Seit 17 Jahren bietet der Hammelburger Tauschring die Möglichkeit, nicht nur Waren, sondern auch Dienst- leistungen aller Art auszutauschen - nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern als Teil einer erweiterten Nachbarschaftshilfe.
Zeit lässt sich in Stunden und Minuten messen. Seit 17 Jahren gilt in Hammelburg darüber hinaus die interne Zeitmessung des Tauschrings in "Blöker". Dieser Blöker repräsentiert genau eine Stunde Arbeit. Dabei wird nicht darauf geachtet, ob es sich um eine Nachhilfestunde, um eine Kochstunde oder um eine Stunde Fahrdienst handelt. Am Sonntag trafen sich die Tauschringfreunde zum Advent zum Tausch von selbst gebackenen Plätzchen, Christstollen und Dienstleistungswünschen.
"Freilich gilt das nur intern für uns", sagt Cordula Eck. Zusammen mit Alexandra Scheller und Birgit Lorz teilt sie sich die Leitung des Tauschrings. Monatlich treffen sich die Mitglieder regelmäßig zum Austausch von Leistungen und Gegenständen. So liegen auch jetzt verschiedene Sachen auf dem Gabentisch - doch es ist noch nicht Weihnachten. Aber nach Geschenken für die Verwandten und Freunde kann man jetzt Ausschau halten.
Und nach leckeren Backwaren, passend zur Adventszeit. Sogar Blöker-Käse aus eigener Herstellung, Fotodienste und Polterabend-Reportagen gibt es.
Grenzenlose Fantasie
"Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt", bestätigt Eck. Bei den Dienstleistungen gelte das Prinzip, dass man anbieten könne, was man gut machen kann und gerne macht. "Dabei ist es egal, ob es sich um Computerarbeit, Fensterputzen, Reparaturen, Nachhilfe, Babysitten oder Haarschneiden handelt", so Eck. Die Wertigkeit wie auf dem freien Arbeitsmarkt sei außen vor. "Es zählt nur die geleistete Zeit." Eine Konkurrenzsituation zu den gängigen Berufen gebe es nicht, denn Außenstehende könnten diese Leistungen nicht erhalten. Der Grundgedanke sei die Nachbarschaftshilfe.
Gartenarbeit war der Renner
"Gartenarbeit ist in diesem Jahr der Renner gewesen", meint Lorz.
Für sie ist das größte Argument die Geselligkeit im Tauschring. "Ich gehe zum Beispiel gerne zu den anderen Mitgliedern, um gemeinsam die Weihnachtsplätzchen zu backen", sagt sie. Niemand sei für sich ganz alleine im Tauschring. Auch jetzt zum Adventsnachmittag herrscht die Stimmung wie in einer Großfamilie. "Wir sind äußerst demokratisch, und jeder kann mitbestimmen, wie es weitergehen soll", blickt Eck gerne auf die 35-köpfige Mitgliederbasis des Tauschrings.
Als Probemitglied könne der Außenstehende ein halbes Jahr ausprobieren, ob er mit den Bedingungen des Tauschrings und mit der Gemeinschaft dort zurechtkomme, erklärt Scheller. Woher der Name Blöker komme, das lasse sich aus heutiger Sicht nicht mehr ermitteln. "Höchstwahrscheinlich vom Blöken eines Schafes", meint sie. Aber mit Schafen habe der Tauschring speziell nichts zu tun. Die Arbeitsstunde sei der Gegenwert von 20 Blökern.
So könnten auch Teilbereiche der Stunde abgerechnet werden. Hauptsache sei, dass alle Leistungen auf Augenhöhe gleich zählen. Auf Konten werden die Blöker verwaltet.
Viele praktische Erfahrungen
Offensichtlich hat sich das Tausch ringprinzip in den zurückliegenden 17 Jahren bestens bewährt. Ist der Hammelburger Tauschring mit seiner Sicht der Dinge sogar Anlass, über die Unterschiede zwischen den dicken Managergehältern und dem dünnen Mindestlohn nachzudenken? - "Nein, das ist nicht unser Thema", beteuern die Aktiven und freuen sich lieber über ganz praktische Erfolgserlebnisse beim regelmäßigen Tausch. Arbeit, die man gerne macht, ist das Motto. Die unterschiedlichen Begabungen und Leidenschaften sind die gesunde Basis für die Tauschringidee. Bedauert wird die Frauenlastigkeit im Hammelburger Tauschring. Eck: "Wir könnten noch jede Menge handwerklich begabter Männer gebrauchen."