Klang und Optik überraschten

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Eine beeindruckende Uraufführung der Suite "Goldene Zeiten" spielte das Landes-Senioren-Akkordeon-Orchester Baden-Württemberg unter Leitung des Komponisten Adolf Götz. Foto: Christian Dijkstal
Eine beeindruckende Uraufführung der Suite "Goldene Zeiten" spielte das Landes-Senioren-Akkordeon-Orchester Baden-Württemberg unter Leitung des Komponisten Adolf Götz. Foto: Christian Dijkstal

Sieben Orchester und ein Ensemble standen in Bad Kissingen gemeinsam auf der Bühne - und präsentierten auch eine Uraufführung.

Ein Überraschungskonzert im Regentenbau haben die Besucher beim ersten "Deutschen Orchestertreffen 60+" erlebt. Und in der Tat war der Abend an (angenehmen) Überraschungen reich - für Zuhörer und Mitwirkende. Denn das Programm bestritten nicht nur die sieben Orchester, die sich am Vortag im Kurtheater in drei Kategorien einem musikalischen Wettbewerb gestellt hatten, sondern es wirkte auch ein Ensemble mit, das die Aufgabe hatte, ein für dieses Treffen eigens
komponiertes Werk aus der Taufe zu heben.

Sehr guter Hör-Eindruck

Bekanntlich sind Uraufführungen zwangsläufig mit Überraschungen verbunden. Nicht zuletzt waren die Vielseitigkeit der Orchester und das allgemeine musikalische Niveau, auf dem musiziert wurde, überraschend.
Ungewohnt war bereits der Anblick, den der Große Saal den Eintretenden bot: Platz für Publikum war im Parkett nur wenig, denn das füllten weitgehend vier recht große Musikgruppen; weitere drei Klangkörper hatten auf der Bühne Platz gefunden. Die Veranstaltung von den Emporen aus zu verfolgen, war in jedem Fall die richtige Wahl: Von oben in das Parkett schauend, konnten die Hörer sich nicht nur an der optisch reizvollen Anordnung der Orchester freuen; sie hatten auch eine gute Übersicht über die gerade spielenden Gruppe, waren den Ausführenden verhältnismäßig nahe und hatten einen sehr guten Hör-Eindruck. Davon abgesehen bot es Hans-Walter Berg, dem Projektleiter des Orchestertreffens, die Möglichkeit, sich in seiner Moderation dem gesamten Publikum wie den ihn umgebenden Orchestern zuzuwenden.

Warm und etwas wehmütig

Alphornklänge eröffneten den Abend: Warm, schwer, ein wenig wehmütig rufend erklangen aus den vier Hörnern des Ensembles "Die Badischen" der "Gruß an Bad Kissingen" und eine "Kleine Serenade", bevor das Bezirks-Senioren-Akkordeon-Orchester Würm-Nagold zum "Harmonika-Fest" nach Noten von Renato Bui einlud. Leicht und beweglich geriet das, war schön gegliedert und brachte die Hörer in den Sitzen schon ein wenig in Bewegung. Das war eine Fähigkeit aller Gruppen an diesem Abend: das Publikum zu berühren und zu animieren.

Dynamische Bandbreite

Oft sah man Bewegung, wie beim "Charleston", den das Salonorchester "Da Capo" aus Havixbeck spielte, oder bei den "Tango Souvenirs" des Kreisverbands-Seniorenblasorchesters Zollernalb. Man hörte ein Mitsummen wie bei Werner Richard Heymanns Melodie "Irgendwo auf der Welt", die sehr anrührend die zum "Ersten Kölner Akkordeon-Orchester 1935" gehörenden "G‘Oldies" vorbereitet hatten, oder die Klänge des Senioren-Akkordeon-Unterhaltungsorchesters Wiesental. Und aufmerksam lauschte der Saal den Klängen des Landes-Senioren-Zupf-Ensembles "Spätlese" Hessen, dessen dynamische Bandbreite vom kräftigen Forte bis zum mehrfachen, kaum noch wahrnehmbaren Pianissimo reichte.

Spannung herrschte auch bei der Uraufführung der Suite "Goldene Zeiten", die das Landes-Senioren-Akkordeon-Orchester Baden-Württemberg unter Leitung des Komponisten Adolf Götz spielte. Die drei Sätze tragen programmatische, bildhafte Überschriften; der Titel sagt, was das Alter versprechen soll. In der "dritten Lebensphase", erläuterte Moderator Berg vorweg, öffne sich "das Tor zum Paradies". Exotisch-heroische Klänge standen am Beginn des ersten Satzes, "Goldenen Zeiten entgegen" benannt. Marschartige Klänge folgten; viel Monumentalfilmhaftes tauchte da auf, das faszinierte. Heiter beginnend dann der zweite Satz, "Freude und Leid": ein sorgloser Walzer, der sich unerwartet wendet ins Herbe, als der "Schnitter Tod" auftaucht; "Jetzt wetzt er das Messer, es schneidt‘ schon viel besser" tönt es in den Reigen hinein, der sich wie ein bunter Traum, mitunter matt-verschwommen, weiter dreht, bevor der Satz dann doch zum Totentanz wird. "Musizieren ist Goldes wert", steht über dem dritten Satz: Ausgelassen und heiter endete die Komposition mit Klängen aus dem Wirtshaus, Trillerpfeife und einer positiven Sicht auf die Dinge.

Humorvolle Seite

Unterhaltsam war der Abend, und er war gut gemacht. Publikum und Musiker durften sich gemeinsam freuen über zwei Stunden in hoher Qualität gespielte Musik, über die das Alter von der humorvollen Seite betrachtende Moderation und die Mischung aus Aufmerksamkeit und guter Stimmung.