Zeitlofs: Wilhelm Friedrich hört auf

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24 Jahre lang lenkte Wilhelm Friedrich das Geschick des Marktes Zeitlofs. Eines seiner Herzensprojekte war der Radweg. Im Hintergrund ist die alte Apotheke aus dem Jahr 1860 zu sehen. Foto: Ulrike Müller
24 Jahre lang lenkte Wilhelm Friedrich das Geschick des Marktes Zeitlofs. Eines seiner Herzensprojekte war der Radweg. Im Hintergrund ist die alte Apotheke aus dem Jahr 1860 zu sehen. Foto: Ulrike Müller
24 Jahre lang lenkte Wilhelm Friedrich das Geschick des Marktes Zeitlofs. Im Hintergrund ist die evangelische Kirche zu sehen. Foto: Ulrike Müller
24 Jahre lang lenkte Wilhelm Friedrich das Geschick des Marktes Zeitlofs. Im Hintergrund ist die evangelische Kirche zu sehen. Foto: Ulrike Müller
 

Für Wilhelm Friedrich sind es die letzten Tage im Amt. Seit dem Jahr 1996 führt er die Gemeinde - so lange wie kein anderer Bürgermeister im Landkreis. Ein Gespräch über Heimat, Entscheidungsstärke und darüber, warum er momentan nachts wach liegt.

Es ist ein sonniger Vormittag im April, als Bürgermeister Wilhelm Friedrich durchs Dorf spaziert. "Wie lange grübele ich schon über den Ausbau der Baumallee nach", sagt er über die Straße, in der sowohl das Rathaus als auch die Arztpraxis liegen. Über 15 Jahre ziehe sich das schon. Friedrich denkt in anderen Zeitspannen als jüngere Kollegen, die erst kurz im Amt sind. Seit 1996 ist er Bürgermeister von Zeitlofs, und er ist es gerne.

24 Jahre führte der bald 66-Jährige die Gemeinde. In dieser Zeit hat sich das Ortsbild stark verändert. Zwei Lebensmittelmärkte, zwei Metzgereien, drei florierende Kneipen und eine Apotheke gab es damals noch. Geblieben sind der Fränkische Hof, ein Friseur und der Bäcker. Kann ein Bürgermeister den Strukturwandel auf dem Land aufhalten? "Nein", antwortet Friedrich überzeugt und erinnert an den Apotheker, der bundesweit nach einem Nachfolger gesucht hatte.

Bürokratie stetig gewachsen

Wilhelm Friedrich ist ein geselliger Mann. Einer, der sich nicht leicht aus der Ruhe bringen lässt und der auch nicht gleich die Hand hebt, wenn es um die Verteilung von Aufgaben geht. In der Rhönallianz hielt sich der Dienstälteste zurück, was den stellvertretenden Vorsitz betraf. Als Kreisrat kandidierte er immerhin zweimal, wurde aber nicht gewählt. Als CSUler brauche man sehr viele Stimmen, um überhaupt eine Chance zu haben, erklärt er. Das Amt des Bürgermeisters aber füllte er aus, werktags genauso wie bei langen Abendterminen oder am Wochenende.

Inzwischen ist Friedrich am Radweg angekommen - ein Projekt, das er jahrelang mit Herzblut vorangetrieben hat. "Als Bürgermeister kommst du an der Verantwortung nicht vorbei", sagt er. Dabei habe ihn vor allem die Bürokratie viele Nerven gekostet. Friedrich kann sich vortrefflich über das "Gründiktat" aufregen, wenn also Vorgaben des Umweltschutzes Projekte verzögern oder privaten Bauherrn finanzielle Sorgen aufbürden, etwa weil Erdaushub geprüft und möglicherweise kostenintensiv entsorgt werden muss.

Noch etwas beobachtete Friedrich mehr als zwei Jahrzehnte lang: Viele Amtsvertreter hätten sich früher besser ausgekannt als die Bürgermeister vor Ort. Heute dagegen würden sich viele in Verordnungen und Förderrichtlinien verlieren. "Die Entscheidungsstärke hat total nachgelassen", stellt er fest. Gleichzeitig steige die Erwartungshaltung der Bürger an ihre Gemeinde. Die Eigeninitiative nehme ab.

Schulden gesenkt

Auf Wilhelm Friedrich wird nun Matthias Hauke folgen. "Das war mein Wunsch, ganz ehrlich. Er besitzt die Fähigkeiten", sagt der Bürgermeister. Als dessen größte Herausforderung sieht er den anstehenden Umbau der Wasserversorgung an. Ungefähr fünf Millionen Euro werde das kosten. "Da muss sich der Bürger darauf einstellen, dass Beitragszahlungen fällig sind." Und dann wird ja noch die Schule für rund 2,9 Millionen Euro saniert.

Als Vermächtnis des Bürgermeisters kann sicherlich gelten, dass er den Schuldenstand des Marktes gesenkt hat. Anfang der 2000er Jahre habe die Pro-Kopf-Verschuldung etwa bei 2000 Euro gelegen, heute beträgt sie noch 455 Euro (Dezember 2019). "Aber das ist jetzt kein Bett zum Ausruhen", macht Friedrich klar. Die anstehenden Investitionen seien nicht ohne neue Kredite stemmbar.

Wer Friedrich allerdings fragt, was er selbst als sein Vermächtnis betrachtet, bekommt eine andere Antwort. "Ich freue mich, dass alles so toll zusammengewachsen ist. Die Ortsteile, die Menschen", sagt er. Dass er bald nun kaum noch Termine haben wird, ist ihm nicht ganz einerlei. Tagsüber laufe das Geschäft wie gewohnt, abgesehen von den Einschränkungen der Coronapandemie. Nachts aber liegt der Bürgermeister wach. Da dämmere ihm dann, dass bald vieles ganz anders sein wird als im Berufsleben.

"Ich habe den Job verdammt gerne gemacht. Und ich habe mich auch nicht schnell kleinkriegen lassen", sagt Friedrich, bald auf Höhe der Kirche. Worauf er stolz ist: Viele Kämpfe gewonnen zu haben - mit ruhigem Ton. "Ich war ja schon immer ein Patriot. Für meine Gemeinde, für den Hauptort ein bisschen mehr." Und dann geht er zurück ins Rathaus, vorerst. Am Donnerstag, 30. April, wird sein letzter Arbeitstag sein.