Auch in der heutigen Zeit lassen sich noch junge Leute für einen Chor begeistern. Es kommt im Wesentlichen auf die Stücke an, die gesungen werden.
"O-o-o-o-o-o-oo!", klingt es hell durch das Pfarrheim in Hausen: Dreiklang rauf, Sexte dazu, Dreiklang wieder runter. Schwupp -das Ganze einen Ton höher. Und noch ein bisschen höher geht es. Zwischendurch lacht jemand. Neun Mädchen und ein Junge bereiten sich mit Einsing-Übungen auf eine Chorprobe vor.
"Denkt an den Trick mit dem Straßenbahngriff bei den hohen Tönen", fordert Antje Kopp auf. Die Aschacherin leitet den Hausener Jugend-Projektchor, der gerade mit sichtlichem Spaß in sein wöchentliches Training einsteigt. Nächste Übung: Terzketten aufwärts und abwärts, erst einstimmig, dann mehrstimmig. Das klappt ganz gut. Erstaunlich für einen jungen Chor, der gerade dabei ist, sich überhaupt erst zu finden.
Was Antje Kopp vor der Probe erzählt hat, lässt ahnen, woran das liegt. Sie hat zuvor den Kinder- und Jugendchor "SaaleCHORallen" geleitet. "Es waren am Ende nur noch acht Leute", bedauert sie. Das war einfach zu wenig, um größere Räume noch akustisch zu erfassen. "Aber die Mädchen wollten gerne weiter singen."
Als Wolfgang Werner von der Chorgemeinschaft Hausen Antje Kopp fragte, ob sie dort ein Jugendchor-Projekt übernehmen würde, hat sie ja gesagt. Und so bilden ehemalige "Chorallen", die mit ihrer Leiterin mit gezogen sind, den Stamm des Hausener Jugendchores, der sich am 18. Februar zur ersten gemeinsamen Probe traf.
Die Chorleiterin freut das vor allem aus musikalischen Gründen: Die "SaaleCHORallen" waren es gewohnt, zwei- und dreistimmig zu singen. "Die Stabilität haben wir mitgenommen." Das ist gut für einen Neubeginn, denn: "Mehrstimmiges Singen hört sich gleich schon ganz anders an."
Unterschiedliche Besetzung 14 Leute sind es normalerweise; zwölf Mädels, zwei Jungs. Sie kommen aus verschiedenen Orten, von Aschach bis Winkels. Die Jüngste ist elf, die Älteste 18 Jahre alt. Das ist ungefähr auch die Altersgruppe, die sich angesprochen fühlen sollte: Sängerinnen und Sänger zwischen elf und 21 Jahren.
Als Projekt wird der Chor geführt, um erst einmal zu schauen, was machbar ist. Es ist die achte Probe heute. "Und die achte unterschiedliche Besetzung." Froh ist Kopp, dass sie auf ihre "Großen" immer bauen kann, die eine gewisse Sicherheit garantieren. Denn erst einmal gilt: Wer kommen mag, soll kommen. "Man darf, aber man muss nicht gleich mitsingen", erklärt die Chorleiterin. "Und man darf sich das auch zwei oder drei Mal überlegen."
Eine "Neue" ist heute dabei, Laura. Ihre Freundin Monique hat sie mit hergebracht. Wie die meisten, die hier singen, hat sie Chorerfahrung. "Ich hab‘ ihr ein paar Lieder gezeigt, die wir singen, die fand sie cool", erzählt Monique.
Es kommt weniger auf Intonation an Der Chorleiterin ist es wichtig, dass die jungen Leute "ans Singen kommen". Daher liegt die musikalische Ausrichtung zunächst im Bereich des Pop-Chor-Repertoires. "Da ist es einfacher, zu singen. Hier kommt es erstmal weniger auf die Intonation an, als vielmehr das ,Rüberbringen‘ der Musik." Eventuell könne später auch mehr dazu kommen; ein einfacher Mendelssohn-Satz beispielsweise. Das werde sich auch danach richten, was die Jugendlichen gerne singen. "Sie und ich müssen es gerne machen." Und natürlich müsse sie sich bei der Literaturauswahl daran orientieren, was dem Chor möglich sei.
Leonard Cohens "Hallelujah" ist heute das erste Stück; der Chor hat es schon mehrfach geprobt. Ein paar einzelne Stellen singt Kopp mit den verschiedenen Stimmen an, dann wird es zusammengesetzt. Es klingt noch etwas zaghaft, aber schön. Dann geht es an Colbie Caillats "Brighter than the Sun", genauer: an die unterschiedlichen Refrain-Versionen. Kopp gibt Anweisungen, wie die jungen Sänger vorgehen sollen.
René Schmitt, einziger Junge in der heutigen Probe, schaut derweil zur Seite -und wird freundlich ermahnt. "Ich bin dabei", verteidigt er sich, "ich hab‘ zugehört." Und dann rezitiert er ganz genau Kopps Worte. Jungs ticken einfach ein bisschen anders; das wirkt dann schonmal, als wären sie nicht bei der Sache. Doch wer sie als Sänger einmal begeistert hat, der hat sie in der Regel richtig.
Gemeinsam macht es mehr Spaß "Ich finde Singen toll", sagt er. "Gemeinsam Singen macht einfach mehr Spaß, als alleine Singen." Die anderen stimmen ihm zu. Und es gibt noch mehr Gründe, in einem Chor mit Gleichaltrigen zu singen. Für jede und jeden sind sie anders. "Mein Papa hat immer gesagt: ,Du hast eine schöne Stimme‘", erzählt zum Beispiel Romy Scherner. "Und ich singe gerne." Also ist sie in den Chor nach Hausen gegangen, obwohl sie dort niemanden kannte. Aber genau das kann auch ein Anreiz sein: "Man lernt so auch neue Leute kennen", meint René.
Veronika Neckermann gibt ihm Recht und nennt einen weiteren Aspekt: "Man kann sich einfach durch die Musik ausdrücken. Je nachdem, welche Lieder man singt, kann man Traurigkeit oder Fröhlichkeit zeigen."
Die Mädchen wünschen sich übrigens mehr Jungen im Chor: "Es hört sich einfach besser an, wenn Jungen und Mädchen zusammen singen", sagt Victoria Schöniger. Ihre Mitsängerin Josephine Kopp ergänzt: "Dann kann man noch andere mehrstimmige Lieder singen, auch mit tieferen Stimmen." Victoria findet außerdem: "Auch die Proben sind dann lustiger."
Von denen abgesehen, möchten die Jugendlichen gerne Ausflüge und Chorwochenenden machen. "Die sind immer ein Hit", weiß Antje Kopp aus Erfahrung. Doch zunächst soll der Chor noch wachsen. "Coole Lieder - junge Leute", wirbt Veronika.
Dann geht‘s weiter mit rhythmischem Textsprechen, stimmweisem und gemeinsamem Singen, und der Zuhörer merkt: Es entsteht eine schöne Dreistimmigkeit, der Klang wächst, die Sänger trauen sich -und sind mit Begeisterung dabei.
Proben Wer es selber ausprobieren möchte, kann ohne Anmeldung vorbeischauen. Proben finden immer (außerhalb der Ferien) montags von 18.30 Uhr bis 20.00 Uhr im Pfarrheim Hausen statt. Fragen zum Chor beantworten Antje Kopp unter Tel.: 09708/60 192 und Wolfgang Werner unter Tel.: 0971/ 78 58 665.
kdc