Am Hammelburger Heroldsberg wird der Wald sich selbst überlassen. Der Stadtrat stimmte der Ausweisung einer gut 50 Hektar großen Kernzone eines Biosphärenreservateszu. Damit entsteht ein Stück Natur, das dem Bayerischen Wald ähneln wird.
In den Kernzonen verzichtet der Mensch auf eine Nutzung, er überlässt die Natur sich selbst. Hierdurch sollen die Ökosysteme geschützt werden. Bürgermeister Ernst Stross (SPD) erläuterte, die Kernzonen müssten mindestens drei Prozent der Fläche eines Biosphärenreservats einnehmen. "Eine Überprüfung hat ergeben, dass wir diesen Wert noch nicht erreicht haben", so Stross. Gelinge dies nicht, drohe eine Aberkennung des Unesco-Siegels Biosphärenreservat. Doch dieses sei auch sehr wichtig für den Tourismus. "In ganz Europa hat dieses Siegel eine hohe Wertigkeit", unterstrich der Bürgermeister.
Weil die Stadt über rund 2000 Hektar Wald verfüge, komme ihr bei der Bereitstellung der Flächen eine besondere Verantwortung zu.
Gemeinsam mit Hubertus Tumpach, Leiter des städtischen Forstbetriebs, und Forstoberrat Klaus Wilm seien die in Frage kommenden Flächen untersucht worden.
Herausgekommen sei hierbei ein Areal von 51,249 Hektar am Heroldsberg, Abteilung Örtel. "In diesem Gebiet gibt es einige Wanderwege, es dient der Naherholung, und dabei soll es auch bleiben", machte Stross klar. Es gebe auch eine verpachtete Jagdfläche, er habe mit dem Pächter gesprochen. Dieser sei einverstanden mit der Einrichtung der Kernzone.
128 000 Euro als Ausgleich Für die Hälfte des Gebietes erhalte die Stadt einen finanziellen Ausgleich vom Staat, wenn sie ab 2014, und nicht erst nach der Übergangsphase in zehn Jahren, auf einen Holzeinschlag verzichte. Bei 50 Cent pro Quadratmeter seien dies rund 128 000 Euro. Ihrer Verkehrssicherungspflicht komme die Stadt aber nach.
"Wenn ein morscher Ast auf einen Weg zu fallen droht, wird er beseitigt", gab Stross ein Beispiel.
Auch Landrat Thomas Bold (CSU) warb für die Ausweisung der Kernzonen. "Das Biosphärenreservat ist in Bayern ein Alleinstellungsmerkmal", betonte Bold. Ähnliche Schutzgebiete gebe es nur im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land. Um die geforderten drei Prozent zu erreichen, sei ein Beitrag der Kommunen nötig. Durch den Heroldsberg den Bereich mit Muschelkalkböden abzudecken, sei überdies sinnvoll.
Neben der vom Bürgermeister angeführten Entschädigung sei die Hälfte der Fläche auch auf das Ökokonto der Stadt anrechenbar. "Diese Gutschrift kann sie dann zum Beispiel als Ausgleichsmaßnahme beim Straßenbau verwenden. Oder sie kann an Firmen verkauft werden, wenn diese wegen eines Projekts Ausgleichsmaßnahmen durchführen müssten", erläuterte der Landrat.
Darüber hinaus erhalte die Stadt ein Pflegegeld, unter anderem für Arbeiten zur Sicherung der Wege. Dieses betrage 70 Euro pro Hektar und Jahr.
Es darf weiter gejagt werden Gejagt werden dürfe auch künftig, unter der Bezeichnung Wildtiermanagement. "Kirrungen sind nicht mehr möglich", benannte Bold eine Einschränkung. Jagdliche Einrichtungen blieben aber bestehen. Auch Forstschutzmaßnahmen seien erlaubt, zum Beispiel bei einem Borkenkäfer-Befall der Bäume.
Stadträtin Annemarie Fell (BfU/Grüne) fragte, wie viel der städtische Forstbetrieb in dem betroffenen Gebiet erwirtschaften könnte. Hubertus Tumpach erklärte, es handele sich um wenig ertragreiche Flächen mit "schwachwüchsigen Kiefern". Er halte einen Verzicht auf den Einschlag angesichts der Entschädigungen für gerechtfertigt.
Reinhard Schaupp, SPD-Fraktionssprecher, meinte, er sehe keine Nachteile. "Der Wegfall des Biosphärenreservats wäre aber eine Katastrophe", sprach er sich für die Kernzone aus. Ob es einen Bestandsschutz für die bestehenden Wege gebe, wollte 2. Bürgermeister Reimar Glückler (CBB) wissen. Ernst Stross antwortete: "Es gibt keinen Grund, sie umzuwidmen."
Christian Fenn (Junge Liste) gab zu bedenken, viele der vorhandenen Pfade seien sicher keine markierten Wege. Zudem seien im Laufe der Jahre Radfahrparcours entstanden, die vor allem von jungen Leuten genutzt würden. Hubertus Tumpach erwiderte, das Radeln im Wald sei ohnehin verboten. "Eine Einschränkung kann uns nur recht sein", bekräftigte er.
Problem: Geocaching-Verbot Auch am Verbot des Geocachings nahm Fenn Anstoß. In dem betreffenden Gebiet gebe es fünf Caches.
Für viele, insbesondere junge Leute sei die Suche nach den versteckten Behältern zu einem spannenden Hobby geworden, durch das sie dann auch mal in der freien Natur unterwegs seien. Landrat Bold entgegnete, es gehe hier nur um einen begrenzten Teil des Hammelburger Waldes. "Ich glaube nicht, dass dieses Hobby so sehr eingeschränkt wird", so Bold.
Einstimmig sprach sich der Stadtrat am Ende dafür aus, die Fläche von 51,249 Hektar als Kernzone des Biosphärenreservats Rhön einzubringen. Auf Wunsch von CSU-Stadtrat Stefan Seufert wurde die Beschlussvorlage noch um einen Passus ergänzt. Demnach wünscht die Stadt, dass mit der Kernzone auch eine Umweltbildungseinrichtung geschaffen wird.
... des städtischen Haushaltes ist Hauptgrund für die Ausweisung einer Kernzone am Heroldsberg in Hammelburg. Die Stadt hat schon vorher in diesem ertragsarmen Waldareal nicht viel gemacht. Nun bekommt die Stadt fürs Nichtstun in diesem Wald auch noch Geld. Viel schwerer wiegt die Sorge um den restlichen Stadtwald, 1950 Hektar, die seit 2010 gnadenlos einem Höchstmaß bis zum Limit der Bewirtschaftung und Abholzung unterworfen sind, mit extensivem Forstwegebau (2008 - 2015: 820 000 Euro), der zur Zeit stattfindet. Der Hammelburger Stadtwald wird zum reinen Wirtschaftswald mit breiten Forststraßen ausgebaut, und ist nur noch Kapitalfaktor für den überschuldeten städtischen Haushalt. Ein ertragsarmes Waldareal in einem solch ausgebeuteten Wald zur Kernzone zu erklären, ist keine Kunst. Es ist ein Geschäft unter vielen, mehr nicht.