Seine Freunde und Bekannte nennen ihn nur Charly - und er hat viele Freunde und Bekannte. Und weil ihm das Sprechen und Erzählen in Gesellschaft noch nie schwergefallen ist, plauderte er auch im wieder gut besuchten Saal im Haus St. Michael munter drauf los.
Er sprach über seine Kindheit in Osterholz-Scharmbeck, wo er in einer Kolonialwarenhandlung aufwuchs, über den frühen Verlust des Vaters, über Kriegsjahre, Lebensmittelmarken, Kinderlandverschickung und Bombennächte.
Er erzählte auch vom Besuch der Oberschule in Bremen, dem Einmarsch der Engländer und Amerikaner, seinen jugendlichen Ambitionen als Dolmetscher und von bis heute bestehenden Bekanntschaften zu Besatzungssoldaten. Und da war da noch das Mädchen, das aus einem Zugfenster schaute und den jungen Hanseaten dazu verleitete, einfach in diesen Zug zu steigen und mitzufahren. Die Verbindung mit seiner aus Hambergen stammenden Anita besteht nun seit fast 60 Jahren; 1954 vor dem Traualtar geschlossen in derselben Kirche, in der einst auch Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt seiner Loki das Ja-Wort gab. Im gemeinsamen Wohnort Bremen wurden die ersten beiden Kinder geboren, drei weitere kamen später in Unterfranken dazu.
Scharf berichtete von seiner Tätigkeit als Reisender für den Kaffee-Konzern Jakobs, die ihn mit Familie 1959 nach Unterfranken brachte. Hier war er zuständig für die Frischdienstversorgung mit Kaffee in sechs Landkreisen. Bei einer Verkaufstour hatte es sich ergeben, dass im Gespräch mit Kunden sich eine Wohnung am Karlsberg in Münnerstadt anbot - bei Reinhold Back, der als ehemaliger Marinesoldat fast ein Seelenverwandter war. Und in Münnerstadt leben die Scharfs heute noch.
Karl Scharf erzählte von abenteuerlichen Kundenbesuchen zwischen Wildnis und Einöde längs der Zonengrenze, von unheimlichen Begegnungen mit Volkspolizisten und von dem ihm oft vorgelegten Buch mit sieben Siegeln der fränkischen und Rhöner Mundart.
"Kaffee-Höüg" nannte man ihn. "Anfangs sprach ich die Kundschaft immer mit dem gewohnten ,Guten Tach' an, schon lange aber sage ich ,Grüß Gott'" meint Scharf lachend dazu. Er berichtet von beruflichen Erweiterungen und großen Warenlagern in Kitzingen und Nürnberg. Und von der Versetzung und Zuständigkeit für die Kundenbereiche München, Oberbayern, Allgäu, die zum Glück nicht lange währte. Denn im beschaulichen Münnerstadt, wo jeder jeden kannte, hatte sich Charly bald ins Gemeinschafts- und Vereinsleben eingegliedert, er gehörte dazu, war angesehen, brachte sich ein. "Meine Anita hat mir das ermöglicht, sie stand treu und brav zu mir und kümmerte sich um unsere fünf Kinder."
Ab 1966 gehörte Scharf dem Stadtrat an, unter drei Bürgermeistern bestimmte er mehr als vier Jahrzehnte über Wohl und Wehe der Stadt mit, war 18 Jahre Sportreferent, und Kreisrat war er auch. Besonders stolz ist Scharf, der sich in vielen Vereinen und sozialen Bereichen engagierte, auf Würdigungen wie die bayerische kommunale Verdienstmedaille und die Stadtmedaille in Gold.
Ehrenvorsitzender des TSV Er berichtete den Zuhörern im Erzähl-Café auch aus seiner aktiven Fußballerzeit als Tormann, seiner Tätigkeit als Vorsitzender des TSV, dem Zusammenschluss der beiden Sportvereine und dem Bau des Sportzentrums. Seit 1985 ist er Ehrenvorsitzender des TSV. Rückblickend meint Karl Scharf, der vor einem Monat seinen 80. Geburtstag feiern konnte und mit Leib und Seele, wenn auch norddeutschem Zungenschlag, ein engagierter und richtiger Mürschter geworden ist: "Wir können alle stolz auf unsere Stadt sein", sagt Scharf, der seit 1990 im Ruhestand ist, sich nach wie vor für alles in und um Münnerstadt interessiert und seinem Lebensmotto treu geblieben ist: "Behandle jeden Menschen so, wie du behandelt werden möchtest!"