Hammelburger Zeitzeugen erzählen von früher

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Das Dreschen stand im Mittelpunkt bei einem Abend in der Hammelburger Stadtbücherei. Ernst Stross moderierte fachkundig. Nicht nur Zeitzeugen kamen zu Wort, auch historische Filme und Fotos wurden gezeigt. Dieter Britz
Das Dreschen stand im Mittelpunkt bei einem Abend in der Hammelburger  Stadtbücherei. Ernst Stross moderierte fachkundig. Nicht nur Zeitzeugen  kamen zu Wort, auch historische Filme und Fotos wurden gezeigt. Dieter Britz
Drei Zeitzeugen kamen beim Abend in der Hammelburger Stadtbücherei zum Thema Dreschen zu Wort. Links Moderator Ernst Stross, daneben die Landwirte Josef Merz, Eduard Schilling und Georg Stein. Dieter Britz
Drei Zeitzeugen kamen beim Abend in der Hammelburger Stadtbücherei zum  Thema Dreschen zu Wort. Links Moderator Ernst Stross, daneben die Landwirte  Josef Merz, Eduard Schilling und Georg Stein.  Dieter Britz
 

Josef Merz (79), Georg Stein (80) und Eduard Schilling (80) konnten ich noch gut daran erinnern, wie es früher in Hammelburg war.

Von wegen "gute alte Zeit". In der Landwirtschaft war das Leben hart, und das nicht nur für die Erwachsenen, auch die Kinder mussten schon früh mitarbeiten. In der Veranstaltungsreihe "Erlebt & Erzählt - Hammelburger Zeitzeugen erzählen Geschichten" anlässlich des Stadtjubiläum saßen diesmal drei Landwirte auf dem Podium in der Stadtbücherei.

Josef Merz (79), Georg Stein (80) und Eduard Schilling (80) konnten ich noch gut daran erinnern, wie es früher war. Das Thema des Abends hieß zwar "Dreschen von Getreide", aber ihre Erzählungen gingen ging weit darüber hinaus. Die Moderation hatte Altbürgermeister Ernst Stross. Auch er hat die Zeit erlebt: "Ich bin in einem Dorf mit 13 Höfen aufgewachsen mit einer Dresch-Scheune am Dorfrand und einer Dreschmaschine, die von Haus zu Haus gezogen wurde."

Die Arbeit mit dem Mähdrescher heute sei natürlich auch Arbeit, "aber das ist kein Vergleich." Das Dreschen des Getreides sei fast der Höhepunkt des Jahres in der Landwirtschaft gewesen. Josef Merz schilderte zunächst, dass man die Felder mit dem Getreide rundherum "aufräumen" musste, bevor mit den seinerzeit sehr einfachen Maschinen das Getreide gemäht werden konnte. Das bedeutet, die Ränder mussten mit der Sense freigemacht werden.

"Warum ist das Getreide heute so niedrig?" wollte Ernst Stross wissen. Das Stroh sei früher als Futter verwendet worden, wussten Josef Merz und Eduard Schilling, "heute kann man das Stroh nicht mehr gebrauchen, deshalb wird das Getreide zurückgezüchtet."

Die Flurbereinigung hat das Bild Felder verändert. Durch das fränkische Erbrecht seien sie in der Vergangenheit immer kleiner geworden, so Stross. "Ohne die Flurbereinigung hätte man gar nicht mit den großen Maschinen auf den kleinen Äckern arbeiten können", erklärte dazu Josef Merz. Wie es vor der Flurbereinigung war, schilderte Eduard Schilling: "Ich hatte 30 Äcker von Ortschaft zu Ortschaft. An- und Rückfahrt war en zeitaufwendig. Mit dem Pferd habe ich zum Teil eine Stunde gebraucht, um hin zu kommen." Auch die Kinder wurden in der Landwirtschaft gebraucht, besonders bei der Ernte. "Wir waren immer froh, wenn die Schule wieder angegangen ist", erzählte Josef Merz.

Wie das mit der Milchleistung der Kühe war, wollte Ernst Stross wissen. "Wir hatten vier Kühe, eine hat schon 20 Liter am Tag gegeben" erzählte Georg Stein. Der Hof habe zehn Liter Milch pro Tag für den RAD (Reichsarbeitsdienst) liefern müssen, manchmal auch 20 Liter. "Wir hatten viel Milch-Kundschaft" erinnerte er sich. Nach Kriegsbeginn zog der RAD ab und alle Milch musste an die Sammelstelle geliefert werden.

Mindestens 103 Milchlieferanten gab es in der Jugend von Georg Stein in der Stadt. "Das Schlimmste für mich als war das Bündeln der Ähren. Ich musste mir dazu raue Stricke um den Hals legen, der ganz rot wurde" erinnert sich Josef Merz heute noch und "die gute alte Zeit, die wolle mer nimmer."

Heute fährt der Mähdrescher übers Feld. Früher mussten die Garben mühsam auf einen Wagen aufgeladen werden, wie den zahlreichen Gästen in der Stadtbücherei anhand von historischen Fotos deutlich wurde. Etwa sechs bis acht Lagen Getreide wurden hoch aufgeschichtet. Und weil die Wege schlecht waren, ist auch schon mal ein Wagen umgefallen und musste neu beladen werden. Einmal sei dabei ein Mädchen schwer verletzt worden.

Wenn die Wägen von Pferden gezogen wurden, "musste vor jedem Gaul jemand stehen. Sonst wäre der durchgebrannt" , erinnerte sich ein Zuhörer, "das war eine heikle Situation für uns als sechs- oder siebenjährige Kinder, die wir die Pferde managen mussten".

"Da ich groß war, musste ich Säcke schleppen. Da war der Buckel manchmal blank" , erinnert sich Georg Stein, und Josef Merz ergänzte "Gesicht und Buckel waren oft beim Dreschen dick mit Schweiß und Staub bedeckt. Ich habe nach der Ernte Wochen gebraucht, bis ich wieder richtig schnaufen konnte, so voll mit Staub waren meine Lungen."

In Hammelburg gab es nur eine gute Handvoll von Großbauern. Auf zwei Dreschplätzen hatten Firmen ihre Maschinen aufgestellt. Dort ließen die anderen Bauern ihr Getreide dreschen. Ernst Stross fasste dann zum Schluss zusammen: "Die gute alte Zeit, man möchte nicht mehr tauschen."