Der Krebs hat das Leben von Roswitha Pausch verändert. Halt fand sie bei ihrer Familie und in einer Selbsthilfegruppe mit anderen Patientinnen. Die Gruppe hat jetzt eine neue Leitung.
von unserem Redaktionsmitglied
Benedikt Borst
Jahrelang schlug sich Roswitha Pausch alle drei Monate eine schlaflose Nacht um die Ohren. Die 68-Jährige lag wach in ihrem Bett und hatte Angst, am nächsten Tag zum Arzt zu müssen. Alle drei Monate hatte sie einen Termin zur Krebsnachsorge. Pausch quälte die Frage, ob trotz diverser Operationen und einer langwierigen Therapie nicht doch wieder bösartige Tumore oder Metastasen diagnostiziert
werden. "Die Angst davor war immer da", sagt sie.
Vor 14 Jahren haben Ärzte den ersten Tumor in ihrem Körper gefunden. Ein Schock. "Das war im Frühjahr, draußen haben die Bäume geblüht", erzählt Pausch. "Ich saß einfach da, ohne Worte. Und ich habe gedacht, das siehst du nie wieder. Man will da sofort sterben."
Ihr Leben veränderte sich. Der Kampf gegen den Krebs kostete viel Kraft.
Pausch war gezwungen, sich zurückzuziehen. Sie pausierte im Gesangsverein, ging weniger spazieren und hörte zeitweise auf, in ihrem Wachslädchen in Westheim zu arbeiten. Halt fand sie im Glauben, bei ihrer Familie und in einer Selbsthilfegruppe. "Mein Mann hat mir viel Kraft gegeben, auch meine beiden Mädchen." Den Schicksalsschlag zu bewältigen, hätte die Familie aber überfordert.
Pausch suchte deshalb den Anschluss zu der Selbsthilfegruppe für krebsbehandelte Frauen in Bad Kissingen. "Wenn man so eine Gruppe nicht hat, dann schafft man es nicht", ist sie sich heute sicher.
"Nach zwei Monaten habe ich in der Zeitung von der Gruppe gelesen", sagt Pausch. Sie schnupperte in ein Treffen rein und merkte, dass ihr der Austausch mit anderen Betroffenen half, mit der Erkrankung umzugehen. "Ich bekam eine innere Stabilität.
Meine Ängste wurden weniger."
Geschützten Raum anbieten Die Selbsthilfegruppe wurde vor mehr als 30 Jahren von Dr. Dorothea Hildenbrand-Zirkenhut ins Leben gerufen und bis Dezember von ihr betreut. Seit Anfang des Jahres hat die Klinikseelsorgerin des St. Elisabeth-Krankenhauses, Gabriela Amon, die Gruppe übernommen. Hildenbrand-Zirkenhut ist zwar noch aktiv, hat sich aber aus Altersgründen zurückgezogen.
Die neue Gruppenleiterin will Krebspatientinnen helfen, aus dem Loch zu kommen, in das viele nach der Diagnose fallen. "Mein Ziel ist, dass sie einen geschützten Raum finden, in dem sie all das, was sie in dieser schwierigen Situation erfahren, mit anderen teilen können und dass sie Hilfe und Unterstützung erhalten", betont Amon.
"Jede Frau nach einer Krebserkrankung ist hochsensibel und verletzbar", sagt sie.
Dass die Gruppe sich ausschließlich an Frauen richtet sei sinnvoll, weil Frauen die Diagnose meist anders als Männer verarbeiten und untereinander offener über sensible Themen sprechen.
"Wenn an mir herumoperiert wird, ist natürlich auch das Sexualleben betroffen", erklärt Amon. Besonders der Umgang mit Brustamputationen infolge von Brustkrebs falle vielen schwer. "Das hat etwas mit der ganzen Weiblichkeit zu tun ", sagt die Seelsorgerin.
Keine Themen, die Frauen vor fremden Männern besprechen möchten. Generelle Ratschläge kann sie ihnen allerdings nicht geben, meint Amon. Jede Patientin hat ihre eigenen Lebens- und Krankheitserfahrungen und geht anders mit dem Krebs um. Ihre Aufgabe sei es, die Frauen zu unterstützen, einen eigenen Weg zu finden.
Aktuell gehören 13 Frauen zu der Selbsthilfegruppe, am häufigsten haben sie Brust- und Darmskrebs, gefolgt von Lymphknoten- und Hautkrebs.
Einmal im Monat trifft sich die Gruppe. Roswitha Pausch nimmt bis heute teil, obwohl sie mittlerweile als geheilt gilt. Die Treffen tun ihr nach wie vor gut. "Wenn wir uns sehen sage ich danach immer ,Ich war beim Tüv'", sagt sie.
Es gibt einen harten Teilnehmerkern, aber auch ein stetiges Kommen und Gehen. Manche Frauen holen sich in der Gruppe nur anfänglich Hilfe und verabschieden sich bald wieder, andere verlieren den Kampf gegen die Krankheit.
Die Frauen reden viel über Alltägliches und Banales. Das ist wichtig, findet Pausch. Lachen gehöre dazu, um das Schlimme auszuhalten. "Mein Lebensmut wurde dadurch gestärkt", meint sie.
Selbsthilfe für Krebskranke in Bad Kissingen Treffen Die Selbsthilfegruppe für krebsbehandelte Frauen Bad Kissingen trifft sich jeden zweiten Montag eines Monats um 15 Uhr im
Caritasverband in der Hartmannstraße 2. Sie steht religionsübergreifend Krebspatientinnen offen. Für weitere Informationen stehen Klinikseelsorgerin Gabriela Amon (Tel.: 0176/ 5674 3894) und Dr. Dorothea Hildenbrand-Zierhut (Tel.: 0971/ 4950) zur Verfügung. Nächstes Treffen ist am Montag, 13. April.
Männer Die Krebsselbsthilfegruppe für männliche Patienten ruht im Moment. Dennoch stehen Diakon Michael Schlereth (Tel.: 09734/ 1602) und Reinhard Lell (Tel.: 09734/ 329) als Ansprechpartner für Betroffene bereit.