Der Prozess gegen einen drogenabhängigen Einbrecher musste ausgesetzt werden.
Wegen des Vorwurfs besonders schweren Diebstahls musste sich ein 33-Jähriger vor dem Amtsgericht Bad Kissingen verantworten. Die Sachlage war eindeutig und hätte schnell zum Urteil führen können.
Doch setzte der Richter im Einvernehmen mit Staatsanwältin und Verteidiger nach zwei Stunden die weitere Verhandlung auf unbestimmte Zeit aus und verfügte die Erstellung eines psychiatrischen Gutachtens zur Klärung der Frage einer Einweisung des Angeklagten in eine Entziehungsanstalt.
In Tabakladen eingebrochen
Im Winter vergangenen Jahres hatte der Angeklagte nach gemeinsamem Drogengenuss mit einem Freund beschlossen, sich durch Einbruch Bargeld oder Diesbesgut zum Kauf neuer Drogen zu beschaffen. Kurz nach Mitternacht schlug der Angeklagte mit Hilfe eines mitgebrachten Kunststoffrohres ein Loch in die Glastür eines Tabakwarenladens, drang in das Geschäft ein und übergab das Diebesgut seinem draußen wartenden Freund.
Ein gegenüber wohnender Zeuge hatte das Glassplittern gehört, die Einbrecher gesehen und die Polizei gerufen, die beide Täter in unmittelbarer Nähe des Tatorts mit der Beute festnehmen konnte. "Sie waren in schlechter körperlicher Verfassung", sagte ein Polizeibeamter vor Gericht. Der später beim Angeklagten gemachte Test und die folgende rechtsmedizinische Untersuchung bestätigten hohen Drogenkonsum.
Mehrfach vorbestraft
"Drogen nehme ich seit meinem zwölften Lebensjahr", berichtete der ungelernte Hartz IV-Empfänger. Mehrere Entziehungsversuche hatte er schon abgebrochen, seit zwei Jahren nimmt der mehrfach Vorbestrafte unter Aufsicht eines Bewährungshelfers an einem Substitutionsprogramm teil, doch wieder ohne Erfolg: Nur einen Monat nach dem letzten Urteil hatte er im Drogenrausch den nun verhandelten Einbruch begangen. Seit 2007 war der 33-Jährige bereits zehn Mal wegen Diebstahls verurteilt worden. Neben Geldstrafen war er schon mehrmals zu Freiheitsstrafen von insgesamt drei Jahren verurteilt worden. "Zehn Fälle - das ist eine ganze Menge Zeugs", hielt der Richter dem Angeklagten vor. "Die Beschaffungskriminalität zieht sich wie ein roter Faden durch Ihr Leben."
In der folgenden Beratung zwischen den drei Juristen und der medizinischen Sachverständigen ging es um die Fragen verminderter Schuldfähigkeit und möglicher Einweisung in eine Entziehungsanstalt. Die Gutachterin erklärte, der Tathergang widerspreche einer verminderten Schuldfähigkeit. Zwar seien im Blut des Angeklagten Reste mehrerer Drogen festgestellt worden, doch habe er beim Einbruch ein zielgerichtetes Verhalten gezeigt. "Obwohl das Loch in der zersplitterten Glastür klein war, hat er sich nicht verletzt." Die Video-Aufzeichnung des Einbruchs, die dem Gericht nicht vorlag, würde Klärung bringen können. "Bei den vereinnahmten Amphetaminen müssten Benommenheit und Torkeln festzustellen sein."
Blieb noch die Frage der Einweisung nach Paragraph 64 Strafgesetzbuch. "Will er überhaupt einen Entzug?", war die Staatsanwältin skeptisch. "Ich will mein Leben endlich in den Griff bekommen", beteuerte der Angeklagte. "Ich bin bereit, so viel Zeit wie nötig zu investieren, aber es gibt keine Garantie, dass ich es schaffe." Die Sachverständige wollte sich nicht festlegen und empfahl, einen Psychiater zu beauftragen.