Im Herbst verarbeitet Ewald Hartmann aus Lauter das Wachs seiner Bienen zu Kerzen. Eine aufwendige Prozedur, die sich wegen der geringen Nachfrage inzwischen kaum noch lohnt. Für ihn ist es ein Hobby mit Suchtpotenzial.
Honigduft liegt in der Luft. Ein Scheit Holz knackt im Ofen. Leise säuselt das Radio. Ewald Hartmann wartet. Darauf, dass das Wachs schmilzt, in kleinen Töpfchen auf dem Herd. Das dauert. Doch Zeit hat er genug. Denn heute ist Kerzengießtag. Sämtliche Utensilien hat der 65-Jährige auf der Arbeitsplatte in seiner Scheune aufgebaut. Ein letzter prüfender Blick wandert darüber. Alles ist perfekt vorbereitet.
Dann ist es soweit.
Das Wachs ist flüssig. Mit ruhiger Hand leert Ewald Hartmann Topf für Topf. Gefühlvoll gießt er die goldgelbe Flüssigkeit in runde Gebilde. Sie sind im Innern mit Silikon ausgekleidet. "Das hier soll ein Tannenbaum werden", erklärt der Hobbyimker und macht gemächlich weiter. Schließlich muss er aufpassen, dass sich die Form gleichmäßig füllt und keine Luftlöcher entstehen. Sonst ist die Kerze hin.
Dann war die Arbeit umsonst.
Trockener Sommer - leere Lager
Dabei kennt sich der Lauterer mit Rückschlägen sehr gut aus. Der letzte liegt noch gar nicht so lange zurück. "Erst im vergangenen Jahr sind mir alle Bienenvölker eingegangen", erzählt er. Der Hobbyimker hat in diesem Frühjahr quasi mit ganz neuen Völkern bei Null anfangen. Hinzu kommt, dass heuer auch noch ein schlechtes Bienenjahr war.
Entsprechend mau sieht es in seinem Lager aus. Lediglich Gläser mit hellem Raps- und Obstblütenhonig vom Frühjahr und welche mit dunklem Waldhonig stehen dort. "Die goldgelbe Sommertracht fehlt wegen des trockenen Sommers", sagt seine Frau Gertrud.
Doch Wachs für ihre Kerzen haben die beiden in diesem Jahr genug. Die Bienen produzieren es ganz nebenbei, beim Bau der Waben. Der Imker entnimmt es bei der Honigernte.
"Wir geben das Wachs dann in unsere Dampfwachsschmelze", sagt Ewald Hartmann. Dabei handelt es sich um eine mit Wasserdampf betriebene Apparatur, in der die Wabengebilde das erste Mal eingeschmolzen werden. Das flüssige, noch sehr verunreinigte Wachs, wird in einem großen Topf aufgefangen und härtet erst einmal aus. Anschließend wird der Topf mit Wasser gefüllt und erhitzt. "Dabei löst sich der Honig.
Das Fett schwimmt dann beim Aushärten oben und die Schmutzteilchen sinken nach unten", erklärt der Fachmann. Mehrmals wird die Prozedur wiederholt, damit sauberes Bienenwachs entsteht. Ganz rein wird es erst nach der letzten Schmelze. Dann wird das Wachs noch einmal durch einen Perlonstrumpf gegossen, um auch letzte Partikel zu entfernen.
Gießen bis spät in die Nacht
"Wir haben vor etwa 30, 35 Jahren angefangen, Kerzen
zu machen", erzählt Ewald Hartmann. Damals beginnen er und seine Frau zunächst damit, kleine, etwa vier Zentimeter große, Bienenkörbe zu gießen. Das kommt bei den Kunden an. Mit der Zeit steigt die Nachfrage, besonders im Advent. "Wir haben manchmal bis spät in die Nacht Kerzen gegossen, um alle unsere Aufträge zu erfüllen", sagt Gertrud Hartmann. Schließlich verkaufen die beiden ihre handgemachten Kerzen auf Weihnachtsbasaren und -märkten.
Auch Firmen bestellen Kerzen als Weihnachtsgeschenke bei den Hobbyimkern.
Doch mit dem Gießen allein ist es nicht getan. Die Formen sind ebenfalls entscheidend. Stück für Stück kam bei den Hartmanns im Lauf der Jahre hinzu. "Es ist wie eine Sucht", sagt der Imker. Mit der Zeit beginnt er, eigene Formen aus Silikon zu erstellen, wie etwa für den rund 30 Zentimeter großen Weihnachtsbaum.
"Da sollte die Form im Katalog fast 1000 D-Mark kosten", erzählt er. Also musste eine andere Lösung her. Die fand Hartmann eher zufällig, in einem Ramschladen. "Dort stand ein Plastikweihnachtsbaum mit genau der gleichen Form." Kurzerhand kaufte er diesen und bildete ihn nach. So groß die Freude über diese einfache Lösung war, die Hartmanns wurden vom Ergebnis enttäuscht.
"Beim Abbrennen schmolz der Kern und es lösten sich Teile des Baumes", sagt Gertrud Hartmann. Somit musste auch für dieses Problem eine Lösung her. Und die brachten ausgerechnet ganz profane Teelichter. "Ich habe eine Glasfassung in der Spitze des Bienenwachsbaumes eingelassen, in die ein Teelicht passt. So brennt ein Licht, und der Baum bleibt ganz."
Nicht mit Industrie konkurrieren
Doch was passiert mit den gerade frisch
gegossenen Kerzen? "Die müssen jetzt je nach Größe vier bis acht Stunden aushärten", erklärt der Hobbyimker. Erst dann können die Silikonformen entfernt werden. Doch fertig ist die Kerze damit noch nicht. Zunächst muss für den sicheren Stand noch der Boden geglättet und die Nasen entfernt werden. Dafür nutzt Ewald Hartmann ein Bügeleisen, das er speziell für die Glättung umgebaut hat.
Anschließend wird noch der Docht getränkt, erst dann ist die Kerze wirklich vollendet. Ihr Preis wird je nach Gewicht festgelegt. "Früher habe ich die Kerzen noch verziert - angemalt oder mit Patina versehen", erinnert sich Gertrud Hartmann. Doch inzwischen ist die Nachfrage zu gering. Nicht zuletzt, weil es überall, bei Discountern und Drogeriemärkten, preiswertere, industriell gefertigte Bienenwachskerzen gibt. Eigentlich lohnt es sich kaum noch, welche herzustellen. "Aber es ist nun mal unser Hobby und schade um das Wachs", sagt Ewald Hartmann.