In der jüngsten Stadtratssitzung wurde ein Antrag von Reinhard Schaupp (CBB) von der Tagesordnung gestrichen. Im Vorfeld gab es wohl bereits Versuche, sich auf eine gemeinsame Aktion oder einen offenen Brief zu einigen.
Seit Monaten treffen sich Gegner von Corona-Maßnahmen aus Unterfranken und Hessen jeden Montagabend auf dem Hammelburger Marktplatz zu so genannten Spaziergängen. Einzelne Stadträte hatten bereits im Januar eine Positionierung des Gremiums gefordert. In der jüngsten Sitzung allerdings wurde eine Resolution zur pandemischen Lage im Keim erstickt: Der Entwurf von CBB-Stadtrat Reinhard Schaupp wurde von der Tagesordnung gestrichen. Stadtrat Patrick Bindrum (CSU) verwies in seinem Geschäftsordnungsantrag lediglich kurz auf baldige Lockerungen. Schaupp warb vergeblich für seine Resolution, mit 14:8 Stimmen wurde das Thema gekippt. Was in der Sitzung noch unklar geblieben war: Es gibt eine Vorgeschichte dazu.
"Kein deutliches Mehrheitsbild"
Laut Bürgermeister Armin Warmuth (CSU) warb Reinhard Schaupp bereits in der Sitzung vom 17. Januar für ein gemeinsames Corona-Aktionsbündnis auf möglichst breiter Basis. In der Sitzung vom 24. Januar sei dann vereinbart worden, dass sich die Fraktionssprecher Christian Fenn (Junge Liste), Martin Wende (CSU), Rita Schaupp (SPD, Reinhard Schaupps Ehefrau) und Florian Röthlein (Grüne) besprechen und klären, "ob und in welcher Form eine Aktion (Veranstaltung, Resolution) organisiert werden soll". Die Arbeitsgruppe habe drei Vorschläge erarbeitet. "Ein deutliches Mehrheitsbild ergab sich dabei nicht", berichtet Warmuth.
Der Bürgermeister kritisiert, dass sich Schaupp nicht selbst an der Arbeitsgruppe beteiligt habe, "um an einem gemeinsamen Diskussions- und Entscheidungsprozess mitzuwirken, sondern im Alleingang danach einen eigenen Antrag eingereicht hat". Er sehe das Vorgehen als "sehr unglücklich und der gesamten Sache sowie der angestrebten Intention nicht dienlich", sagt Warmuth. Er selbst habe durchaus eine Chance auf eine gemeinsame oder zumindest von einer großen Mehrheit getragenen Aktion gesehen. Inhaltlich positioniert sich Bürgermeister Warmuth eindeutig: Er habe schon mehrfach öffentlich dazu aufgerufen, sich impfen zu lassen. Unter anderem habe er im Stadtblatt geschrieben: "Ich bitte Sie deshalb noch einmal: Lassen Sie sich impfen und uns gemeinsam alles dafür tun, zu einem normalen Leben zurückzukehren." Fragen dazu, ob Schaupps Antrag noch behandelt wird, ob es vielleicht einen neuen Vorschlag der Verwaltung geben wird oder wie es weitergehen soll, lässt Warmuth in seiner schriftlichen Stellungnahme unbeantwortet. Offen blieb auch die Nachfrage der Redaktion, weshalb in der öffentlichen Stadtratssitzung kein weiterer Entwurf beraten wurde.
3. Bürgermeister Christian Fenn berichtet, dass im nichtöffentlichen Teil einer Sitzung "teilweise sehr unterschiedliche Sichtweisen bezüglich einer gemeinsamen Vorgehensweise vorherrschten". Aus Fenns Meinung habe eine Mehrheit im Stadtrat einer weiteren Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken wollen, anstatt sich einseitig zu positionieren: "Polarisierende Stellungnahmen seitens des Stadtrats waren nicht mehrheitsfähig." Eine Mehrheit habe sich nicht zweifelsfrei für Coronamaßnahmen oder gegen die Maßnahmenkritiker positionieren, sondern "eher zum Dialog, aber auch zum Verständnis für andere Sichtweisen auffordern" wollen.
Ziel sei ein offener Brief gewesen. "Ich formulierte also drei Versionen dieses offenen Briefes. Alle drei Versionen plädierten für ein Verständnis der anderen Sichtweise gegenüber, aber auch für ein Verständnis ungeliebten Maßnahmen gegenüber", berichtet Fenn. Eine Version forderte zusätzlich zum Impfen auf, in einer anderen gehe es darum, auch Maßnahmen trotz persönlichen Missfallens zu akzeptieren.
Eine Online-Abstimmung unter den Stadträten habe gezeigt, "wie weit die Sichtweisen auseinandergingen", sagt Fenn. "Nur zwei Personen lehnten diesen offenen Brief jedoch gänzlich ab." Darunter Reinhard Schaupp, der daraufhin eine eigene Version formulierte. Fenn habe Schaupps Text als "zu anmaßend Andersdenkenden gegenüber" empfunden, und: "Genau das wollte die Mehrheit der Kollegen aber nicht zum Ausdruck bringen." Zur Streichung des Punktes von der Tagesordnung habe auch der Scheitelpunkt der Omikronwelle beigetragen.
Eigentlich müssten Anträge von Stadträten laut Geschäftsordnung innerhalb von drei Monaten behandelt werden. "Ob die Petition nochmals behandelt wird, hängt von der Entscheidung des Bürgermeisters ab", sagt Fenn. Er selbst rechne bei einer späteren Behandlung mit einer Ablehnung.