Fränkische Gedichte gegen das Heimweh

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Klaus Gasseleder bei der Autorenlesung in Ramsthal- auf fränkisch. Björn Hein
Klaus Gasseleder bei der Autorenlesung in Ramsthal- auf fränkisch. Björn Hein

Bei der Autorenlesung in Ramsthal berichtete Klaus Gasseleder verschmitzt, was er in der fränkischen Kultur beobachtet hat.

Die Mundart übt auf Menschen eine ganz besondere Faszination aus. Spricht man Dialekt, so eröffnen sich Horizonte, man kommt den örtlichen Menschen ganz nah, zeigt man sich so doch als einer von ihnen. Blumenreich und direkt ist diese Sprachvariante, besonders im fränkischen. Kritik, der in diesem Sprachstil geäußert wird, greift das Gegenüber oft weniger an, es wird als weniger harsch empfunden.

Eingang hat diese Sprache auch in die Literatur gefunden, die "Neue Mundartliteratur" hat es sich zur Aufgabe gemacht, hier hochwertige Texte zu liefern, abseits von Plattitüden und Verflachung. Einer ihrer Vertreter ist der in Schweinfurt geborene Klaus Gasseleder, der in einer Autorenlesung im Haus erLebenskunst in Ramsthal das Publikum begeisterte. Dabei las es vor allem aus seinem aktuellen Werk vor, aber auch früheres wurde rezitiert. So gab er einen tiefen Einblick in sein literarisches Schaffen. Hierbei bracht er seine besten Gedichte und Geschichten aus 30 Jahren Poetisierens in fränkischem Dialekt zu Gehör. Nachdenkliches stand dabei neben kritischem - oft hintersinnig und oft auch bissig gewürzt. Und so wurde der Abend nicht nur sehr unterhaltsam: der eine oder andere erkannte sich oder seine Mitmenschen in den oft skurrilen Charakteren, die Gasseleder zeichnete, wieder.

"Ich mache keine 'herkömmliche' gereimte Mundart, vielmehr will ich moderne Literatur produzieren", sagte Gasseleder. Damals in den 80er Jahren, als er Lehrer in Bremen war, überkam ihn so etwas wie Heimweh und er fing an, Werke in fränkischem Dialekt zu schreiben. Dabei fanden sich in seinem Vortrag immer wieder autobiographische Episoden wieder. Es kam zum Ausdruck, dass der Autor zwar heimatverbunden ist, er aber dennoch über den Tellerrand hinaussehen will. "Heimat ist nicht an die Region gebunden, die schönste Heimat ist für mich immer noch der Weg", das klang immer wieder in seinen Gedichten und Geschichten an.

Oftmals sorgte die genaue Betrachtung seiner Zeitgenossen für Schmunzeln im Publikum, wenn er fränkische Eigenheiten aufzählte wie: das Straßenkehren am Samstag, das allwöchentliche Bad, Sportschau und am Sonntag dann Braten und Klöße. Maßstab für eine gute Wirtschaft in Franken? Ganz klar: Hauptsache große Portionen, das Schnitzel darf keinesfalls auf den Teller passen, sondern muss links und rechts herunterhängen: dann passt alles. Aber auch sein Sinnieren über fränkische Gastwirtschaften an sich brachte das Publikum zum Schmunzeln. Denn wo liegt der Bezug zur Tradition, wenn die Bauernmöbel aus Plastik sind und die größte Meisterschaft eines Kochs sich im Erfinden von phantasievollen Namen für seine Gerichte erschöpft?

Gasseleder zeigte sich mit seinen assoziativen Geschichten und Gedanken als verschmitzter Beobachter der fränkischen Kultur, witzig und hintersinnig waren seine Erkenntnisse, die in typisch fränkischer Kürze oft in nur wenigen Worten das wesentliche sagten. Es machte deutlich, dass in der fränkischen Mundart die Möglichkeit besteht, ganz im horazschen Sinne lachend das Wahre zu sagen. Auch Kritik an den bestehenden Zuständen war in der Autorenlesung auszumachen, jedoch ohne dass Gasseleder den Zeigefinger erhob: hintersinnig überließ er es den Zuhörern, sich hier wiederzufinden und diese auszumachen.


Eine Hommage

Natürlich durfte auch eine Hommage an einen der größten Minnesänger des Mittelalters nicht fehlen, nämlich an Walter von der Vogelweide. Wo bei dessen "unter den linden" die Nachtigall mit ihrem lieblichen onomathopoetischen "tandaradei" die beiden Liebenden romantisch unterhält, ist das im fränkischen Gegenentwurf anders. Im wilden Liebesspiel werden hier die Blumen umgedrückt, wenn man miteinander "rümärwet". Klar, dass dann der "blöde Voachel" mit seinem fränkischen "dandaradei" da eher stört. Mit Stanzerln und verschiedenen lustigen Beobachtungen ging es weiter, so dass es ein sehr kurzweiliger Abend wurde, an dem die Zeit wie im Flug verging. Und auch die ganz besondere Variante des Märchens "Rotkäppchen", nämlich "Roaskättel" verriet den feinen Humor von Gasseleder, der beim Publikum sehr gut ankam. Die Besucher waren von der gelungenen Veranstaltung begeistert, wie der große Applaus zeigte. Als Zugabe gab der Autor dann noch einen Text über das Rückert-Denkmal in Schweinfurt, in dem sich dessen feiner, aber auch bissiger Humor zeigte. Den Zuhörern hat es auf jeden Fall gut gefallen, dieser Ausflug in die Gefilde der fränkischen Sprache.