Die Bürgerinitiative (BI) "Sinntal gegen die Stromtrasse" will wieder mehr Bürger mobilisieren.
"Wie im falschen Film" ist sich Gerhard Appel vorgekommen, als er vor zwei Wochen seine Unterschrift gegen die Wechselstromleitung P43 geleistet hatte: "Ich war der sechsundzwanzigste in Bad Brückenau", sagt das Mitglied der Bürgerinitiative (BI) "Sinntal gegen die Stromtrasse" mit Kopfschütteln: "Das ist beschämend." Es sei ein Irrglaube, anzunehmen, dass sich der Erfolg der Bürgerinitiativen gegen die Planung von Südlink automatisch bei der P43-Problematik wiederhole, sagt Appel.
Allgemein beklagt die BI "Sinntal gegen die Stromtrasse" mit ihren 185 Mitgliedern zu wenig Interesse seitens der Bevölkerung. Es sei "wohl noch nicht bei den Bürgern angekommen, womit wir es zu tun haben". Dabei sei die Gefahr von Strommasten durch die Rhön nicht gebannt: "Wir sind im Fokus der Bundesnetzagentur", stellte der Vorsitzende Ingo Queck klar. Mit dem bislang vorgesehenen Streckenverlauf von Mecklar über Dipperz nach Grafenrheinfeld werde die Rhön auf jeden Fall durchschnitten. "Südlink ist nichts gegen P43", meldete sich Jakob Euba zu Wort. Von der Wechselstromleitung P43 gehe eine sehr viel höhere Gesundheitsgefährdung aus, als durch die Gleichstromleitung Südlink.
Die BI "Sinntal gegen die Stromtrasse" möchte auch gegen P43 aktiv werden: "Wir müssen wieder sicht- und hörbar werden", sagte Ingo Queck. Stellungnahmen von BI, BUND und dem Landkreis wurden bereits verfasst. Hervorgehoben wurde die Möglichkeit, dass die Bevölkerung ihren Willen durch das Eintragen in eine der ausliegenden Unterschriftenlisten kundtun kann. "Das ist wichtig gegenüber der Bundespolitik". Eine dezentrale und langfristige Energieversorgung müsse "ohne solche monströsen Vorhaben" machbar sein.
Möglichkeiten für jeden gebe es bereits: Mit einer Solaranlage auf dem eigenen Dach können Bürger bis zu 30 Kilowatt Sonnenenergie erzeugen, für den Eigenbedarf oder zur Einspeisung. Damit könne "jeder einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung machen", informierte Franz Zang. Erwin Miller, ebenfalls Vorsitzender der BI, bestätigte, dass es viele Möglichkeiten für Privathaushalte gebe: "Man muss den Strom nicht durch die Lande schicken".
Interessante Informationen gab es von Elke Müller. Der Netzbetreiber Tennet, der die Südlinktrasse bauen will, sei hoch verschuldet. Unter anderem werde überlegt, ob die Bundesregierung das Unternehmen finanziell unterstützen solle.
Die BI äußert Zweifel an wiederholt getroffenen Aussagen durch die Bundesnetzagentur. So würden Netzbetreiber für die Kabeldurchmesser bezahlt, jedoch nicht für den tatsächlich transportierten Strom. Dieser sei nur zu maximal 50 Prozent aus Windenergie, der Rest werde durch Steinkohle generiert. Nur 15 Prozent des in den Windparks erzeugten Stroms werde in den Süden geschickt, merkte Dr. Gerhard Schumm an. Wirtschaftliche Interessen stünden im Vordergrund.
Andere Punkte seien nicht geklärt. So stünde der "unabhängige Nachweis des Bedarfs" von P43 noch aus. Dagegen habe die Bundesnetzagentur bereits 2013 auf eine Belastung der Rhön durch die Wechselstromleitung hingewiesen. In mehreren Bereichen sei "mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen", heißt es bei der Bundesnetzagentur. Entgegen wiederholter Behauptungen sei die Stromversorgung in Bayern gesichert. Auch nach Abschalten des letzten bayerischen Atomkraftwerks werde es keinen Mangel an Strom geben. Die Vorbereitungen für Südlink und P43 seien "keine zeitgemäßen Planungen", so Ingo Queck. Man müsse "auf eine dezentrale Lösung hinarbeiten".