Die gemeinsamen Heimatabende gibt es seit 20 Jahren. Doch es wird immer schwieriger Sing- oder Tanzgruppen aus dem Egerland zu finden.
Das Ende des vom Nazi-Deutschland entfachten Zweiten Weltkrieges bedeutete für die Menschen aus den östlichen Gebieten des Deutschen Reiches Flucht oder Vertreibung. Vor genau 72 Jahren, im Mai 1946, kamen in Viehwaggons die ersten Vertriebenen aus dem Egerland in
Bad Kissingen an. Neben Heimweh nach ihrer verlorenen Heimat brachten sie auch ihr riesiges Kulturgut mit. In Franken heimisch geworden, pflegten sie nicht nur ihre mitgebrachte Kultur, sondern auch die Freundschaft zu ihren fränkischen Gastgebern und die Liebe zu ihrer neuen Heimat. Wie gut das Verhältnis zu den Franken ist, beweisen die vielen Egerländer-Fränkischen Heimatabende, die seit über 20 Jahren abgehalten werden. Eine kleine Auswahl von Mundartgedichten, Liedern und Musikstücken wurde jetzt bei einem Fränkisch-Egerländer Heimatabend im Rossini-Saal des Regentenbaues den Zuhörern vorgestellt.
Für die Organisatorin, Gabi Kanz, wird es immer schwieriger, Sing- oder Tanzgruppen aus dem Egerland zu finden. "Bei Blaskapellen ist das anders. Die reißen sich um einen Auftritt, da fast jede Egerländermusik im Repertoire hat. Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr noch Egerländer einladen kann. Es gibt aus Altersgründen kaum noch Gruppen der Egerländer", erläuterte Gabi Kanz. "Denn jene, die noch im Egerland geboren sind, sind alle über 70 Jahre alt. Daher droht die Kultur zwangsläufig auszusterben."
Einer, der dieses vor langen Jahren bereits erkannt hat, ist der im Egerland geborene Franz Egerer aus Trimberg. Bereits 1997 hat er beim Organisator des damaligen Fränkischen Abends, Ludwig Moritz, angeregt, gemeinsam mit den Ureinwohnern von Rhön und Saale einmal pro Jahr einen Fränkisch-Egerländer Heimatabend zu veranstalten. Neben dem bestehenden Fränkischen Abend sollte ein Abend durchgeführt werden, bei dem beide Kulturkreise gemeinsam im Mittelpunkt stehen. So auch beim jetzigen Fränkisch-Egerländer Heimatabend. Die Mitwirkenden des Heimatabends waren: Die Rhönmusikanten Waldberg mit dem Gesangsduo Daniela Söder und Martin Raab, unter der musikalischen Leitung von Markus Arnold, die Spessart Spielleut - Lissy und Hans Heiligenthal aus Hofstetten bei Gemünden, die Maßbacher Volkstanzgruppe. Auch für lustige, hintersinnige Gedichte in fränkischer Mundart war Hans Heiligenthal zuständig. Mit einem bunten Programm brachten die Mitwirkenden - auch wenn sie allesamt echte "Franggen" waren - mit viel Gefühl den Zuhörern die Heimat und Kultur beider Volksgruppen nahe. Ein Abend - spannend und unterhaltend - mit viel Sehnsucht, Melancholie und Sentimentalität, der unter die Haut ging. Durchs Programm führte Gabi Kanz in echtem "Fränggisch", mit einem wunderbaren Gespür, das die Seelen der Zuhörer berührte. Sie ist nicht nur eine charmante "Plauderin", sondern auch eine ausgezeichnete Sängerin und übernimmt dazu mit ihrer Gitarre die Begleitung. Waren vor einigen Jahren die gebürtigen Egerländer noch zuhauf vertreten, so befanden sich unter den rund 250 Zuhörern nur noch wenige, die im Egerland geboren waren. Dennoch begeisterte diese spritzige Mischung das Publikum,dessen Begeisterung keine Grenzen kannte und lautstark eine Zugabe forderte. Eine gelungene Veranstaltung, die zeigte, dass trotz mancher Vorbehalte und Vorurteile in der Nachkriegszeit, die "Egerländer" auch in Franken angekommen sind und ihre Kultur genauso geschätzt wird, wie die der "Franggen".