Rosenmontag: Vierteltrinken in Sulzthal

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Polizeidiener Minka Macek (vorne von links) holt Marga Tremer (2. Bürgermeister), Elisabeth Ollmann (hinten von links), Manuela Metz und Martina Eyrich (vorherige Amtsinhaberinnen) ab. Foto: Halbig
Polizeidiener Minka Macek (vorne von links) holt Marga Tremer (2. Bürgermeister), Elisabeth Ollmann (hinten von links), Manuela Metz und Martina Eyrich (vorherige Amtsinhaberinnen) ab. Foto: Halbig
Unvorsichtige Herren, die sich sehen lassen, werden gestemmt und zur Kasse gebeten. Foto: Halbig
Unvorsichtige Herren, die sich sehen lassen, werden gestemmt und zur Kasse gebeten. Foto: Halbig
 
Polizeidiener Minka Macek in der Mehrzweckhalle, sie übergibt ihr Amt heuer an eine Neue. Foto: Halbig
Polizeidiener Minka Macek in der Mehrzweckhalle, sie übergibt ihr Amt heuer an eine Neue. Foto: Halbig
 
Susanne Müller (2. Bürgermeister) von der Hohen Straße mit der Viertelfahne. Foto: Halbig
Susanne Müller (2. Bürgermeister) von der Hohen Straße mit der Viertelfahne. Foto: Halbig
 

Am Rosenmontag herrscht wieder Ausnahmezustand unter den verheirateten Frauen in Sulzthal. Es ist Vierteltrinken.

Diesem Brauch wird alle zwei Jahre nachgegangen. Die Männer bleiben dabei draußen. Das Vierteltrinken findet traditionell in der Mehrzweckhalle statt und hat nichts mit einem Viertel Wein trinken (was natürlich auch genossen wird) zu tun, sondern mit dem Einteilen des Dorfes in die Viertel Obertor, Hohe Straße, Bug und Schlange. Dieses Brauchtum stammt laut mündlicher Überlieferung aus dem Mittelalter.

Damals bekam die Tochter des Henneberger Grafen ein Kind. Die Sulzthaler Frauen brachten der jungen Mutter zur Taufe Wein. Die freute sich so, dass sie ihren Vater bat, den Frauen ein Sonderrecht einzuräumen. So bestimmte der Graf: "Die Sulzthaler Frauen sollen einen Tag im Jahr für sich haben!" Dieses Recht wird heute im Wechsel mit dem Faschingsumzug in Anspruch genommen.

Tanzeinlage inklusive

Jedes Viertel hat seine Obrigkeit, die aus 1. Bürgermeister, 2. Bürgermeister und natürlich Polizeidiener besteht. Der Ablauf unterliegt strengen Regeln.Zuerst lädt die Obrigkeit des austragenden Viertels (dieses Jahr ist es das Obertor) mit Ines Neder (1. Bürgermeister), Marga Tremer (2. Bürgermeister), und Minka Macek (Polizeidiener) die Obrigkeiten der anderen Viertel zu ihrer Feier ein. Dann sind die drei Führenden der Viertel gefordert. Diese gehen von Haus zu Haus und laden persönlich die verheirateten Frauen ein. Dazu brauchen sie mehrere Wochen. Viele der Frauen warten schon auf die Einladung und hier und da wird auch ein Likörchen gezwitschert und von alten Zeiten erzählt.

Jedes Viertel übt eine Show- oder Tanzeinlage ein, um das weibliche Publikum zu unterhalten. Mit den Proben für ihre Auftritte haben die Viertel schon im September angefangen. Dies geschieht unter strenger Geheimhaltung. Trotzdem war in all den Jahren noch kein Auftritt doppelt. Auch Büttenreden werden von den Obrigkeiten gehalten. Dabei wurden früher nur die Bürgermeister und Polizeidiener der anderen Viertel auf's Korn genommen, in den letzten Jahren auch das Dorfgeschehen.

Am Rosenmontag geht es richtig los mit dem Ausschellen im Dorf. Das ist Aufgabe des Polizeidieners Minka Macek. Sie verkündet das Ereignis im austragenden Obertor am Postbau, in der Hauptstraße/Ecke Langenberg, der Kultur, in der Eichstraße und bei den Aussiedlern, die zum Obertor-Viertel gehören. Die Interessierten werden dabei sehr gut verköstigt.

Es gibt kein Entkommen

Am Abend treffen sich die Frauen in ihren Vierteln und ziehen dann in vorgegebener Reihenfolge in die Mehrzweckhalle ein. Dort werden sie schon vom Obertor mit Musik von Alleinunterhalter Manni aus Nüdlingen erwartet.

Jetzt kann der lustige Abend beginnen. Die Bewirtschaftung übernehmen meist die Ehemänner der Amtsinhaberinnen des austragenden Viertels. Natürlich sind alle Männer frisch rasiert und adrett-weiblich hergerichtet - sonst dürften sie nicht zur Veranstaltung.

Den krönenden Abschluss bildet die Wahl der neuen Bürgermeister und Polizeidiener im Obertor. Dieser Höhepunkt wird mit Spannung erwartet. In der Vergangenheit hat sich schon so manche Frau vor der Hutverteilung gedrückt oder versucht sich zu verstecken, jetzt werden die Türen verschlossen.

Wenn man den Ehemaligen bei ihren Erzählungen zuhört, so macht es sehr viel Spaß, schließlich helfen alle (auch die Männer) bei den Vorbereitungen mit, es stärkt das Gemeinschaftsgefühl und ist eine Ehre. Schlussendlich dauert die Amtszeit "nur" acht Jahre mit vier Auftritten. Zudem hat die Obrigkeit keine Kostümprobleme, da Zylinder bzw. Polizeimütze und Anzug vorgegeben sind.

Am Faschingsdienstag wird dann den "Neuen" aufgespielt. Mit viel Hallo und Tanz ziehen die Frauen zu den drei "Erwählten", bei denen ein geschmückter Baum am Haus aufgestellt wird. Danach geht es zum Feiern in die Mehrzweckhalle.

Nach alter Tradition: Jeder Mann der sich zu den Frauen verirrt, wird von den Obrigkeiten gestemmt (hochgehoben) und muss einen Obolus berappen, damit die Frauen auch in Zukunft feiern können. Denn Saalmiete, Kostüme und vieles mehr muss finanziert werden.

Im Nächsten Jahr können auch, die nicht geladenen Gäste und alle männlichen Einwohner, die Kostüme am Faschingsumzug bewundern. von Petra Halbig