Seit mehreren Jahren sorgt das Vorhaben in Premich für rege Diskussionen. Nun könnte ein entscheidender Schritt in Richtung Dorfladen gegangen worden sein
Es ist in den vergangenen Monaten still geworden um den Premicher Dorfladen. Die Kommune möchte das Projekt nun wieder voranbringen. Grund dafür gibt es: Seit nunmehr fast zehn Jahren ist der Dorfladen im Gespräch. Eine neue Möglichkeit, das Projekt zu realisieren, bietet die Firma "Emma's Tag und Nacht Markt" aus Erfurt. Ihre Vision ist es, eine Filiale in Premich zu eröffnen, die 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche geöffnet hat. Das soll mit einem ausgeklügelten Konzept gelingen - die Firma setzt dabei insbesondere auf Hightech.
Um den Premichern und den Kommunalpolitikern ihre Pläne vorzustellen, waren Wolfgang Hosang und Peter John von der Firma "Emma's Tag und Nacht Markt" zu Gast in Premich. Schon beim Termin war klar: John und sein Mitarbeiter können es sich vorstellen, am ehemaligen Raiffeisengebäude eine Filiale zu bauen.
"Das Gebäude wird eingeebnet, der Platz wäre nutzbar. Wasser und Strom sind ja da", sagte Daniel Wehner (CSU), Bürgermeister der Kommune. Der ursprüngliche Plan, das Bauwerk zu sanieren, sei hinfällig geworden. Unter anderem lasse es sich nur schwer behindertengerecht umbauen. Das Gebäude zu nutzen, kam auch für John und Hosang nicht in Frage. "Wir würden hier einen Neubau machen wollen", sagte John, der Geschäftsführer des Unternehmens.
Die Kosten dafür trage nicht die Kommune, sondern das Unternehmen. Wie teuer das Unterfangen für die Kommune wird, darüber muss laut Daniel Wehner noch gesprochen werden.
Bei der Vorstellung wurde deutlich, dass sich das Unternehmen jedoch vielen Aspekten annimmt. "Wir kümmern uns um Genehmigung, Bau und den Betrieb für 20 Jahre." Für diesen Zeitraum würde sich das Unternehmen verpflichten, den Laden zu betreiben. "Es wird gute und nicht so gute Standorte geben. Die Guten kriegen die Schlechteren dann mit durch", erläuterte John.
Seit einem Jahr im Geschäft
Den ersten Markt gibt es seit mittlerweile etwa einem Jahr. "Wir arbeiten mit künstlicher Intelligenz", teilte John den Kommunalpolitikern und Bürgern mit. Darunter fallen etwa Sicherheitssysteme, Sensoren und auch der Zugang zum Laden. In das Geschäft kommt nur, wer eine Kundenkarte mit PIN hat. Verkäufer gibt es nicht. Bezahlt wird der Einkauf mit EC- oder Kreditkarte. Gebraucht werde lediglich ein Kümmerer, der auf 450 Euro Basis, täglich etwa eine halbe Stunde vor Ort ist - beispielsweise zum Putzen.
Bei der ersten Filiale in der Nähe von Bad Langensalza habe es sich um einen Test gehandelt. "Wir wollten sehen, ob unser Konzept funktioniert." Das Ergebnis sei laut John eindeutig: "Es läuft und ist top positiv." Das zeige sich in den Anfragen: Allein in Bayern will das Unternehmen in der nächsten Zeit 120 Filialen errichten. "Wir sind so weit, dass wir unsere Läden nicht nur deutschlandweit, sondern auch weltweit ausrollen könnten".
Der 24-Stunden Dorfladen in Premich soll laut John etwa zehn auf zehn Meter messen, fünf Parkplätze bieten, 1200 Standardprodukte in den Regalen haben. Fleisch- und Backwaren sollen von regionalen Metzgern und Bäckern kommen. Die restliche Produktpalette kommt über einen Zulieferer, der auch große Einzelhändler beliefert. "Premich mit seinen 1200 Einwohnern ist für uns geeignet", konstatierte John.
Mit dem Laden allein ist es jedoch nicht getan. Davor soll eine digitale Infotafel entstehen. Auf dieser finden sich beispielsweise Gemeindenachrichten - die es bald laut eines EU-Gesetzes nur noch in digitaler Form geben soll. Auch eine Paketstation ist vorgesehen.
