Auch eine Ohrfeige hat Anneliese Albert nicht bremsen können.
Diesmal führte seine Frau das große Wort. Erzähl-Café-Moderator Eugen Albert durfte sie zwar vorstellen, musste aber dann zuhören, was sie zu erzählen wusste. Anneliese Albert war aber nicht angetreten, um aus ihrem beruflichen oder familiären Leben zu erzählen, sondern Spezielles unter dem Motto: "Eine Laienspielerin erzählt: Vom Weihnachts-engel zur Oberbürgermeisterin im Heimatspiel."
Und da konnten die Zuhörer erfahren, was sozusagen als zweite Seele in der Anneliese schlummert, schon seit ihrer Kindheit und mit Begeisterung und Vehemenz ausgelebt, wann nur möglich. In der Mitte des vergangenen Jahrhunderts geboren, in Münnerstadt aufgewachsen, hier gelebt und fast vierzig Jahre an der Schule als Lehrerin tätig gewesen, verheiratet mit ebenfalls einem Schullehrer, zudem Mutter von drei Kindern, schlummerte in ihr immer die große Leidenschaft am Laienspiel - und die durfte auch oft ausbrechen und
sich vielfach entfalten.
"Schon als Kind spielte ich gerne Kasperle-Theater, erfand mit meinen Puppen Familienspiele, erinnere mich gerne an Theateraufführungen der Klosterschüler und Seminaristen und kam unverhofft mit acht Jahren zu meiner ersten Schauspieler-Rolle: Als Verkündigungsengel bei einem Weihnachtsspiel im Juliusspital."
Kurz darauf meldete sie sich bei den Tanzmädchen der Heimatspiel-Laiengruppe und durfte den Erntetanz "Heisa juheisa" mit einstudieren. Und dabei setzte es wegen einer kurzen Unaufmerksamkeit eine Ohrfeige. Aber: "Auch eine Ohrfeige von Schwester Michaela konnte mir die Begeisterung für das Heimatspiel nicht verderben." Bis vor zwei Jahren war Anneliese Albert als aktive Mitwirkende dabei, jetzt ist sie Spielleiterin. Sie erinnerte an bekannte Darsteller des Heimatspieles, deren Besonderheiten und Marotten, welche sie bis heute nicht vergessen hat.
Während ihrer eigenen Schulzeit trug die spätere Rektorin gerne Gedichte vor. Als Gymnasiastin trat sie der kirchlichen Jugendorganisation MC (Marianische Kongregation) bei, dort wurde Puppentheater gespielt. Sie erinnert sich noch genau an ihre Rolle als Prinzessin "Fifi". "Hallo Fifi, wie geht's?", wird sie noch heute von ihrem damaligen Mitspieler, dem "Kasperle" Johannes Bloching, scherzhaft angesprochen.
P. Siegfried Back, OSA., der damalige Präses, verfasste eigene Theaterstücke, mit denen Anneliese Albert (damals 13 Jahre) und ihre Mitspieler sogar auf Tournee gingen. Voller Stolz erinnert sie sich daran, dass 1963 zur Einweihung des neuen Gymnasiums an der Reichenbacher Straße von Schülern die griechische Tragödie "Antigone" aufgeführt werden sollte.
"Es gab damals schon ein richtiges Casting, und weil ich die Rolle nicht nur vorlas, sondern gleich mit Ausdruck und Emotion gestaltete, bekam ich die Hauptrolle der Antigone." Sogar vom Bayerischen Fernsehen sei das Stück aufgezeichnet worden.
Mit 17 Jahren wurde ihr - im Wechsel mit Brigitte Vogel - die Rolle der Bürgermeisterstochter Ottilia im Heimatspiel angetragen, welche nur von unverheirateten Darstellerinnen gespielt werden durfte. 1970, als Anneliese und Eugen Albert heirateten, war es dann vorbei mit dem Bürgermeisterstöchterlein. Die folgenden acht Jahre waren ganz der beruflichen und familiären Aufbauarbeit gewidmet, das Laienspiel musste warten. Ab 1978 übernahmen die Eheleute Albert in der Hans Sachs-Spielgruppe mehrere Rollen; seit nunmehr 35 Jahren treten sie und weitere Akteure mit den manchmal sehr derben und frechen Stücken des fränkischen Dichters auf.
Anneliese erinnerte an sehr viele Begebenheiten - und musste dabei manchmal selbst lauthals lachen. So erzählte sie von polizeilichem Einschreiten, weil ein Polizist die schlagkräftige Rolle eines Mitspielers missverstanden hatte. Ihre Gagen stellte die Spielgruppe der Heimatspielgemeinde zur Verfügung, denn ihre Einstellung war: "Wir müssen dankbar sein, dass wir spielen dürfen und anderen Menschen damit Freude bereiten können."
Gut zwei Jahrzehnte gab es auch eigene Sommertheater (Leitung Winfried Hanshans), die zumeist im Schlosshof oder in der Alten Aula aufgeführt wurden. Mit auf der Bühne waren auch die Alberts. Der Publikumszuspruch war meist sehr groß, so dass sich einmal jemand beschwerte: "Es war wunderschön.
Aber wir haben nichts gesehen." Viele Jahre war Anneliese auch aktive Mitwirkende bei den Kolping-Faschingsveranstaltungen, pausierte allerdings während der Amtszeit ihres Mannes als Bürgermeister. Doch nun hat sie wieder Fasnachtsblut geleckt ...
Weil Anneliese und ihrem Mann Eugen das Heimatspiel und viele Textpassagen daraus sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen sind, werden auch im Alltag oft passende Zitate hergenommen. In einem kurzen Zwiegespräch-Sketch gaben die beiden eine Kostprobe davon, was zur großen Erheiterung im Kreise der Zuhörerschaft führte. Mitgebracht hatte Anneliese Albert auch einige Fotoalben, mit Szenen aus ihrem fast sechs Jahrzehnte währenden Zweitleben als Laienspielerin.