Freiheitsstrafe auf Bewährung für Seniorin

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Eine 83-Jährige stand erneut wegen Ladendiebstahls vor Gericht. Diesmal kam sie noch mit Bewährung davon.
Eine 83-Jährige  stand erneut wegen Ladendiebstahls vor Gericht. Diesmal kam sie noch mit Bewährung davon.
Symbolfoto: Jan-Philipp Strobel/dpa

Warum stiehlt eine 83-jährige Seniorin? Ist es Altersarmut oder Demenz? Dieser Fall vor dem Amtsgericht Bad Kissingen überrascht.

Den Rollator mit wackeren Schritten vor sich herschiebend, in regenfester Outdoorjacke und schicker Bluse gekleidet, betritt die Angeklagte den Gerichtssaal im Amtsgericht Bad Kissingen. Der 83-Jährigen wird vorgeworfen, im Juni 2022 aus einem Drogeriemarkt im Landkreis zwei Cremes und eine Seife im Wert von 58 Euro sowie unverkäufliche Make-Up-Tester gestohlen zu haben. Die unbezahlten Produkte hatte sie in ihrer Handtasche, als der Alarm am Ausgang des Geschäfts anschlug.

Ohne Begleitung vor Gericht

"Das war ganz anders", erklärt die Angeklagte bestimmt und erzählt, sie habe im Geschäft die kleineren Einkäufe in die Handtasche getan, weil im Einkaufswagen durch ein Paket Windeln kein Platz mehr war und dann dort vergessen. Die Seniorin, die ohne Begleitung eines Anwaltes oder einer sonstige Betreuungsperson vor Gericht erschienen ist, begründet ihr Verhalten mit Demenz und "Schwierigkeiten im Kopf", deretwegen sie auch in ärztlicher Behandlung sei. Eine Zeugin, die zum Tatzeitpunkt abkassierte, beschreibt, wie sie die entwendeten Produkte in einer kleineren Tasche innerhalb der Handtasche entdeckt hatte, nachdem der Sicherheitsalarm der Drogerie anschlug.

Mehrfach vorbestraft

Doch die alte Dame hat bereits eine Historie vor verschiedenen Gerichten. Die Richterin weist sie darauf hin, dass sie bereits vier Mal wegen Diebstahls schuldig gesprochen wurde: 2015 in fünf Fällen, was mit einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 85 Euro geahndet wurde, 2016 ein Fall (20 Tagessätze zu je 50 Euro); 2019 ein Fall (40 Tagessätze zu je 60Euro); 2020 ein Diebstahl (20 Tagessätze zu je 70 Euro)

Eine Therapie gegen Stehlsucht, zu der sie 2019 in Fulda zusätzlich zur Geldstrafe verurteilt wurde, habe anscheinend nicht gefruchtet, da sie 2020 bereits in Bad Neustadt wieder beim Stehlen erwischt wurde sowie diesmal in Bad Brückenau. "Ich kann ihnen nicht sagen, wie es passiert ist. Ich habe es nicht nötig, etwas zu nehmen - mehr kann ich nicht sagen", antwortet die Seniorin. Die Rente von 1.500 Euro pro Monat reicht zwar nicht ganz für das Seniorenheim, in dem sie lebt. Ihre Kosten kann sie aber mithilfe eines vorhandenen Vermögens decken.

Unbeeindruckt von Geldstrafen

Die Richterin macht deutlich, dass sie nicht an Vergesslichkeit als Grund für den Diebstahl glaubt, auch wenn das die Seniorin mit den Worten "diesmal war es ganz anders" beteuert. Die Richterin bleibt dabei - für sie ist es Diebstahl: "Aufgrund Ihrer Reaktion nach dem Kassenvorgang und aufgrund der Tatsache, dass Sie auch unverkäufliche Tester haben mitgehen lassen", erklärt sie der Angeklagten und warnt: "Geldstrafen scheinen Sie nicht zu beeindrucken. Aber wenn es so weiter geht, kann Diebstahl auch mit einer Freiheitsstrafe geahndet werden." Die Richterin weiter: "In Hessen kommen Sie vielleicht noch mal mit einer Geldstrafe weg, in Bayern sind wir aber strenger." Das scheint die rüstige Seniorin, die ansonsten ruhig und gelassen wirkt, tatsächlich zu beeindrucken: "Ich möchte noch einmal erwähnen, ich habe das nicht mit Absicht gemacht", betont sie.

Wenn rückfällig - ins Gefängnis

So lautet das Urteil des Gerichts, wie von Staatsanwältin gefordert, vier Monate Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf zwei Jahren zur Bewährung und Übernahme der Verhandlungskosten. Daneben muss sie noch 1000 Euro ans Müttergenesungswerk überweisen.

Die Angeklagte nimmt das Urteil sofort an. Nach der Verkündung redet die Richterin der 83-Jährigen nochmal ins Gewissen: "Sie haben jetzt zwei Jahre Zeit, sich zu bewähren. Wenn nichts passiert, wird Ihnen die Strafe erlassen. Wenn Sie wieder stehlen, müssen Sie ins Gefängnis - das wünsche ich Ihnen aber nicht, in Ihrem Alter. Auf Nimmerwiedersehen, hier zumindest." Die Seniorin verspricht: "Ne, ganz bestimmt nicht." Dann macht sie sich auf den Heimweg - zurück ins Seniorenheim, allein mit dem Bus.