Viele Stolpersteine in Hammelburg

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Der Zugang zu Arztpraxen oder Hotels ist für Rollstuhlfahrer oft ein Problem. Foto: Carmen Schmitt/ Archiv
Der Zugang zu Arztpraxen oder Hotels ist für Rollstuhlfahrer oft ein Problem.  Foto: Carmen Schmitt/ Archiv
Der Senioren- und Behindertenbeirat Hammelburg, vorne links Winfried Schmitt. Foto: Gerd Schaar
Der Senioren- und Behindertenbeirat Hammelburg, vorne links Winfried Schmitt.  Foto: Gerd Schaar
 

Barrierefreiheit ist in Hammelburg längst noch nicht überall zu finden. Ecken und Kanten machen Rollstuhlfahrern und Rollator-Nutzern das Leben schwer, kritisierte der Senioren- und Behindertenbeirat in seiner jüngsten Sitzung.

Ist die Stadt Hammelburg für Rollstühle und Rollatoren geeignet? Dieser Fragestellung geht regelmäßig der ansässige Senioren- und Behindertenbeirat auf den Grund. Am Donnerstag tagte er im Wohnheim der Lebenshilfe in der Seelhausgasse.

"Ich komme an manchen Ecken nicht zurecht", nahm der stellvertretende Sprecher Winfried Schmitt, selbst Rollstuhlfahrer, zur aktuellen Situation Stellung. "Der Parkplatz am Krankenhaus hat zu viel Gefälle. Das gilt ebenso für die Schneckenauffahrt am Roten Schloss", wunderte sich Schmitt darüber, dass diese Einrichtungen an den DIN-Vorschriften vorbei jemals eine bauliche Abnahme erhielten. Schmitts Lob erhielt der Viehmarkt, der nach seiner Fertigstellung alle Anforderungen der Behinderten höchstwahrscheinlich erfüllen werde. Auch der Hammelburger Bahnhof sei vorbildlich nachgerüstet worden, bestätigte Beirat Dr. Winfried Benner und lobte ebenso die katholische Stadtpfarrkirche, die mit Induktionsschleifen für Schwerhörige nachrüstete. Benner kritisierte jedoch die lange Bauzeit rund um das Pfarrzentrum, diese Baustelle sei immer noch ein Hindernis für Rollstühle.


Ganghammers Liste

Eine kleine Sensation war die Liste von Josefine Ganghammer über die behindertengerechten Zugänge öffentlicher Einrichtungen. Nur die Hälfte der ansässigen Ärzte und Zahnärzte haben demnach einen barrierefreien Zugang. Besser sieht es da bei den Krankengymnastik- und Massageeinrichtungen aus, die alle für die Rollis erreichbar sind. Rechtsanwälte hingegen bieten für Rollstuhlfahrer überhaupt keinen geeigneten Zugang. Kapiert haben die Einkaufsmärkte, dass auch Behinderte Umsatz bedeuten und längst entsprechende Zugänge geschaffen.


Kein Hotel barrierefrei

Eine moralische Ohrfeige erhielt der Tourismus, denn kein Hammelburger Hotel ist barrierefrei zugänglich. Von den 14 in der Liste aufgeführten Gaststätten und Cafés sind es lediglich vier, die der Rollstuhlfahrer aus eigener Kraft erreicht. Und wenn er mal auf das WC muss, hat er durchgehend schlechte Karten, denn behindertengerechte Sanitäranlagen gibt es laut Liste nur im Ärztezentrum, im Heinrich-Köppler-Haus und im Gasthaus Zur Alten Wache. Der Beirat regte an, solche Angaben im Internet als Orientierungshilfe zugänglich zu machen.
Stolpersteine in Hammelburgs Altstadt bedeuten für Heide Schneid erhebliche Gefahr. Sie sei auf ihren Rollator wegen ihrer Parkinson-Erkrankung angewiesen, erklärte Schneid.

"Ich kann nur schlurfen, und an den Steinen bleibe ich mit den kleinen Rädern meines Rollators oft hängen", berichtete sie von ihrem Unfall, der ihr durch Sturz einige Knochenbrüche, Schmerzen und zudem noch einen Krankenhausaufenthalt bescherte. Ganz zu schweigen von dem total verbogenen Rollator.


Beleuchtung wichtig

"Der Rollstuhl hat noch einige Schwierigkeiten, von denen ein Nichtbehinderter kaum etwas ahnt", sagte Maria Nürnberger. Ohne Hilfe in der Dunkelheit sehe der Rollstuhlfahrer manches Hindernis zu spät oder überhaupt nicht. Schmitt erklärte, dass aufwändige Technik - wie zum Beispiel eine etliche tausend Euro teure Hebehilfe für Rollstühle - nicht immer helfen könne. Und dann gab er noch eine Geschichte von seinem Freibad-Besuch zum Besten: "Nach dem Schwimmen wollte ich wieder in meinem Rollstuhl Platz nehmen, dachte aber nicht daran, dass der in der prallen Sonne auf Backofentemperatur aufgeheizt war", berichtete Schmitt von arg schmerzhaften Verbrennungen seiner Haut.

Der Leiter des Wohnhauses, Sascha Turtschany, berichtete über diese Lebenshilfeeinrichtung: "Freilich ist dieses moderne Haus bestens für Rollstuhlfahrer und Rollatoren gerüstet", sagte er. Bis auf drei Plätze sei es in diesem ersten Jahr ausgebucht.

Tagesgruppenleiterin und Beirätin Annette Gerlach: "Unsere Gruppe hat hier genügend Platz und nutzt bei schönem Wetter auch den Gedenkplatz vor der Haustüre." Kreative Fähigkeiten, Musik, Schach, weitere Hobbys und Interesse am Weltgeschehen stehen auf dem Tagesprogramm. Beirat Manfred Pakull unterstützte Erweiterungsideen des Hauses zur Kontaktaufnahme in der Gesellschaft und dachte dabei auch an Tanzveranstaltungen oder Boulespiel. Anlässlich des Hammelburger Höflesfestes hatte die Öffentlichkeit heuer gerne Einblick in den Hof des Wohnhauses genommen.