Ja, die Telefonate sollten die Frauen ausserhalb der vier Wände führen, z.B. im Rahmen des Einkaufs. Wir haben auch die Polizei gebeten, jetzt verstärkt vom Recht Gebrauch zu machen, Platzverweise auszusprechen.
Nehmen Sie denn Frauen auf?
Ja, das tun wir. Aber auch wir müssen fragen: Haben Sie Erkältungssymptome? Hatten Sie Kontakt zu Infizierten? Es kommt auch auf den Schutz unserer Bewohnerinnen, ihrer Kinder und der Mitarbeiterinnen an.
Wie schützen Sie sich und die Mitarbeiterinnen?
Wir versuchen, Abstand zu halten. Die Kinderbetreuung findet eingeschränkt statt, beispielsweise nur die Kinder aus einer Familie und ausschließlich draußen.
Apropos Kinder: Die soziale Kontrolle durch Lehrer oder Kindergärtner fällt ja nun auch weg. Oft werden dort Striemen oder veränderte Verhaltensweisen entdeckt.
Das ist vollkommen richtig, für die Kinder gibt es gerade keine soziale Kontrolle oder sie ist stark eingeschränkt. Auch für die Mütter, die einem gewalttätigen Partner ausgesetzt sind, ist das schlimm. Wo sie sich früher Entlastung oder Hilfe holen konnte wie Kindergarten, Schule oder Hort, oder Beratungsstellen fällt das nun weg. Viele Frauen in gewalttätigen Situationen sind derzeit ausgeliefert.
Das klingt ehrlich gesagt frustrierend.
Auch wir müssen von Tag zu Tag blicken. Aktuell ist unser Angebot dahingehend eingeschränkt, dass wir zwar Frauen und Kinder aufnehmen, jedoch Fragen zum Infektionsrisiko stellen und im Frauenhaus zu unser aller Schutz die soziale Distanzierung einhalten müssen. Zur Zeit leben Säuglinge und Kleinkinder im Haus. Und ich möchte darauf hinweisen, dass wir weiterhin telefonische Beratung anbieten und so den Anruferinnen weiter helfen können. Die Anlaufstelle Sexuelle Gewalt ist an Mädchen und Frauen ist weiterhin unter der Telefonnummer 09721/185233 besetzt . Es läuft ein Anrufbeantworter und die Kollegin ruft zeitnah zurück.
Enrico Ball ist Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken. Er sagt zum Thema häusliche Gewalt im Ermittlungsbereich Unterfranken: "Im Vergleich der ersten beiden Märzwochen 2020 (01.03.-14.03.) mit der dritten bis vierten Märzwoche 2020 (15.03.2020-28.03.) ist keine steigende Tendenz feststellbar. Vergleicht man den März 2019 bis 30.03. mit dem März 2020 bis 30.03. ist ebenfalls keine steigende Tendenz feststellbar." Im Bereich Schweinfurt (Main-Rhön) wurden 2018 703 Anzeigen im Bereich häusliche Gewalt aufgenommen.