Boys' Day soll Jungen in Pflegeberufe bringen

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Jonas Bühner muss am Donnerstag nicht in die Schule, hat aber trotzdem einen anstrengenden Tag vor sich: Beim Boys' Day in einem Seniorenheim. Foto: Christian Dijkstal
Jonas Bühner muss am Donnerstag nicht in die Schule, hat aber trotzdem einen anstrengenden Tag vor sich: Beim Boys' Day in einem Seniorenheim. Foto: Christian Dijkstal

Jonas Bühner freut sich darauf, dass er am Donnerstag einen ganzen Tag lang in die Welt der sozialen Berufe hineinschnuppern darf, in der fast nur Frauen arbeiten. Der Gymnasiast sieht dort aber nicht seine berufliche Zukunft: Weil die Anerkennung fehlt.

"Ich freu' mich auf den Donnerstag", sagt Jonas Bühner strahlend. Er hat sich zur Teilnahme am bundesweiten "Boys' Day", dem "Jungen-Zukunftstag", gemeldet. Gemeinsam mit anderen wird er einen Tag in die Welt der Pflegeberufe hinein schnuppern.

Die "Arbeitsgemeinschaft Intensivpflege Nordbayern e. V." richtet den Tag aus und hat ein ebenso abwechslungs- wie lehrreiches Programm zusammen gestellt, das die Jungs in die Bad Kissinger Bavaria Klinik und in das Seniorenheim am Saaleufer in Bad Bocklet führen wird.

Nach einem Vortrag "Traumjob Altenpfleger/Krankenpfleger" stehen verschiedene Workshops auf dem Programm - und die werden es, wie Michael Weh ner, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft, verrät, zum Teil ganz schön in sich haben.

Mutter ist Krankenschwester

Jonas hat vom "Boys' Day" aus der Zeitung erfahren. "Vorher sagte mir das eigentlich nichts." Der "Boys' Day" dient - analog zum "Girls' Day"- dazu, Jungen Aufgaben und Berufe vorzustellen, die typischerweise als "Frauenberufe" gesehen werden. Pflegeberufe gehören dazu. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts waren 2011 nur 21 Prozent derer, die einen Ausbildungsplatz in der Pflege angetreten haben, männlich.

Was Jonas bewogen hat, am "Boys‘ Day" teil zu nehmen, war das, was unter dem Motto "Finde Deinen Weg in der Pflege" steht. "Da ich in der Schule den sozialen Zweig nehme, dachte ich, ich melde mich." Völlig "unbelastet" ist der Zwölfjährige nicht: Seine Mutter ist Krankenschwester, sein Vater ehemaliger Krankenpfleger. Selbst einmal in einen Pflegeberuf zu gehen, darüber hat Jonas noch nicht nachgedacht. Genau dazu aber soll dieser Tag anregen: Die Jungen sollen sich genauer anschauen können, was es da alles gibt. Und Pflegeberufe in die Berufswahl zumindest einbeziehen.

Lebensretter

Wehners Vorstandskollege in der Arbeitsgemeinschaft, Dieter Weber, sagt: "Es gibt einen bunten Blumenstrauß an Möglichkeiten in der Pflege." Die sollen sie kennen lernen. "Und selbst, wenn sie sich nicht für einen solchen Beruf entscheiden, haben sie zumindest einmal gesehen, dass Krankenpfleger kompetente, hochqualifizierte Fachkräfte sind", ergänzt Michael Wehner.

"Wir möchten die Jungen nachhaltig begeistern, sie aufmerksam machen, dass wir Pflegekräfte extrem wichtig für die Gesellschaft sind, weil wir auch Lebensretter sind. Wir wischen nicht nur alten Leuten den Po ab und tragen Nachttöpfe herum." Die Pflegeberufe, da sind beide sich einig, haben einen zu geringen Status in der Gesellschaft. "Die Professionalität wird nicht wahrgenommen."

Schwerpunkt: Reanimation

Das "Boys' Day"-Programm der Arbeitsgemeinschaft hat in jedem Jahr einen Schwerpunkt; diesmal heißt er "Reanimation", und die wird bei einem eigenen Workshop mit Reanimationspuppe, mit Pulsmessen, Mund-zu-Mund- und -Nasenbeatmung ausführlich behandelt. "Das interessierte mich", erzählt Jonas, der Spaß an naturwissenschaftlichen Fächern hat.

Und er freut sich, dort andere kennen zu lernen. Das wird beim gemeinsamen Zubereiten des Mittagessens mit den Bewohnern des Seniorenheims ebenso möglich sein wie beim Workshop "Hilfsmittel in der Pflege", bei dem es, nachdem der "seriöse" Teil vorüber ist, unter anderem eine Rollstuhlralley geben wird.

Schulen halten sich zurück

"Ich hab‘ noch nie in einem Rollstuhl gesessen", sagt Jonas, der gespannt ist, was ihn erwartet. Etwas zu lernen erhofft er sich vom "Boys‘ Day", aber auch, Spaß zu haben. Beides soll der Tag den Teilnehmern bringen. "Wir bemühen uns immer, die Themen auch etwas peppig aufzubereiten", sagt Michael Wehner. Aber er weist auch darauf hin: "Es ist kein Chill-Tag, sondern ein sehr anspruchsvoller Tag. Er dauert auch länger als ein Schultag."

Mitarbeiter nehmen sich Zeit

Jedes der fünf teilnehmenden Unternehmen stellt Mitarbeiter ab, die sich um die Jungen kümmern. "Es steckt sehr viel Engagement dahinter, weil wir den jungen Menschen auch zeigen, wie wichtig sie uns sind."

Ein wenig Unverständnis mischt sich an dieser Stelle bei den Ausrichtern des Aktionstages in die Vorfreude. "Die Schulen unterstützen uns nicht sehr gut", sagt Michael Wehner, und Dieter Weber ergänzt: "Wir würden uns wünschen, einen besseren Kontakt mit Schulen zu haben -auch, um eventuelle Bedenken auszuräumen."

Rühmliche Ausnahme ist die Saaletal-Schule, von der zwölf Jungen und ein Lehrer am "Boys‘ Day" teilnehmen. Außer ihnen haben vier Jungen von anderen Schulen sich angemeldet. Wer aber bis her am "Boys‘ Day" teilgenommen hat, wissen die Veranstalter, war bisher immer beeindruckt. Vom ersten Jahrgang kamen drei Jungen im Folgejahr gleich wieder -und brachten vier Mitschüler mit.

Kann sich Jonas grundsätzlich vorstellen, in einen Pflegeberuf zu gehen? "Eigentlich nicht", sagt er. "Ich bin auf dem Gymnasium, und wenn ich Abitur gemacht habe, ist das vielleicht ein bisschen wenig." Doch auch hier gibt es Möglichkeiten, aufzusteigen, sich zu qualifizieren, zu studieren. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Und mit dem Metier einmal in Berührung gekommen zu sein, kann zumindest nicht schaden.