E-Mobilität ist Teil des Konzepts
"Außerdem gibt es eine E-Ladesäule", sagte John. Die braucht es beispielsweise für das dort parkende E-Auto. "Kunden können das für einen monatlichen Betrag mitbenutzen." Dabei handelt es sich um ein Gemeinschaftsauto. "Das heißt, es muss dann immer wieder am Laden geparkt werden, es ist also kein Car-Sharing." Im Repertoire der Firma finden sich zudem E-Scooter und E-Bikes. Die Leihe funktioniert ähnlich wie beim Auto. "Wir kümmern uns um Wartung und Logistik was das angeht", erklärte John.
Möglich sei auch das Aufstellen eines Geldautomaten. "Dafür haben wir einen Dienstleister an Bord, aber er muss erst schauen, ob es sich lohnt." Über Kosten und weitere Teile des Konzepts tagten die Gemeinderäte in der jüngsten Sitzung - allerdings im nichtöffentlichen Teil.
Gremium ist begeistert
Wie es scheint, ist das Vorhaben in der neuen Form bei den Gremiumsmitgliedern angekommen: Nach der Sitzung ließ ein Marktgemeinderat verlauten, dass es "keine negativen Wortmeldungen" gegeben habe.
Und: "Alle reden von Digitalisierung, hier haben wir jetzt die Möglichkeit dafür." Für eine gute Lösung hält Daniel Wehner den Ansatz von "Emma's Tag und Nacht Markt" - eine endgültige Entscheidung steht jedoch noch nicht fest. "Die ersten Kontakte sind jetzt geknüpft", konstatierte er.
Ein anderes Mitglied war von den Sicherheitssystemen fasziniert. Bewegungssensoren registrieren, sobald sich eine Person nicht mehr bewegt - etwa weil sie gestürzt ist. Daraufhin bekommt der Sicherheitsdienst ein Signal und wird per Gegensprechanlage in die Filiale geschaltet. Reagiert die Person im Dorfladen nicht auf die Ansprache, wird sofort die Polizei, der Rettungsdienst oder aber die Feuerwehr alarmiert.
Begeisterung herrschte auch unter der Projektgruppe des Premicher Dorfladens. Andreas May sagte: "Das ist ein tolles Konzept. Wenn wir das nach Premich bekommen würden, wäre das gut." Er sieht im Dorfladen auch einen ökologischen Wert. "Statt groß wegfahren zu müssen, haben wir dann alles hier." Ein anderes Mitglied der Neigungsgruppe betonte: "Wenn man sich abends mal spontan entscheidet zu grillen, besteht die Möglichkeit auch nach regulärem Ladenschluss noch einzukaufen."
Geschichte des Dorfladens:
Seit etwa zehn Jahren gibt es den Versuch, in Premich einen Dorfladen aufzubauen. Konkrete Gedanken gab es ab 2016.
Ursprünglich sollte das Geschäft in einem alten Bankgebäude entstehen. Nach einer Bürgerversammlung gründete sich eine Projektgruppe in Premich. Schon vor dem Kauf des Gebäudes durch die Kommune gab es Zweifel an der Umsetzbarkeit - gerade im Hinblick auf die Barrierefreiheit und den Zustand des Hauses.
Nach dem Kauf favorisierte die Kommune den Neubau. Unklar war, ob die Kommune als Bauherr auftritt und das Gebäude vermietet, oder ob die Premicher Gruppe den Laden baut und vermietet.
Die Kosten für den Bau lägen bei über 800 000 Euro, im Lauf der Jahre landeten Schätzungen bei rund 700 000 Euro. Mit 80 000 Euro wollten sich die Einwohner am Dorfladen beteiligen.
2017 dann der Schock: Der Kommune mit zwölf Ortsteilen war das Projekt zu teuer, es geriet ins Stocken. Kritikpunkt war beispielsweise der Wirtschaftsplan. Streit gab es weiterhin um die Architekturkosten.
Einen Auftrag für den Architekten hatten weder Gemeinderat noch Projektgruppe erteilt. 2019 gaben die Räte der Projektgruppe schließlich grünes Licht. Für die Finanzierung wollte die Kommune eine Ausfallbürgschaft übernehmen. Diese sollte das Landratsamt genehmigen. Tat es aber nicht. Gründe waren nicht ausreichende Unterlagen.
Einen neuen Weg wollte daraufhin der ehemalige Bürgermeister Waldemar Bug (ödp) einschlagen - die Kommune sollte nun doch als Bauherr auftreten. Dafür hätte es jedoch einen neuen Beschluss des Gremiums gebraucht. Daraufhin wurde es ruhig um das Projekt. Nach der Kommunalwahl im Jahr 2020 gingen der neue Gemeinderat und Bürgermeister Daniel Wehner (CSU) die kommunalpolitische Altlast erneut an.