Die Gemeinde will in der Unteren Marktstraße Tempo 30 anordnen lassen. Doch das Landratsamt lehnt das ab. Es gebe keine erhöhte Gefahrenlage, lautet eine der Begründungen. Bewohner sehen das anders.
Um die Straße am Marktplatz zu überqueren, braucht man als Fußgänger Geduld und Glück. Geduld, um abzuwarten, bis der Verkehrsfluss den Wechsel zur anderen Straßenseite ermöglicht, und Glück, dass ausgerechnet dann kein Raser kommt. Täglich rollen etwa 5000 bis 6000 Fahrzeuge durch die Untere Marktstraße, darunter auch zahlreiche große Laster und Transporter. Nicht immer halten sich die Fahrzeuge an die vorgeschriebenen 50 Stundenkilometer. Schließlich ist die Burkardrother Ortsdurchfahrt eine Staatsstraße (St 2290) und zudem eine wichtige Verbindung von und nach den Ortsteilen Stangenroth und Gefäll sowie in die Rhön.
Hohe Zahl an Passanten
Andererseits befinden sich hier im Zentrum des Marktes, entlang der Unteren Marktstraße, etliche Anlaufstellen für die Bürger: das Rathaus mit der Gemeindeverwaltung, die Apotheke, mehrere Ärzte, zwei Banken, die Kirche samt Pfarramt und Pfarrheim, die öffentliche Bücherei sowie Bäcker, Metzger und Friseur. Entsprechend hoch ist die Zahl der Passanten, die die Untere Marktstraße tagtäglich überqueren. Konflikte zwischen Autofahrern und Fußgängern sind da programmiert. Nicht zuletzt deshalb, weil es zahlreiche unübersichtliche Stellen und sogar ein Nadelöhr zwischen der Parkscheune und der Kirche gibt. Entspannung sollte deshalb eine Begrenzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 Stundenkilometer bringen. "Wir haben einen entsprechenden Antrag beim Landratsamt eingereicht", erklärt Bürgermeister Waldemar Bug (ödp). Die Anregung dazu kam aus der Bürgerversammlung, die im Frühjahr stattgefunden hat.
"Neu ist die Diskussion nicht", so das Ortsoberhaupt. Bereits vor sechs, sieben Jahren hätten sich Bürger dafür stark gemacht, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit in der Ortsdurchfahrt von Zahlbach und Burkardroth auf 30 Stundenkilometer begrenzt wird. Mit Erfolg. Seither gilt für Fahrzeuge, die zwischen der alten Zahlbacher Schule und der ehemaligen Metzgerei Grom nach Burkardroth unterwegs sind, Tempo 30. Seit einiger Zeit auch in entgegengesetzter Richtung.
Absage des Landratsamtes
Jetzt sollte die Begrenzung auch auf die Untere Marktstraße ausgeweitet werden und bis zum Abzweig Friedensstraße gelten. Doch die Behörde erteilte dem Ansinnen der Gemeinde bereits im August eine klare Absage. "Die gewünschte Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer kann nicht festgesetzt werden", heißt es in dem Schreiben des Landratsamtes. Mehrere Gründe werden für die Entscheidung genannt: So müsse die Anordnung zwingend geboten sein. Zwingend sei es dort, wo Verkehrsteilnehmer Gefahren nicht oder nicht rechtzeitig erkennen können. Eine nur abstrakte Gefahr oder eine Straße mit viel Publikumsverkehr genügten laut Behörde nicht.
Außerdem hat das Landratsamt zur Entscheidungsfindung mehrere fachtechnische Stellungnahmen eingeholt, unter anderem die Unfallzahlen der Polizei. "Unter Berücksichtigung der Unfallortauflistung der letzten fünf Jahre ist ersichtlich, dass keine erhöhte Gefahrenlage vorliegt", heißt es in der Ablehnung weiter. Zudem vertritt das Landratsamt die Ansicht, "dass ein Mehr an Verkehrszeichen nicht auch ein Mehr an Verkehrssicherheit bedeutet". Die vorhandene und zu hohe Regelungsdichte durch Verkehrszeichen würde zu einer Überforderung des Wahrnehmungs- und Handlungsvermögens und zu einer geringeren Akzeptanz führen. Die Verkehrsteilnehmer sollten vielmehr selbstverantwortlich Gefahrensituationen kritisch beurteilen und entsprechend handeln.
Gespräch blieb ohne Ergebnis
Anfang September fand ein Gespräch mit dem Leiter des Straßenverkehrsamtes statt, an dem außer Bug seine beiden Stellvertreter, die Ortsreferenten von Burkardroth und Zahlbach sowie Vertreter der Gemeindeverwaltung teilgenommen hatten. Allerdings ohne Erfolg. Im Oktober teilte der Leiter des Straßenverkehrsamtes mit, dass an der Entscheidung vom August festgehalten werde.
Neue Unterschriftensammlung?
Für Bürgermeister Waldemar Bug kam die Ablehnung des Landratsamtes nicht wirklich überraschend. "Wir sind bei diesem Thema schon immer auf Granit gestoßen", sagt er. Mehr könnten er und die Gemeindeverwaltung momentan nicht tun. Dennoch hat er die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass etwas an der schwierigen Situation geändert werden kann. Allerdings sei es Sache der Bürger, sich mit dem Landratsamt und der Ablehnung auseinanderzusetzen. "Es können ja erneut Unterschriften gesammelt und dort eingereicht werden", sagt er.
Der Artikel ist mit einem Bild anschaulich hinterlegt. Nur, wo soll da ein Raser herkommen? Die tägliche Verkehrssituation rund um den Marktplatz ist tagsüber sehr belebt und lässt doch eigentlich eine Geschwindigkeit weit jenseits der 30 km/h gar nicht zu. Einige unvernünftige Ausreißer hat man immer, egal ob Tempolimit oder nicht. Die rein subjektive Einschätzung einer überhöhten Geschwindigkeit, so hat das die Behörde schon festgestellt, darf aber rechtlich nicht Anlass einer Beschränkung sein (Das wurde ja bekanntermaßen schon im vorderen Teil der Forstmeisterstraße praktiziert, wo dem ständigen Quengeln eines Anwohners nachgegeben wurde). Was soll also dann eine Geschwindigkeitsbegrenzung bewirken? Die Grundlage für eine technische Überwachung (=Radarkontrollen)? Hoffentlich erwischt es dann nicht die, die am lautesten rufen. Bezüglich einer strengeren Verkehrsüberwachung müsste man dann, im Rahmen der Gleichbehandlung aber auch andere Verstöße ahnden. Die Verfasserin erwähnt das auf dem Bild geparkte Fahrzeug eines Bewohners der Gemeinde: halbseitig geparkt auf Gehweg (20 EUR) entgegen der Fahrtrichtung (15 EUR). Man sollte sich im Vorfeld mal Gedanken machen über den Sinn und Zweck einer solchen engmaschigen Reglementierung!