sie die Umstellung der Sommerzeit nicht kommentieren: "Da gibt's im Haus keine abschließende Beurteilung." Dabei gehört Oßwald zu denen, die mit Wieden bei dem Projekt zusammenarbeiten.
Für Wirtschaftsförder Michael Wieden gibt es vor allem ein Argument gegen die Sommerzeit: "Wir schlafen zu wenig." Um mehr als eine Stunde sei die Schlafdauer in den vergangenen 25 Jahren gesunken. Das liegt aus seiner Sicht zu einem großen Teil an der Sommerzeit. Die Folge: Menschen sind anfälliger für psychische Erkrankungen. Deshalb sei die Abschaffung der von drei Vierteln der Deutschen sowieso abgelehnten Zeit-Umstellung auch ein gutes Thema für den Gesundheitsstandort Bad Kissingen: Schließlich sei ja auch der Werbeslogan der Stadt von "Ein königliches Vergnügen" auf "Entdecke die Zeit" umgestellt worden: "Wollen wir Gesundheit oder wollen wir Spaß?" nennt der Wirtschaftsförderer deshalb als Alternativen - auch wenn sich Gesundheit und Vergnügen nicht ausschlössen.
Begriff Die Chrono-Biologie ist die Wissenschaft der zeitlichen Zusammenhänge von Organismen und Psyche, die sich unter anderem mit dem Schlaf befasst.
Wirtschaftsförderer Seit Oktober 2012 kümmert sich Michael Wieden um die Wirtschaftsförderung in Bad Kissingen. Der Betriebswirt hatte sich 2001 im Bereich Marketing und Arbeitsorganisation selbstständig gemacht. Er ist nicht fest angestellt, sondern hat einen Honorar-Auftrag.
Termin Der Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Kultur des Stadtrates tagt heute, Mittwoch, um 16 Uhr im Rathaus. Auf der Tagesordnung stehen mehrere Punkte zum Thema Wirtschaftsförderung, darunter ein Beschluss zum Punkt "Szenario für Vorreiterrolle Bad Kissingens Abschaffung der Sommerzeit".
Wie so die Sommerzeit nicht das ganze Jahr behalten, was spricht denn da dagen,
mfg Hessi auf Achse
Es ist nur gut, dass Wieden kein Festangestellter Mitarbeiter der Stadt ist, sonst könnte aus der Chrono-Biologie auch eine Szenario-Hypertonie werden. Die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder forderte vor kurzem, dass die Scchule erst um 9 Uhr morgens beginnt, damit die Eltern mit den Kindern gemeinsam frühstücken können, wei Eltern auch so arbeiten. Sie ist ja auch Chronobiologie zugeneigt. Dann kann sie ja Herrn Wieden fest anstellen und gemeinsam "GAGA" sein und Bad Kissingen geniest endlich wieder seinen inneren Frieden.