Die konzertante Landpartie war ein Genuss

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Sichtlich Spaß hatten die Musiker des Bayerischen Kammerorchesters bei ihrem Sommerkonzert unter dem Titel "Landpartie" -und das nicht erst beim lang anhaltenden Schlussapplaus. Fotos: Christian Dijkstal
Sichtlich Spaß hatten die Musiker des Bayerischen Kammerorchesters bei ihrem Sommerkonzert unter dem Titel "Landpartie" -und das nicht erst beim lang anhaltenden Schlussapplaus. Fotos: Christian Dijkstal
Beeindruckten mit Spielfreude und Virtuosität: Premysl Vojta (rechts) und Ondrej Vrabec.
Beeindruckten mit Spielfreude und Virtuosität: Premysl Vojta (rechts) und Ondrej Vrabec.
 

 Das Publikum erlebte ein prickelndes und anspruchsvolles Konzert des bayerischen Kammerorchesters Bad Brückenau. Auch die Musik vermittelte sommerliche Atmosphäre.

Restlos ausverkauft war das Sommerkonzert des Bayerischen Kammerorchesters Bad Brückenau, das in diesem Jahr unter dem treffenden Titel "Landpartie" stand. Die über 300 Zuhörer freuten sich über ein abwechslungsreiches, stimmig zusammengestelltes Programm, hörten ein bestens vorbereitetes Orchester, beeindruckende Solisten und erlebten gute zwei Stunden lang farbenfroh gespielte Musik in sommerlicher Atmosphäre.
Treffend war der Titel insofern gewählt, als über weite Strecken des Abends Waldhörner -mal offensichtlich, mal untergründig prägend - im Mittelpunkt der Musik standen. Vor allem durch deren besonderen Klang, durch die Verwendung von Jagd- und Naturmotiven im weiteren Sinn führten die Kompositionen ins Freie, ließen vielfältige Szenen vor dem inneren Auge des Hörers entstehen. Die freundliche Abendstimmung und Sommerluft, die durch zum Park hin geöffnete Türen in den warmen Festsaal strömte, unterstrichen diesen Effekt. Wie man es bei den Jahreszeiten-Konzerten des BKO gewohnt ist, gab dessen Chefdirigent Johannes Moesus eine kurze Einführung zu den gespielten Werken, die hilfreich war, musikalische An- oder Ausdeutungen beim Hören direkt zu erfassen.

Die Fortsetzung der Jagd

Den Aufbau von Franz Anton Hoffmeisters Sinfonie D-Dur "La Chasse" beispielsweise, worin der Aufbruch im Morgengrauen, die Mittagsmüdigkeit, die ermunternde musikalische Unterhaltung und die Fortsetzung der Jagd durchaus nachvollziehbar waren. Ein zarter, dunkel leuchtender Klang stand an deren Beginn. Doch bald entwickelte sich eine Vielfalt von Klängen und Eindrücken daraus: Hornquinten etwa, von den orchestereigenen Hornisten gespielt und verstärkt durch die Holzbläser, die diese Signalrufe klanglich in kammermusikkompatible Motive verwandelten; wunderbar waren sie als Ruf und Echo ausgestaltet, waren im Forte und im Piano farblich und in der Präzision gleichermaßen perfekt ausgeführt. Streicher deuteten Hufgeklapper an, Hörner das Hundebellen. Das Orchester stellte in den vier Sätzen quasi Kulissen auf, die es durch unterschiedliche Beleuchtung und das Aufbauen von Spannungsbögen hin zu ausdrucksstarken Pointen unmerklich verschob und dadurch fließende Übergänge in Sujet und Stimmung schuf. Die Bandbreite der flexibel spielenden Musiker reichte dabei vom kräftigen Grün bis zur Silberstift-Andeutung.

Sichtbare Spielfreude

Faszinierendes Aufrauschen von Streicherfiguren, anregende Dialoge, berührende, elegante Flötensoli, bukolische Bordune und viel Lächeln auf den Gesichtern der Ausführenden, dazu die Wechsel zwischen weichem, kräftigem Tönen und eher engem, zartem, immer klarem Klang, der Unterschied zwischen warmem Streichersound und dem aparten, feinen Holzbläsersatz im Menuett, das zu einer luftigen Serenade geriet, begeisterten.
Naturnähe, die auch Joseph Haydns Sinfonie G-Dur "Le Soir" bestimmte, die den Abend beendete; sie gab zahlreichen Ensemblemitgliedern Gelegenheit, sich solistisch vorzustellen. Neben zauberhaften Fagott-Cello-Dialogen, der imaginären Begegnung von Papageno mit Antonio Vivaldi, neben dem Sturm, den die Flöte im letzten Satz andeutet, den dunklen Wolken, die die Hörner an den Horizont malen und dem Regen, den das Cello erzeugt, neben den eindrucksvollen Orchester-Unisoni oder der Faszination chaotisch scheinender, tatsächlich allerdings geordneter Läufe blieb eins besonders im Gedächtnis: das Kontrabass-Solo mit charmanter Kadenz, das Matej Varga im Menuett spielte. Der junge Kontrabassist, der äußerst kurzfristig als Vertretung für die Vertretung der BKO-Bassistin eingesprungen war, avancierte -dank seiner Präzision, seiner spielfreudigen und zupackenden Musizierweise- nicht erst damit zum Publikumsliebling.
Dieses Prädikat teilte er freilich mit den beiden Gastsolisten Premysl Vojta und Ondrej Vrabec, die zu Antonio Rosettis Konzert für zwei Hörner und Orchester F-Dur eingeladen waren.
Ein hoch anspruchsvolles Werk für die Hornisten, bei dessen Anhören man mehrfach verwundert darüber war, wie man so komplizierte, ineinander verschlungene, rasche Figuren so intonationssicher, so rhythmisch präzise, klanglich schön und technisch so vollendet spielen kann. Rund und kräftig hoben die Hörner sich vom Klang des Orchesters, der hier der eines kleinen Sinfonieorchesters war, ab. Fesselnd gestaltete Vorhalte, muntere Dialoge, das unmerkliche Übernehmen und Fortspinnen eines Gedankens, den ein Solist begonnen hat, oder das heitere einander Zuspielen von Sequenzen: Den gut aufeinander eingestellten Musikern Vojta und Vrabec zuzuhören, war ein Vergnügen. Die von Vrabec stilsicher komponierte Kadenz verdient besondere Anerkennung; nicht nur, weil sie fantasievoll mit Rosetti-Material umgeht, sondern auch, weil sie in eine fantastisch schön klingende Lage gelegt und so ausgestaltet ist, dass man gelegentlich meinte, mehr als zwei Hörner zu hören.

Langer Applaus

Es wäre ein Versäumnis, die detailreiche Wiedergabe des Tongemäldes "Sommernacht" von Othmar Schoeck nicht zu erwähnen. Die Komposition, die zwischen sphärisch verklärt und bodenständig lebensfroh changiert, brachte einen weiteren, gänzlich andersartigen Blick auf das Thema ins Programm, das -wie das Wirken der Musiker- mit lang anhaltendem Applaus bedacht wurde.