Der Gesangverein Zeitlofs ist 130 Jahre alt. Den Sängern geht es wie vielen anderen Vereinen, die Zahl der Aktiven sinkt immer weiter.
Es gibt unzählige Beispiele davon, wie sich der demographische Wandel auf den Alltag der Menschen in den Dörfern des Landkreises niederschlägt. Eins davon ist das Vereinssterben. Auch in Zeitlofs nagt der Zahn der Zeit an den Vereinen. Was eigentlich ein schöner Anlass zum Feiern sein sollte, ist leider von Wehmut überschattet.
Zum 130-jährigen Bestehen des Gesangvereins, der ein wichtiger Bestandteil des Dorflebens war, besteht der Verein nur noch aus wenigen Dorfbewohnern. Zehn aktive Männer und Frauen sind es genau, doch das ist zu wenig.
Herbert Hartmann, Kassierer des Vereins und seit 50 Jahren dabei, ist einer der verbliebenen Mitglieder. Sein Vater habe im Verein gesungen, und so sei er mit 16 Jahren ebenfalls eingetreten. Ihm bedeute der Verein viel.
Deswegen engagiere er sich auch neben seiner Arbeit im eigenen Betrieb aktiv für die Erhaltung des Vereins.
Vierstimmig geht nicht mehr
Vor knapp zehn Jahren sah die Mitgliederstruktur noch gut aus. 27 Mitglieder zeigt das Bild aus dem Jahre 2005, das an der Bilderwand im Proberaum hängt. Wehmütig schauen sich Hartmann und Vorsitzender Joachim Goebel die Bilder aus der Vergangenheit an.
Sie zählen auf: Viele Mitglieder sind verstorben, haben aus Gesundheitsgründen aufgehört oder sind weggezogen. Der Rest, "der harte Kern" nennen Hartmann und Goebel die Verbliebenen, können nicht mehr gemeinsam singen, denn der Chor singe vierstimmig, und drei Mann pro Stimme seien Minimum. "Der Ursprung war ein reiner Männerchor, dann sangen auch Frauen mit, und heute haben wir eine Chorgemeinschaft mit Rupboden", meint Hartmann.
Seit 25 Jahren sind die Gesangvereine Rupboden und Zeitlofs jetzt eine Chorgemeinschaft. Dann seien sie etwa doppelt so viele. Und es wird wöchentlich geprobt. Im Sommer in Zeitlofs und im Winter in Rupboden. "Nach den Proben pflegen wir die Geselligkeit und fahren in eine Kneipe, denn in Zeitlofs selbst gibt es ja keine mehr", meint Goebel.
Weitere Zusammenlegung?
Goebel ist seit einem Jahr Vorsitzender.
Sein Vorgänger - Werner Spahn - war 32 Jahre lang an der Spitze des Vereins und musste aus gesundheitlichen Gründen aufhören. "Uns fehlt auch der Dirigent, denn er ist krank", meinen die Männer. Manchmal helfe Adam Reusch als Ersatz aus. Doch eine Lösung gebe es nicht. Der nächste Schritt wäre vielleicht eine Zusammenlegung mit Roßbach, mutmaßen Hartmann und Goebel, doch das müsse natürlich von allen Seiten Anklang finden.
Noch zum
hundertjährigen Bestehen des Gesangvereins war dem damaligen Vorsitzenden die Zelter-Plakette überreicht worden - eine Auszeichnung für Chorgemeinschaften, die sich im langjährigen Wirken besonderer Verdienste um die Pflege der Chormusik verdient gemacht haben. Eine Ehre für den Verein. Doch wie soll es weitergehen? Versinkt das Kulturgut des Gesangvereines für immer? Der Nachwuchs fehle, der Altersdurchschnitt bei den Verbliebenen liege bei etwa 70
Jahren, schätzt Hartmann. "Wir sind zum Sterben verurteilt", sagt er resigniert.
Gastchöre
Zum aktuellen Jubiläum soll jedoch erst einmal gefeiert werden - mit den befreundeten Gesangvereinen aus Hessen und Bayern sowie den Grumbühler Musikanten, und zwar am Samstag, 4., und Sonntag, 5. Juni in Zeitlofs in der Altengronauer Straße 1. Am Samstag beginnen die Gastchöre ab 19 Uhr zu singen.
Am Sonntag gibt es früh eine Messe in der Dreifaltigkeitskirche, anschließend spielen die Grumbühler zum Frühschoppen und zum Mittagessen. Danach gibt es ab 14 Uhr musikalische Unterhaltung mit den Gastchören. Übrigens: Vor 100 Jahren lag der Mitgliedsbeitrag bei zehn Pfennigen pro Monat. Heute sind es 15 Euro pro Jahr. Auch solche kleinen Aspekte gehören zur Erinnerung dazu.
Im letzten Jahr wurde doch ein neuer Vorsitzender und Vorstand gewählt. Was ist da passiert? Wohl gar nichts? Man sprach großspurig von der Akquise junger und neuer Mitglieder. Der Verein hat ja weder eine Homepage, noch einen Facebookauftritt. Junge Mitglieder muss man da abholen, wo sie Zuhause sind und zwar in den neuen Medien. Mein Onkel wird sich im Grabe rumdrehen, wenn er noch mit ansehen müsste, wie der Verein verreckt ist.
Warum handelt der verantwortliche Vorstand nicht, statt hinter alten Zeiten herzujammern? Die Mitgliederentwicklung lässt sich doch schon lange voraussehen. Da müssen Gespräche geführt werden, Kontakte geknüpft und Fusionen eingeleitet werden oder aber bitte ehrenvoll den Verein zu Grabe tragen. Aber bitte hier keinen Tod auf Raten zelebrieren. Das haben die altgedienten Mitglieder bei Gott nicht verdient.