Vier Flüchtlingskinder besuchten bis September das Montessori-Kinderhaus. Dann wurde die Familie plötzlich abgeschoben. Zurück blieb ein Loch im Budget.
Für Kindergartenvorsitzenden Alexander Pfülb war 2016 kein gutes Jahr. Der 39-Jährige hatte mit einem großen Problem im Montessori-Kinderhaus zu kämpfen. Gelöst wurde es bis heute nicht, obwohl er Bürgermeister Waldemar Bug (ödp), Landrat Thomas Bold (CSU) sowie einige Politiker schriftlich um Hilfe gebeten hatte. "Ich habe keine Reaktionen bekommen, sondern nur Worthülsen", sagt er. Entsprechend ist der Waldfensterer noch immer verärgert. Denn eine solche Situation wie im vergangenen September kann sich durchaus wiederholen, befürchtet er.
Zu diesem Zeitpunkt besuchten außer den rund 36 einheimischen Jungen und Mädchen auch vier Flüchtlingskinder das Montessori Kinderhaus. Sie lebten schon seit Februar 2015 mit ihren Eltern in der ehemaligen Pension Arnold in
Waldfenster, waren relativ gut integriert. Das Kindergartenjahr 2016/2017 hatte erst vor Kurzem begonnen. Entsprechend waren von Pfülb und seinen Mitstreitern im Vorstand Pläne gemacht und Arbeitsverträge mit dem Personal abgeschlossen worden.
Beiträge waren eingeplant
Doch dann wurde die Flüchtlingsfamilie Anfang September plötzlich abgeschoben. Somit fehlten in der Einrichtung von heute auf morgen nicht nur vier Kinder. Auch die Beiträge für deren Betreuung, die fest eingeplant waren, wurden nicht gezahlt. So klaffte zu Beginn des Kindergartenjahres ein Loch im Budget. "Ich gehe davon aus, dass wir einen vierstelligen Schaden haben werden", sagt der Kindergartenvorsitzende. Ein Versäumnis? Nein. Diese Vorgehensweise entspricht dem Gesetz, genauer dem Bayerischen Kinderbildungsgesetz BayKiBiG. "Darin ist das Monatsprinzip festgelegt", sagt Pfülb. Demnach müssen für Kinder, die vor dem 15. eines Monats die Einrichtung verlassen, keine Beiträge mehr gezahlt werden. Das gilt nicht nur für Flüchtlingskinder.
"Auch bei Familien ohne Asyl- oder Flüchtlingsbezug darf beim Wegfall der Betreuung innerhalb eines Monats in einer Kita zum Beispiel durch einen Wegzug aufgrund des gesetzlich bestimmten Monatsprinzips keine staatliche oder kommunale Förderung für die Kindertageseinrichtung erfolgen", bestätigt Lena Pfister, die Sprecherin des Landratsamtes.
Im Normalfall stellt das eine Kindertagesstätte nicht wirklich vor Probleme, wenn ein Kind zu Monatsbeginn geht. Aber gleich vier Flüchtlingskinder schon. "Für sie hatten wir außerdem eine Erzieherin eingestellt", erzählt Pfülb. Es bestand nun die Gefahr, dass er diese wieder entlassen muss. Glücklicherweise hätten die Kolleginnen des Kinderhauses ihre Stundenzahl gekürzt, so dass ihm dieser Schritt erspart geblieben sei.
Problem im Rathaus bekannt
Im Rathaus ist das Problem des Kindergartens bekannt. "Ich sehe als Ursache dafür das aktuell geltende Recht, die Regelungen des BayKiBiG", so Bürgermeister Waldemar Bug. Dagegen könne man nichts machen. Dennoch ist Bug bereit, finanziell zu unterstützen. "Wenn ein Kindergarten des Marktes ein Defizit erwirtschaftet, übernimmt der Markt die Hälfte davon", erklärt er die geltende Regelung. Pfülb hofft trotzdem, dass "seine" Einrichtung letztlich kein Defizit erwirtschaftet. Vielmehr setzte er auf ein Einlenken der Behörden.
Doch auch die erteilen ihm eine Absage. "Der Landkreis kann dem Verein der Kita Waldfenster finanziell nicht behilflich sein", schreibt Lena Pfister auf Nachfrage dieser Zeitung. Eine finanzielle Unterstützung obliege der jeweiligen Kommune. Dennoch habe Landrat Thomas Bold reagiert. "Er hat sich an Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (... ) gewandt und dort auf die Problematik aufmerksam gemacht. Inzwischen hat der Freistaat eine Richtlinie zur Förderung der Bildung und Betreuung von Asylbewerber- und Flüchtlingskindern in Kindertagesstätten-Einrichtungen herausgegeben", schreibt sie weiter. Parallel dazu wurden Fördergelder bereitgestellt.
Dem Vorstand nützen diese Hilfen nur wenig. Denn sie gehen am Bedarf vorbei. "Ich hätte mir gewünscht, dass nicht wir auf den Kosten sitzen bleiben, sondern, dass jemand den Arsch in der Hose hat und sagt: Ja wir unterstützen Euch mit einem Zuschuss. Es wäre auch eine Anerkennung unserer ehrenamtlichen Arbeit", fügt er hinzu. Seit 2012 leitet der zweifache Vater den Kindergartenverein St. Pius. Im Großen und Ganzen bereitet ihm das Ehrenamt Freude, auch wenn er viel Freizeit dafür opfert. "Nur so funktioniert das Miteinander im Dorf. Es ist ein Geben und Nehmen. Ich sehe uns als sozialen Treffpunkt", erklärt er . Umso größer ist nun seine Enttäuschung, "dass wir als schwächstes Glied in der Kette, die Versäumnisse der Gesetzesgeber ausbaden."