Kein Aufatmen

1 Min
Der Grundwasserpegel im Verlauf des Jahres 2022 an der Messstelle Pfaffenhausen bei Hammelburg.
Der Grundwasserpegel im Verlauf des Jahres 2022 an der Messstelle Pfaffenhausen bei Hammelburg.
lotus_studio/adobestock.com

Nach Rekordhitze: Wie steht es um den Wasserhaushalt der Region? Haben wir inzwischen wieder genug Grundwasser in den Böden? Experten antworten.

Manch einer traute seinen Augen kaum, als nach Hitze und monatelanger Trockenheit im September strohgelbe, erdige Wiesen saftig-grün wurden und die Bäume ihre Blätter nicht gleich abwarfen, sondern einen bunten Herbstwald bildeten. Ist der Wasserhaushalt in der Region aufgrund der herbstlichen Regenfälle nun wieder im Lot und alles gut?

Situation noch angespannt

"Jeder Tropfen ist wichtig", sagt Walter Weinig, Geschäftsleiter des Wasserzweckverbands Rhön-Maintal-Gruppe (RMG), der Teile des Landkreises und der Stadt Bad Kissingen mit Trinkwasser versorgt, "aber die bisherigen Niederschläge im Herbst wurden weitestgehend von der Vegetation und der Verdunstung aufgebraucht und sind noch nicht im Grundwasserspeicher angekommen."

Insofern sei die Situation momentan immer noch genauso angespannt wie im Sommer: "Jetzt kann man noch nichts sagen, weil die grundwasserbildende Zeit von Dezember bis Frühjahr gerade erst beginnt", erklärt der Fachmann. Gut waren die stetigen Regenfälle im Herbst, die nichts an Erdoberfläche weggespült hatten. Das und der Schnee im Winter sind ideale Bedingungen für die Neubildung von Grundwasser.

"Auch das Verhalten der Wasserkunden hat uns geholfen, indem sie Rasenflächen nicht gewässert und Wasser gespart haben. Dadurch sind wir heuer gut über die Runden gekommen", ist der Geschäftsleiter zufrieden.

Dennoch wird das Grundwasser immer mehr beansprucht: "Auch wir sind nicht völlig schmerzfrei ", sagt Weinig, wenn er an die Überlegungen im Landkreis Rhön-Grabfeld denkt, eine Trinkwasserleitung aus Oberfranken bauen zu lassen: "Diese Gedanken haben durchaus ihre Berechtigung." Die RMG selbst ist bereits Teil der Wasserverbundleitung von Schweinfurt bis nach Wohnau im Steigerwald: "Wir sind zwar autark, können aber durch diesen Anschluss unsere Versorgungssicherheit nachhaltig erhöhen und schonen im Sommer die eigenen Ressourcen."

Grundwasser nur wenig gestiegen

Uwe Seidl, Baudirektor im Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen, sieht für den Landkreis Bad Kissingen noch kein derartiges Szenario: "Im Unterschied zu Rhön-Grabfeld, wo Trockenheit und karstiges Gestein vorherrscht, haben die Kommunen hier ausreichend Trinkwasser. Wasser sparen ist immer notwendig, aber wir haben keine Engpässe."

Auch im vergangenen Hitzesommer sei der Pegel des Trinkwassers im Landkreis im grünen Bereich gewesen. "In den letzten neunzig Tagen hat es gut geregnet, sodass sich die Grundwassersituation nicht so dramatisch entwickelt hat, wie befürchtet", beschreibt Seidl den Herbst im Landkreis.

Dies sei allerdings kein Grund zum Aufatmen, da das Grundwasser nur wenige Zentimeter gestiegen sei und sich immer noch unter dem langjährigen Mittel befände: "Wir hoffen auf einen feuchten Winter."

Wasser regional besser schützen

Allenfalls kurz Luftholen könne man derzeit, sagt Richard Mergner, erster Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern: "Es war einer der trockensten Sommer, an die ich mich erinnern kann. In Bad Kissingen hat es in den drei Monaten Juni bis August keine 30 Liter pro Quadratmeter geregnet."

In den tieferen Schichten sei immer noch die Trockenheit nicht nur dieses Sommers, sondern auch die der vergangenen Jahre spürbar. Dafür sind neben den geringen Niederschlägen auch höhere Temperaturen, längere Sonnenscheindauer und steigende Verdunstungsraten verantwortlich.

Viele Bereiche in der Natur leiden

Darunter leiden Landwirtschaft und Weinbau, Amphibien wie Erdkröten und Grasfrösche, deren Bestand Jahr für Jahr zurückgeht und sogar Obstbäume in den Gärten. Den Bund Naturschutz habe es überrascht, "dass selbst Arten wie die konkurrenzstarke Buche oder die trockenheitstolerante Kiefer unter der Trockenheit leiden."

Die Zukunft des Wasserhaushaltes in Unterfranken sieht Mergner als schwierig an. Es müsse alles unternommen werden, um das Wasser in der Landschaft zu halten und lokal und regional besser zu schützen. Zum Szenario einer Trinkwasserleitung nach Unterfranken sagt der Experte: "Wir dürfen uns nicht auf Fernwasser verlassen. Sonst kommen wir irgendwann in eine Situation wie in vielen anderen europäischen Ländern, in denen man sauberes Trinkwasser nur noch im Laden in Flaschen abgefüllt kaufen kann."

Damit sich die Natur vollständig erholen kann, müsste es monatelangen Landregen geben, was der Diplom-Geograf als unrealistisch einschätzt. Wichtig sei weitere Schadensbegrenzung, die nur durch einen Stopp der weiteren Erwärmung erreicht werden kann.

"Wenn wir so weiter machen, werden wir das Ziel, die Klimaerwärmung auch nur auf 1,5 Grad zu begrenzen, krachend verfehlen", warnt Mergner. Und: "Auch wenn ich nicht jede einzelne Aktion gut finde, so habe ich doch großes Verständnis für die letzte Generation. Wir haben keine Zeit mehr für Konferenzen ohne Ergebnis. Wir müssen handeln - jetzt."