Der älteste Reiterswiesener Bildstock ist zur Steinsanierung abgebaut worden. Tiefe Risse gefährden das Denkmal.
Am 15. Juni 1619 ist Jorg Borst durch "eines Baumes Fall erdötet worden". Wir wissen heute vom Unfall des Reiterswiesener so viel, weil seine Nachfahren relativ schnell zu seiner Erinnerung ein "Marterl", also einen Bildstock, aufstellen ließen, das noch heute an der durch Reiterswiesen führenden Kissinger Straße steht. Zwar wurde sein Standort im Lauf der Jahre dem Straßenverlauf angepasst, aber eigentlich stand er schon immer, und das seit fast nunmehr 400 Jahren, an der Auffahrt zur Burgruine Botenlauben.
Aber auch Steine kommen in ein Alter, in dem ihnen die Natur mehr anhaben kann, als einem "jungen Stein". Vor allem der rote, fränkische Buntsandstein aus der hiesigen Gegend ist sehr "wetterfühlig", soll heißen, er bekommt leicht Risse. Und wenn dann Wasser eindringt und ein kalter Winter dazu kommt, platzen leicht ganze Teile ab.
Nicht mehr Stand der Technik Vor rund 20 Jahren hat der Stein schon einmal eine Gesundheitskur verschrieben bekommen, wurde mit Acryl getränkt und zeigt dennoch nun wieder größere Risse. Ein Verfahren, das man laut Steinrestaurator Petro Schiller heute so nicht mehr anwendet, auch schon deswegen, weil die dabei verwendeten Chemikalien nicht ungefährlich sind. "Im Winter einhausen" ist der spontane Ratschlag des Steinmetzen und Restaurators, der ein Atelier in Königsberg in Bayern betreibt. Und Schiller muss es wissen, inzwischen hat er fast ein Dutzend ähnlicher Bildstöcke aus dem gleichen Zeitraum restauriert.
Noch etwas sticht dem Steinfachmann gleich ins Auge: "Das auf dem Bildstock befindliche Kreuz ist nicht echt", soll heißen, es passt nicht in die Zeitspanne, in der der monolithische Bildstock entstand. "Entweder war da nie ein Kreuz vorgesehen, oder es wurde erst später, viel später ein Kreuz daraufgesetzt", so der Fachmann. Der monolithische Bildstock, also ein Bildstock, bei dem Aufsatz und Säule aus einem Stück sind, sei für die Zeit um 1600 typisch, erklärt er den Umstehenden, die aufmerksam beobachten, wie er mit zwei Helfern und einer mobilen Krananlage den Bildstock verladefertig macht.
Beschwerliche Demontage Mehrere Zentner wiegen Aufsatz und Säule, lässt er wissen, und trotz Kran haben die drei schon nach kurzer Zeit Schweißperlen auf der Stirn. Kastanienbaum und Büsche stehen inzwischen so nahe am Bildstock, dass der Kran samt Laufkatze mehrmals umgesetzt werden muss, bevor der vierhundert Jahre alte Stein wohlbehalten im Klein-Lkw verladen ist.
Erst dann hat Petro Schiller Zeit, sich alte Fotos des Denkmals anzusehen, die der Nachbar Harald Dees vorbeibringt. Aber auch sie zeigen ein anderes Kreuz, als es ursprünglich, oder nun die letzten Jahre auf dem Bildstock war.
So ist es nicht verwunderlich, dass sich die veranschlagten Renovierungskosten von ganz knapp 2000 Euro nur auf Säule und Gehäuse beziehen. Den größten Batzen zur Renovierung hat mit 800 Euro der Obst- und Gartenbauverein Reiterswiesen beigesteuert, 395 Euro kamen vom Bezirk Unterfranken, und den Rest der Renovierungskosten übernimmt die Stadt Bad Kissingen.